Foto-© Kraków Loves Adana
Haven’t seen you for ages
How are you?
Still burning with the pages
But how are you?
I fall asleep mid-sentence
At unexpected meetings
I’m a pale phantom of myself
So I follow the voice
(Kraków Loves Adana – Follow The Voice)
Wenn die Nächte wieder länger und kälter werden, braucht man gute Musik für die Autofahrten im Dunkeln. Das Hamburger Duo Kraków Loves Adana liefert dafür mit dem sechsten Studioalbum Follow The Voice den perfekten Soundtrack voller typisch verträumt-melancholischer Electro-Pop-Hymnen.
Die Band, bestehend aus Produzentin und Sängerin Deniz Çiçek und ihrem Ehemann Robert Heitmann, kann bereits auf eine lange Karriere zurückblicken: Nachdem sich die beiden über Monate hinweg immer wieder in Bielefeld bei den gleichen Konzerten über den Weg liefen, starteten sie 2006 schließlich ihr eigenes Projekt mit dem kryptisch anmutenden Namen Kraków Loves Adana. Er bezieht sich auf die Heimatstädte ihrer Mütter – Çiçek hat türkisch-kurdische Wurzeln, Heitmann polnische – und spiegelt mit seinem internationalen und elegischen Klang auch den Sound der Band gut wider. Die Mischung aus Dream Pop und Dark Wave mit Anklängen aus Electro, 80ies und einem Hauch Goth-Ästhetik lädt zum Tagträumen und Reflektieren ein, in die schöne Düsterkeit von Follow The Voice.
Mit dem relaxten, aber sphärischen Opener All My Life kann man direkt in die Tiefen des Unterbewusstseins abtauchen. Die nachdenklichen Lyrics beschreiben das Klarkommen auf sich selbst und den Wunsch, manchmal jemand anders zu sein (“Everyday praying it’s a phase/Look the other way/In my mind trying to rephrase/What I can’t erase”), das melancholische Keyboard und die eingängige Melodie beschwören vor dem inneren Auge direkt Bilder herauf vom Flimmern von Großstadtlichtern, der Einsamkeit einer nächtlichen Autobahn, von Orten und Momenten, an denen man seinen Gedanken nachhängen will. Diese Grundstimmung behält das ganze Album bei, schlägt dabei aber niemals in Monotonie um, sondern entwickelt vielmehr eine fast hypnotische Qualität.
Besonders verdichtet zeigt sich das an der ersten Single-Auskopplung Follow The Voice und ihrem zugehörigen Musikvideo, bei dem die Bandmitglieder selbst Regie führten. Çiçek wird darin mit einem Pendel in einen trance-ähnlichen Zustand versetzt und folgt einer Stimme durch surreale Traummomente hindurch. Der Song selbst ist so dermaßen von einem 80ies-Flair geprägt, dass man das Gefühl hat, in ihm einen alten Freund wiederzuerkennen – Erinnerungen an Ultravox, Visage oder New Order werden wach, aber auch die Wehmütigkeit von M83 oder The xx ist hier zu spüren. Auch die zweite Single Dream House könnte mit ihrem Ohrwurm-Synth-Riff, den schwurbeligen Keyboards im Refrain und der melancholisch-romantischen Atmosphäre direkt aus den 80ern stammen.
Dass sie neben nostalgischen Dream Pop-Hymnen wie dem verspielt-sentimentalen What Will Never Be auch etwas härtere Songs produzieren können, zeigen Kraków Loves Adana mit dem interessantesten Track der Platte: Das düster-elegante und mysteriöse Taint My Mind kommt mit seinem treibenden Herzschlag-Beat und repetitiven Gesang etwas experimenteller daher und will die Hörer*innen in Tanz-Trance versetzen.
Follow The Voice steckt voller hittauglicher Ohrwürmer und entfaltet hypnotische Kraft, auch durch Çiçeks geschmeidige und unaufgeregte Altstimme. Manchmal wünscht man sich fast noch ein bisschen mehr Experimentierfreude mit unterschiedlichen Geschichten oder Stimmungen: Die Songs sind einander doch recht ähnlich, was bestimmt für die kohärente Grundgestaltung der Platte auch so beabsichtigt war, aber man hat doch das Gefühl, dass hier etwas Potenzial nicht genutzt wurde. Denn an sich sind die Songs stimmungsvoll und atmosphärisch. Wer ein Album sucht, in das man sich während einer nächtlichen Autofahrt hineinträumen und es an einem Stück durchhören kann, der ist hier an der richtigen Adresse. Man darf auf die weitere Entwicklung der Band gespannt sein.
Kraków Loves Adana – Follow The Voice
VÖ: 12. November 2021, Kraków Loves Adana
www.krakowlovesadana.bandcamp.com
www.facebook.com/krakowlovesadana