Foto-© Pia Henkel
Thala hat eine klare Mission, denn sie will nicht nur die Bühnen Deutschlands besingen, sondern gleich den gesamten Globus mit ihrer Musik erobern. Die junge Sängerin scheint diesbezüglich auf einem guten Weg zu sein, denn neben Aufritten als Support für deutsche Künstler:innen, wurde die Songwriterin auch schon vom britischen Radiosender BBC Radio 1 vorgestellt und auch auf ihrem Debütalbum findet man ein Duett mit dem englischen Künstler Bearcubs.
Thala, ist definitiv ein Name, dem wir in der Indie-Landschaft bald nicht mehr entkommen können! Diese Woche erscheint via Duchess Box Records mit Adolescene das erste Album der gebürtigen Berlinerin. Wir sprachen mit ihr darüber wie es ist, als deutsche Muttersprachlerin, englische Texte zu schreiben, über ihre Ziele als Musikerin und darüber, was für eine Rolle ihre Oma in ihrem Leben spielt.
Hi Thala! Wie geht’s dir und wie waren die letzten Monate für dich?
Hi! Mir geht’s ganz gut, die letzten Monate waren ziemlich aufregend! Ich hätte nicht gedacht, dass all das passiert, was schon passiert ist. Ich habe in den letzten Monaten mein erstes Album geschrieben, Singles rausgebracht und gesehen wie alles langsam und organisch vor sich hinwächst. Darüber bin ich sehr happy und stolz! Es war aber auch hart, weil ich nebenbei trotzdem noch Vollzeit gearbeitet habe, also hatte ich quasi zwei Vollzeitjobs. Aber der Hustle ist es wert und irgendwann wird es dann hoffentlich einfacher.
Hast du studiert oder war Musik von Anfang an der Plan?
Ne, ich habe nichts studiert, aber Musik war auch nicht der Plan (lacht). Ich wollte es immer, aber ich habe nicht gedacht, dass ich das hinbekomme. Ich habe eine Ausbildung als Tauchlehrerin auf den kanarischen Inseln gemacht, als ich dort drei Jahre lang war. In dem Feld habe ich dann auch gearbeitet und hab außerdem noch hinter Bars gearbeitet – das, was man halt macht, dafür dass man dann morgens um sechs Uhr surfen gehen kann! Dann hat mich dort ein Kumpel besucht, der eine Gitarre dabei hatte und hat mit mir eine Wette abgeschlossen, dass ich Gitarre lernen könnte. Ich hab da nicht dran geglaubt, aber es hat funktioniert und so hat sich das dann ergeben! Danach kam ich zurück nach Berlin und habe ein Open Mic gespielt, da habe ich gemerkt wie viel Spaß mir das eigentlich macht. Das war voll der Aha-Moment! (Lacht) Seitdem hab ich einfach nicht mehr aufgehört. Ein Stein nach dem anderen kam ins Rollen und jetzt sitze ich hier!
Dein Debütalbum Adolescene erscheint ja bald, wie aufgeregt bist du und wie gehst du damit um?
Es ist gerade noch nicht wirklich real, weil ich es noch nicht in der Hand hatte. Ich glaube, wenn ich es in der Hand habe, dann fangen ich und mein Team allesamt an zu heulen, weil da so viel Schweiß, Blut und Tränen reingeflossen sind. Aber ich freue mich mega doll! Natürlich habe ich auch Angst, dass es sich niemand anhören wird, dass es niemand gut finden und kaufen wird, aber ich bin gespannt was passiert. Ich lasse es einfach auf mich zukommen!
Du meintest ja gerade schon, dass das mit dem Gitarrespielen erst ein bisschen später kam, wie bist du generell auf die Musik gekommen? Ging das schon als Kind los?
Interesse war schon immer da! Es gibt Videos von mir als Kind, wie ich auf dem Schoß meiner Mama sitze und ABBA mitsinge (lacht). Das ging dann immer so weiter, meine Mutter hat CDs angemacht und ich habe mitgesungen, Titanic war mein Jam damals (lacht). Es war immer da, ob dann später in Karaokebars oder auf Hauspartys. Da gibt es ja immer diesen einen Raum, in dem Leute Gitarre spielen und singen, dort hat man mich immer gefunden! Ich habe auch viel mit Leuten geredet, die Musik studiert haben, dafür hatte ich selbst das Geld nicht, weil Privat-Unis so teuer sind. Aber als ich dann von den kanarischen Inseln wieder kam, wurden aus den Open Mics irgendwann Bargigs und daraus wurden Supportgigs für Bands.
Das Album ist ja unweigerlich mitten in der Pandemie entstanden, wie sehr hat das den Aufnahmeprozess beeinflusst?
Tatsächlich sind einige Songs aus Gedanken entstanden, die ich zu meinen Gefühlen über Corona und die Isolation aufgeschrieben habe. Das Gefühl von Unzulänglichkeit, sich ausgeschlossen und nicht gut genug zu fühlen – diese ganzen Ängste habe ich versucht darin zu verpacken. Meine Intention war, dass ich das für mich schreibe, das ist relativ egozentrisch (lacht), aber es musste einfach raus! Dann kam irgendwann die Resonanz der Leute, dass sie die Texte fühlen und verstehen, das ist natürlich das Nonplusultra, wenn Leute sich mit den Texten, die ich schreibe identifizieren können. Im letzten Jahr habe ich eigentlich erst angefangen Sessions zu machen, das ging alles erst 2020 so richtig los! Es ist ja eigentlich nicht mal ein Jahr her!
Crazy! Es ist so verrückt wie schnell das dann manchmal geht!
Ja, ich habe das auch gar nicht erwartet! Wir spielen jetzt am Donnerstag auf dem Immergut Festival und ich freue mich mega doll! Das ist das erste Mal, dass ich eine Main Stage spiele, mit einer Absperrung und auf einer 60 Meter Bühne! Ich bin sehr gespannt ob ich das erstmal auf mich wirken lassen muss, bis ich überhaupt einen Ton rausbekomme (lacht).
Du hast ja jetzt schon einige Songs veröffentlicht, was unterscheidet sich bei dir bei der Arbeit an einem gesamten Album, von der Arbeit an einzelnen Songs?
Naja im Endeffekt ist ja das Album wirklich das Build Up durch die Singles, weil mir klar war, dass mich niemand kennt, und dass ich nicht einfach ein Album nach drei Singles raushauen kann, weil das niemand hören würde. Deshalb war es am intelligentesten richtig viele Singles rauszuballern, dazwischen immer ein bis zwei Monate zu lassen und zu schauen wie die ankommen. Das haben wir gemacht und tatsächlich sind jetzt auf dem Album nur noch zwei Songs, die noch niemand kennt. Aber das war schon die Idee dahinter, deshalb bin ich auch gar nicht so nervös, weil es ja eh schon alles veröffentlicht ist. Aber bei den zwei Songs, die jetzt noch ausstehen bin ich schon nervös, weil der erste Song, der auch der Titelsong ist, ein Einblick in das ist, was im zweiten Album kommen wird! Das zweite Album ist auch schon ziemlich weit, ich will auf keinen Fall stehen bleiben!
Kurz nach Release deiner ersten drei Singles wurde BBC Radio 1 auf dich aufmerksam und sie haben dich ja sogar als „Newcomer To Look Out For“ betitelt, hast du das Gefühl, dass das in gewisser Weise ein Sprungbrett war?
Ich habe auf jeden Fall eine kleine Veränderung gemerkt, weil es einfach total krass ist, von BBC Radio 1 wahrgenommen zu werden! Das war zu einer Zeit, zu der es mir nicht so gut ging, das ist glaube ich das täglich Brot mit dem wir Künstler:innen alle leben müssen. Manchmal stehen wir morgens auf und lieben unseren Job und manchmal stehen wir auf und hinterfragen alles. Aber dann kam dieser BBC Radio 1 Play und das war ein absoluter Push! Wenn so ein Jack Saunders, den ich selbst auch sehr mag, plötzlich deinen Namen sagt, ist das schon wirklich heftig!
Hast du auch gemerkt, dass Hörer:innen dazu gekommen sind?
Schon ein bisschen! Ich glaube im Endeffekt ist es immer noch ein riesengroßer Markt und Indie ist auch schon wieder zu einer sehr großen Nische geworden, was großartig ist, weil ich einfach kein Deutschrap-Fan bin. Jetzt gibt es plötzlich so viel englischsprachigen Indie, von deutschen Künstler:innen, wie Giant Rooks oder Rikas, die wirklich tolle Musik machen! Aber durch den Play bei BBC sind auch noch andere britische Sender und ein paar in den Staaten darauf aufmerksam geworden, das war ganz geil!
Du bist zwar in Deutschland aufgewachsen, aber hast dich trotzdem dazu entschieden englische Musik zu machen.
Ja genau, ich bin bilingual aufgewachsen, meine Stiefmutter ist aus Kanada und wir sind in einem kanadischen Haushalt groß geworden! Also der Hund wurde auf englisch erzogen, wir haben zu Hause immer englisch gesprochen und so.
Ah okay! Also ist es dir von Anfang an leicht gefallen Texte auf englisch zu schreiben?
Ja, sie kam als ich sechs war, ich kann mich auf englisch viel besser ausdrücken als auf deutsch! Oder vielleicht gleichwertig, aber ich fühle mich besser auf englisch, der Großteil meiner Freund:innen ist auch englischsprachig. Ich bin zwar aus Berlin, aber voll viele Leute denken witzigerweise, dass ich aus Australien sei (lacht).
Planst du dann auch, deine internationale Erfolge weiterhin ausbauen zu können?
Auf jeden Fall! Ich möchte in zwei Jahren, wenn es passt, eine USA und UK Tour spielen, das ist mir schon richtig wichtig! Ich will alles spielen! Ich glaube, so langsam kommt auch die Zeit, in der es egal ist, ob du in Berlin oder sonst wo ansässig bist. Bei mir ist wirklich der Vorteil, dass Englisch meine zweite Muttersprache ist, deshalb macht es für mich auch nicht so einen großen Unterschied. Dann kann ich auch englische Interviews geben, weil es genauso ist wie jede*r andere, der/die da drüben wohnt.
Es gibt ja auch jetzt schon wirklich viele Künstler:innen, die international erfolgreich sind und nicht aus einem englischsprachigen Land kommen. Bestes Beispiel ist da vielleicht girl in red, die ja aus Norwegen kommt und dort auch immer noch wohnt.
Voll! Es ist, glaube ich mittlerweile egaler wo man herkommt, als vor sechs oder sieben Jahren. Das ist ganz cool und es kommen ja auch immer mehr deutschsprachige Bands, die teilweise so gut produzierte Mucke machen, dass du nicht denken würdest, dass es aus Deutschland kommt. Bei Rikas zum Beispiel wusste ich nicht mal, dass die aus Deutschland kommen.
Ich auch ganz lange nicht!
Das ist es nämlich! Bei mir weiß das auch niemand, wenn ich auf Instagram angeschrieben werde denken die Leute halt wie gesagt immer, dass ich aus Australien oder Amerika komme (lacht).
Du hast das Album gemeinsam mit Constantin Kilian und Michael Kümper gemacht, Constantin kennst du schon sehr lange, wie sehr hat er dich musikalisch beeinflusst und wie hilfreich war es, eine so vertraute Person bei der Albumproduktion an der Seite zu haben?
Also Constantin ist der Gitarrist, mitgeschrieben hat er nicht, aber ich habe ihn anfänglich zum Gitarre spielen dazu geholt. Hauptsächlich produziert und abgenommen hat es Michael. Ich habe die Songs mit verschiedenen Leuten gemacht, drei bis vier sind in Sessions entstanden, something in the water war zum Beispiel gemeinsam mit Bearcups, da hat Michael gar nicht so viel gemacht. Aber im Endeffekt habe ich die Leute, mit denen ich geschrieben habe, nochmal zu Michael ins Studio geholt und wir haben zu dritt co-produziert. Also einige Songs habe ich, bis auf die Gitarre, die Consti eingespielt hat, mit Michael gemeinsam gemacht, aber die meisten sind in Sessions entstanden. Es war auch gar kein Plan dahinter, ich habe einfach das gemacht, worauf ich Lust hatte und irgendwie sind in jeder dieser Sessions gute Sachen entstanden. Musikalisch beeinflusst haben Constantin und ich uns gegenseitig sehr stark, er macht eigentlich Jazzmusik und ich habe ihn glaube ich ein bisschen mehr an diesen Indie Dreampop gebracht und er mich wiederum an ausgeklügeltere Sachen. Wir teilen unsere Liebe zu Phoebe Bridgers, das ist unsere absolute Ikone! Ey, diese Show, bei der sie diese Gitarre zerstört hat und ins Mikro geschrien hat, für die sie von allen kritisiert wurde, war so heftig! Das ist wieder so ein Ding, das Männer machen können und dabei von allen gefeiert werden und sobald es eine Künstlerin macht, wird es als unprofessionell abgestempelt. Das haben wir beide sehr gefeiert!
Du sagst, dass du beim Schreiben viel gegen deine eigenen Dämonen gekämpft hast, die das Album nun aber zu dem machen, was es ist. War es schon immer leicht für dich sehr persönliche Texte zu schreiben?
Ja! Das war schon immer leicht! Ich glaube, dadurch dass ich angefangen habe das aufzuschreiben, habe ich auch gelernt meine Gefühle besser zu kommunizieren. Ich gehe nicht zu den Sessions, schreibe einen Song und gehe wieder, sondern ich will von den Leuten, mit denen ich arbeite, wissen wer sie sind. Nicht „Was machst du?“ sondern „Wer bist du? Wo kommst du musikalisch her und wieso machst du eigentlich Musik?“ und meistens rutscht man dann mit mir in total persönliche Themen, was ich auch schön finde, weil der Text dann auch umso persönlicher wird. Je mehr ich schreibe, desto einfacher fällt es mir darüber zu reden. Jetzt sitze ich hier und erzähle dir das alles, das hätte ich vor zwei bis drei Jahren nicht gekonnt.
Apropos persönlich: Der letzte Track auf dem Albums ist an deine Oma gerichtet, magst du kurz erzählen was sie in deinem Leben für eine Rolle spielt?
Meine Oma ist auch meine beste Freundin und war immer meine Mutterfigur, weil meine richtige Mutter diese Rolle leider nicht einnehmen konnte. Sie hat mich bei sich aufgenommen als ich von zu Hause abgehauen bin, dadurch sind wir sehr eng zusammen gewachsen. Das war natürlich auch ein riesiges Problem, bei einer 60 Jährigen und einer 18 Jährigen unter einem Dach ist sowas natürlich vorprogrammiert (lacht). Aber grundsätzlich liebe ich sie abgöttisch! Meine Kindheit war einfach nicht so schön und meine Oma war immer diejenige, die mich abgeholt hat, die mit mir in den Zoo gegangen ist, die mit mir schwimmen gegangen ist, die einfach irgendwie immer da war um mir das Gefühl zu geben, dass ich ein ganz normales Kind bin, was ganz normal aufwächst. Das ist glaube ich etwas, was ganze wertvoll war. Auch Tischmanieren und Werte, die ich zuhause nicht mit auf den Weg bekommen habe, weil die Umstände es nicht zugelassen haben, hat sie mir beigebracht. Auf jeden Fall einer meiner liebsten Menschen auf der Welt und deshalb habe ich ihr einen Song geschrieben! Lustig daran ist, dass sie nicht so gut englisch spricht und ich ihr den Song deshalb auf deutsch übersetzen musste, dadurch klang es dann wie ein deutscher Schlager (lacht). Ganz übel! Aber sie fand es trotzdem sehr schön!
Den Track habt ihr etwas anders aufgebaut als die Restlichen, wie bist du bei NAN an das Songwriting gegangen?
Ich hab den einfach geschrieben und dann bin ich mit dem fertigen Song ins Studio und habe ihn vorgespielt. Constantin und Michael fanden ihn direkt gut und dann haben wir den gemacht! Es gab dabei einen krassen „Studio Magic Moment“, weil wir alle ganz ruhig dasaßen und unseren Moment mit dem Song hatten. Der ist der ruhigste und emotionalste Song von allen Songs auf dem Album!
Was sind deine weiteren Pläne für die kommende Zeit, nachdem das Album endlich draußen ist?
Wie gesagt, ich arbeite schon am zweiten Album und hoffentlich auch bald am Dritten! Ich will gar nicht stehen bleiben, stehen bleiben kann ich auch wenn tot bin (lacht). Ich habe richtig Blut geleckt und der Umstand, dass ich das erst seit einem Jahr mache führt auch dazu, dass es mir noch lange nicht zu viel ist. Ich habe unglaublich viel Energie und will all diese Energie da rein stecken! Ich hab so Bock auf live spielen, ich bin so dankbar für meine Band, das sind nämlich auch alle die, die auch auf dem Album eingespielt haben. Ich schaue einfach was kommt und werde wahrscheinlich nachdem das Album draußen ist zwei bis drei Monate etwas Ruhe einkehren lassen, weil man das wohl so macht (lacht). Aber vielleicht haue ich auch nach einem Monat wieder die nächste Single raus, mal sehen! Go with the flow!
Thala Tour:
17.09. Stadt ohne Meer Festival, Gießen
18.09. Zuparken Festival, Bastorf
21.09. Zenner, Berlin
22.-25.09. Reeperbahn Festival, Hamburg
02.10. AfkV, Darmstadt
08.10. Manufaktur, Schorndorf
09.10. E-Werk, Freiburg
15.10. Hemmersdorf Pop, Hemmersdorf
19.-20.11. Synästhesie Festival, Berlin