Foto-© Universal Music
Your favorite band
Is back on the road
And this fall they’re playing
The Hollywood Bowl
I’ve already purchased two seats for their show
I guess I’m an optimist
(Finneas – A Concert Six Months From Now)
Das nächste Lockdown-Album und damit ein mit hohen Erwartungen verbundenes Debütalbum kommt von Finneas, dessen steile Karriere kaum in einem Koordinatensystem festzuhalten ist. Wer Finneas O’Connell nicht kennt und sich wundert, welche Karriere das denn bitte sein soll, der sei auf seine Schwester hingewiesen: Billie Eilish. Für sie und mit ihr gemeinsam schrieb und produzierte er ihre Hits und machte sie (und eben damit auch sich) in kürzester Zeit zu einem Weltstar. Acht Grammys waren die Folge, sowie Engagements als Produzent von ähnlichen Kalibern (Justin Bieber, Kid Cudi etc.)…
Nun wagt er sich nach seiner Debüt-EP Blood Harmony mit seinem Solo-Album Optimist auf die Weltbühne, geschrieben und produziert im Corona-Lockdown. Die Erwartungen sind hoch, doch die Herausforderung könnte nicht größer sein: sich als Solo-Künstler etablieren und sich mit eigenen Songs von seiner Schwester loslösen, deren Songs er jedoch zum Teil selbst schreibt.
Aber irgendwie funktioniert es, die 13 Stücke auf Optimist klingen nicht nach Eilish, dafür aber nach einem sehr erfahrenen und talentierten Songschreiber, der sich innerhalb einer sehr eingängigen Pop-Linie nicht festlegen will, ob er eher seiner Schwester mit emotionalen Balladen (Love Is Pain) folgen soll, eher einem freundlichen Mitsing-Pop (Happy Now) huldigen oder der coole Gitarren Boy á la Ed Sheeran sein will (A Concert 6 Months From Now). Wenn man sich ein Portfolio für eine Bewerbung an einer renommierten Pop-Akademie vorstellt, dann wäre Finneas mit diesem Album noch vor Studienbeginn direkt zu einem Abschluss mit Auszeichnung für sauberstes Produzieren und einem Major-Plattenvertrag durchgewunken worden. Er nutzt Instrumente, sowie Computer Sounds als hätte er nie etwas anderes gemacht, hat ein exzellentes Händchen für Melodien und schafft es vor allem in den Balladen große Gefühle zu erzeugen, die alle miteinander deutlich besser funktionieren als die poppigeren Songs. Die Texte dazu sind sehr einfach nachzuvollziehen, persönliche Geschichten und Alltagsbeobachtungen. Doch wie der Musiker selbst sagt – und das hört man trotz all dem Können sehr deutlich: die Songs sind nicht produziert, um zu bleiben, es ist vergänglicher Alltags-Pop.
Es wird Finneas eigentlich nicht gerecht, vor allem, weil er selbst der Songschreiber und Produzent ist, doch die Verbindung ist zu stark, um sie zu ignorieren: Während Billie Eilish ein Genre im Vorbeigehen umgekrempelt und sich als ein Phänomen in die Herzen und Ohren aller Generationen gebohrt hat, bleibt Finneas’ Album Optimist eines von vielen Lockdown-Alben in diesem Herbst, das vielleicht hier und da für schöne kurze Momente sorgen kann, aber letztlich in O’Connells eigenem Schatten verschwindet.
Finneas – Optimist
VÖ: 15. Oktober 2021, Interscope
www.finneasofficial.com
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