Foto-© Josh Goleman
In den letzten 10 Jahren hat sich Sam Evian zum herausragenden Spielgesellen und Kollaborateur für die US-amerikanische Indie-Folk-Szene entwickelt – Bands und Künstler*innen wie Big Thief, Cass McCombs, Cassandra Jenkins oder Widowspeak wissen davon zu berichten, produzierte er doch deren Alben oder bearbeitete sie. Nachdem Sam sein letztes eigenes Album You, Forever im New Yorker Speckgürtel produzierte, merkte Sam, dass er dem Drang, dem unruhigen Stadtleben zu entkommen, nicht länger widerstehen konnte. Mit seiner Partnerin Hannah Cohen ließ er die Hektik New Yorks hinter sich, um in einer ruhigen Stadt in den Catskills ihr Refugium und Sams Studio Flying Cloud Recordings zu bauen. Diese nachdenkliche, entspannende Umgebung formte unaufhaltsam Time to Melt – das neue Album, das am 29. Oktober via Fat Possum erscheinen wird und eine Reihe glühender, seelenvoller und psychedelischer Pop-Perlen versammelt. Das Album ist ein Zeugnis für das Leben und die Weisheit, die man findet, wenn man sich selbst Raum und Zeit gibt. Es setzt sich mit der Last und Schwere unserer Zeit auseinander und sortiert in eindrucksvollen 40 Minuten ein Jahr eines Lebens, das in Wut und Hoffnung, Lockdown und Liebe verbracht wurde. Erstaunlicherweise klingt es dabei weitgehend schwerelos und verführerisch. Es wirkt wie ein Ort, an dem man den Schmerz und das Staunen, das Leiden und die Verheißung des Augenblicks auspackt, um darüber nachzudenken, wo man gewesen ist und was als Nächstes kommen könnte.
In ihrem neuen Zuhause beherbergten Sam und Hannah Bands, während er ihre Sessions leitete. Das Coronavirus machte ihnen jedoch einen Strich durch diese Rechnung. Also wandte sich Sam seiner eigenen Musik zu: Er sortierte mehr als 60 Instrumental-Demos, die er in den letzten zwei Jahren aufgenommen hatte, und begann, sie mit Hilfe von Hannah und Freunden aus der Ferne – Spencer Tweedy, Chris Bear, Jon Natchez (The War On Drugs) und sogar ihm völlig unbekannten Personen, die ihm über Instagram Sprachnotizen schickten – zu Songs zu formen. Er nutzte die unerwartete Zeit zu Hause, um tiefer als je zuvor in seine Welt der Klänge und Ideen einzutauchen, und betrachtete unseren Moment des vorherrschenden Chaos in aller Ruhe aus der Perspektive einer neu gewonnenen Distanz.
Der just erschienene Titelsong entstand dabei ursprünglich als Spencer Tweedy Sam für Mirror Sound interviewte – ein Buch, das sich mit den Menschen und Prozessen hinter selbst aufgenommener Musik beschäftigt. Er wollte ein Beispiel für Sams Schreibprozess sehen, und nachdem er eine Drum-Maschine angeworfen hatte, schrieb Sam die ersten Takte von Time to Melt. Zu dem Song erklärt Sam: “If you’re familiar with tarot, I think of it as pulling the death card in a positive way. It’s like facing the idea of death, which I think everyone thought about a lot this past year, maybe more than usual collectively.”
Das eigentümliche Video, bei dem John TerEick Regie führte und das in den Wäldern rund um Sams Haus gedreht wurde, unterstreicht die jenseitige Stimmung des Songs und gibt einen Einblick in Sams Charme. Sam kommentiert das Video: „I met a lonely alien in the woods and they taught me a jig. As the night went on they convinced me to try huffing some special kind of bug spray, which opened a wormhole vortex to another dimension.”