Foto-© 2020 Warner Bros. Entertainment Inc. All Rights Reserved.
Da sind wir wieder, frisch gemästet aus dem Winter- und Weihnachtsschlaf und gehen direkt mit einem kulturellen Rückblick auf das vergangene Jahr in das mit viel Hoffnung verbundene Jahr 2022! Dazu haben wir als Redaktion 2021 Revue passieren lassen und präsentieren euch nun nach und nach unsere liebsten Alben, Filme, Serien und Songs des Jahres – nachdem wir die musikalischen Highlights mit den Top-Alben und Songs schon abgehakt haben, folgen heute unsere Top 10 Filme aus 2021:
10. Free Guy
Stellt euch vor ihr seid ein nie schlecht gelaunter Jedermann, der jeden morgen mit einem Lächeln dem Goldfisch einen guten Morgen wünscht, sich den immer gleichen Kaffee im immer gleichen Cafe bestellt und dann mit eurem besten Buddy in eurem Job in einer Bank arbeitet – wo ihr jeden Tag überfallen und je nach Stimmung des Bankräubers noch niedergeknüppelt werdet. Tja, das ist ein Tag im Leben von Guy (Ryan Reynolds) in Free Guy – DER Action-Komödie des Jahres 2021! Also zumindest bis Guy sich der Liebe wegen entschließt sein Schicksal selbst in die Hand zu nehmen und die Geschehnisse in dem Spiel, in dem er als kleine Nebenfigur festsitzt, zu ändern.
9. Nomadland
Fern (Frances McDormand) hat ein ganzes Leben hinter sich gelassen, ohne Wiederkehr. Ihr Mann ist verstorben, die Fabrik, die gleichzeitig auch die komplette Stadt gestellt hat, in der sie lebte, ist geschlossen und damit gibt es ihre Heimat letztlich nicht mehr. Nachdem sie sich so lange wie möglich dort an die Erinnerungen festgeklammert hatte, verweigert sie sich einem neuen Lebensort, der all das einfach ersetzt – sie bricht auf und lebt ihr Leben aus einem Van, lässt sich treiben, verdient sich mit Gelegenheitsjobs und einer kleinen Community, die es genauso tut. Und sie merkt: für sie gibt es keinen Weg mehr zurück…
Der dritte Spielfilm der gebürtigen Chinesin Chloé Zhao ist der erste Film, in dem die Filmemacherin auch mit professionellen Darstellern*innen arbeitet – nicht ohne dafür aber mit ihnen gemeinsam komplett in die Materie abzutauchen. Monatelang verbrachten Zhao und McDormand auf Wohnwagenparkplätzen, schlossen Freundschaften und lernten die Geschichten und Charaktere der Straßennomaden kenn, die letztlich selbst ihren Weg in den Film fanden. McDormands Schauspiel ist – gerade auch im Vergleich mit der selbstbewussten und lauten Darstellung aus Three Billboards Outside Ebbing, Missouri – leise, fast schwelgerisch, haucht sie ihrer Figur doch schon mit wenigen Gesten Leben und seelische Tiefe ein, wie kaum eine andere. Nach und nach lüftet der Film in nur wenigen Sätze auch ihre Geschichte und setzt ein Bild zusammen, feinfühlig, zurückhaltend, wunderschön bebildert, poetisch. Es sind die Geschichten der Straße, der Außenseiter und der Überlebenskünstler, die hier noch lange nachwirken – und die immer wieder auch mit etwas Humor versehen den Film auflockern.
8. Silent Night
Eines der Highlights des letztjährigen Fantasy Filmfest! Wie der Titel es bereits erahnen lässt, handelt es sich dabei um einen „typischen“ Weihnachtsfilm: die Familie und engsten Freunde von Nell (Keira Knightley) und Simon (Matthew Goode) treffen sich am Weihnachtsabend um gemeinsam zu feiern und sich gegenseitig in den Wahnsinn zu treiben. Die üblichen Vorbereitungen und damit einhergehenden Stress-Erscheinungen werden auf schwarzhumorige Art und Weise ausgeführt und kommentiert, bis sich auf einmal der Tonfall schlagartig ändert und die Familienmitglieder heftig über existenzielle Fragen diskutieren. Denn der Debütfilm von Camille Griffin bietet ein ungewöhnliches Szenario: der anstehenden Apokalypse in Gestalt von giftigen Wirbelstürmen wollen die Feiernden durch gemeinsamen Suizid entgehen. So wird Silent Night im Verlauf immer düsterer und die anfangs angedeutete Tragik manifestiert sich letztlich in schmerzhaften Liebesbekundungen zwischen Eltern und Kindern, Ehe- und Lebenspartner sowie besten Freunden. Zuweilen ist der Kontrast von zwei an sich nicht miteinander zu vereinbarenden Genres, Komödie und Drama, derartig groß, dass einige Handlungselemente beiläufig abgehandelt werden und der Zuschauer nach einer klar durchdachten Struktur suchen muss. Dem britische Ensemble gelingt es jedoch die Zuschauer mit ihrem großartigen und fesselnden Schauspiel für die einzelnen Charaktere einzunehmen und so wie es am Ende eines erfolgreichen Films auf dem FFF sein soll, den Anstoß zu heftigen Diskussionen zu geben.
7. Minari
Lee Isaac Chung (Regie & Drehbuch) erzählt, teilweise basierend auf seinen eigenen Erfahrungen und denen seiner Familie, die Geschichte einer etwa 1973 aus Korea auf den Spuren des American Dream in die USA eingewanderten Familie: den Yis. Nach 10 Jahren harter Arbeit in Kalifornien zieht Jacob (Steven Yeun; The Walking Dead & Burning) mit seiner Frau Monica (Han Ye-ri; Sea Fog & Ko-ri-a – As One), dem siebenjährigen Sohn David (Alan S. Kim) und der ca. 13 Jahre alten Tochter Anne (Noel Cho) nach Arkansas. Dort will er eine Gemüsefarm aufbauen, um endlich etwas eigenes zu besitzen als Grundlage für die Zukunft seiner Familie. Paul (Will Patton; Postman & Armageddon), ein recht extremer Christ der Pfingstbewegung und selbst eher Außenseiter in der Gegend, wird unerwarteterweise zum wichtigen Partner. Schließlich stößt Monicas resolute, unkonventionelle Mutter Soonja (Youn Yuh-Jung; Sense8 & The Bacchus Lady) dazu und bringt eine gute Portion Witz und Charme in eine etwas prekäre Situation.
Einen weniger kitschigen, authentischeren Film können wir uns nicht vorstellen. Ohne jegliches Vorwissen war es eine wahre Freude, der mühelos voranschreitenden Handlung zu folgen und mit Hilfe von unzähligen kleinen Details die Familien-Dynamiken zu entdecken. Wir bekommen einen Sinn dafür, wie das Leben koreanischer Migranten in den USA der achtziger Jahre war. Der Film fokussiert dabei die Grautöne. Er zeigt keinen überhöhten Rassismus, keine dogmatisch Religiösen, wie man sie im ländlichen Süden der USA zu erwarten gelernt hat, keine künstlichen Bösewichte irgendeiner Art, nur um Drama zu generieren. Stattdessen sehen wir einfach nur Menschen ohne schlechte Absichten oder Klischees, aber mit Fehlern und Schwächen. Das Drehbuch ist einen Meisterleistung in Sachen “show, don’t tell” und zusammen mit dem Schnitt (Harry Yoon; Detroit & Shang-Chi) traut es dem Zuschauer zu, selbst aufzupassen und mitzudenken.
6. Drive My Car
Der Theaterregisseur und Schauspieler Yûsuke Kafuku (Hidetoshi Nishijima) reist nach Hiroshima um seine Adaption des Stückes Onkel Wanja von Anton Tschechow bei einem Theaterfestival zu inszenieren. Dort wird ihm die junge Misaki Watari (Tôko Miura) als Chauffeurin zugeteilt. Über mehrere Wochen fahren die beiden täglich mehrere Stunden in dem von dem Regisseur geliebten und gepflegten Auto umher und lernen durch Zuhören nicht nur einander, sondern auch sich selbst besser kennen und verstehen.
An sich könnte man die Synopsis von Drive My Car viel detaillierter wiedergeben und kennt man die Kurzgeschichtensammlung Men Without Women von Haruki Murakami, deren erste Geschichte die Rahmenhandlung des Filmes bildet, ahnt man, dass primär Themen wie Trauer und Verlust behandelt werden. Doch Drive My Car von Ryûsuke Hamaguchi ist einer dieser Filme, über den man so wenig wie möglich wissen sollte, um sich umso intensiver in seinen Bann ziehen lassen zu können.
Drive My Car ist ein kleines filmisches Meisterwerk, das, obgleich seiner Laufzeit von drei Stunden, den Zuschauer nicht eine Minute loslässt. So bewegend und auf eine wundersame Weise so berauschend, dass man selbst vergisst, dass man vor dem Bildschirm sitzt, so behutsam nimmt der Regisseur den Zuschauer auf eine Fahrt mit, die zeigt, dass es unerlässlich ist, nicht nur mit den wichtigsten Menschen in seinem Leben aufrichtig zu kommunizieren, sondern auch mit sich selbst – und sich dabei bewusst wird, dass man manchmal mehr versteht, als Worte es je ausdrücken könnten.
5. Pig
Rob (Nicolas Cage) lebt zurückgezogen in den Wäldern Portlands. Einziger Kontakt zur Außenwelt ist der Trüffelhändler Amir (Alex Wolff), denn Rob lebt im Wald nicht ganz alleine. Er ist erfolgreicher Trüffeljäger und verbringt seine Tage in trauter Zweisamkeit mit seinem Trüffelschwein. Als er jedoch brutal überfallen und sein Schwein entführt wird, wird Rob gezwungen in eine Gesellschaft zurückzukehren, die er eigentlich für immer hinter sich lassen wollte.
Regisseur und Drehbuchautor Michael Sarnoski hatte sich Nicolas Cage explizit als Hauptdarsteller für sein Spielfilmdebüt gewünscht. Eine Casting-Entscheidung, die in Summe klar als Erfolg gewertet werden muss, aber nicht ohne Hindernisse daherkommt. So weckt die abgefahrene Prämisse des Films, in Kombination mit der illustren Filmographie von Nicolas Cage bei nicht wenigen die Erwartung an eine trashige Variante von John Wick. Eine Erwartung, die nicht einmal im Ansatz erfüllt wird. Zunächst ist die Performance von Herrn Cage weit weg von der überdrehten, Internet-Meme prämierten „Cage Rage“. Reduziert, in sich gekehrt, Ehrfurcht erweckend und mit einer nahezu greifbaren Melancholie, spielt er einen Mann, der das verloren hat, was ihm wichtig war. Der nur spricht, wenn er wirklich etwas zu sagen hat, der Gewalt mit Verständnis entgegentritt und schlicht die andere Wange hinhält, der niemanden belehrt und dennoch alle um ihn herum über sich hinauswachsen lässt. Pig ist kein Rachefilm, denn Rob verschließt sich komplett dem Gedanken Gleiches mit Gleichem zu vergelten.
4. The French Dispatch
Einige Verschiebungen musste man hinnehmen auf dem Weg zum Kinostart von Wes Andersons neustem Meisterwerk – doch das Ausnahmetalent konnte auch mit seinem neusten Film wieder vollständig überzeugen. Dafür erweckte er eine Sammlung von Geschichten aus der Ausgabe einer amerikanischen Zeitschrift zum Leben, welche in einer fiktiven französischen Stadt im 20. Jahrhundert erscheint – wie für Anderson gewohnt, sind die Charaktere schrullig bis liebevoll, die Besetzung einmalig (Benicio del Toro, Adrien Brody, Tilda Swinton, Léa Seydoux, Frances McDormand, Timothée Chalamet, Bill Murray und Owen Wilson sind nur einige der vielen Charakterköpfe) und die Ausstattung und der Look fantasievoll und einnehmend. Obendrauf erdachte Jarvis Cocker mal eben ein ganzes Cover-Album von französischen Chansons, die im Universum des Films spielen.
3. Spider-Man: No Way Home
Die Spinne ist aus dem Sack, denn zum ersten Mal in der Filmgeschichte ist die Identität des freundlichen Helden aus der Nachbarschaft aufgedeckt und plötzlich ist Spider-Man gar nicht mehr so fehlerfrei, beliebt und das Leben für Peter Parker wird immer schwieriger. Umso mehr, da dadurch auch das Leben seiner Freunde und Familie in Gefahr gerät und beeinflusst wird. Als er die Hilfe von Doctor Strange in Anspruch nimmt, um sein Geheimnis wiederherzustellen, reißt dessen Zauber ein Loch in ihre Welt und setzt die mächtigsten Schurken frei, die jemals ein Spider-Man in irgendeinem Universum bekämpft hat. Jetzt ist es an Peter, seine bisher größte Herausforderung zu meistern, die nicht nur seine eigene Zukunft für immer verändern wird, sondern auch die Zukunft des Multiversums.
Jon Watts, der schon beiden Spider-Man-Vorgängern mit Tom Holland Regie führt, schuf mit dem neusten Abendteuer einen Kassenschlager, der an allen Ecken und Enden überzeugt, Schauwerte mit gehörig Tiefgang vereint, Comedy mit Drama, Action mit gehöriger Charakter-Weiterentwicklung, jeder Figur genug Raum bietet und die ein oder andere spaßige Überraschung bereithält – der Marvel-Blockbuster des Jahres!
2. Shang-Chi and the Legend of the Ten Rings
Und apropos Marvel – wahrscheinlich bei uns einfach auch aufgrund des früheren Kinostarts besser als das neuste Spider-Man-Abendteuer davon gekommen ist ein anderer Marvel-Stoff: Shang-Chi and the Legend of the Ten Rings! Wenwu (Tony Leung Chui-wai) ist Anführer der Ten Rings, eine mächtige Organisation, welche seit tausend Jahren immer wieder die Geschicke der Geschichte lenkt. Die Macht sie zu führen erhält Wenwu von den gleichnamigen zehn Ringen, die ihn nicht nur sehr stark, sondern auch unsterblich machen. Shaun (Simu Liu) will davon nichts mehr wissen. Er hat sich von seiner Vergangenheit abgewendet und arbeitet mit seiner guten High School-Freundin Katy (Awkwafina) ohne wirkliche Ziele in einem Hotel in San Francisco – bis ihn seine Familie wieder einholt und er sich seinem jähzornigen Vater stellen muss.
Der Blockbuster schafft es ähnlich wie Black Panther eine Art eigenes Universum innerhalb der Marvel-Geschichten zu erzeugen, überzeugt mit der asiatischen Ausrichtung, packenden Kampf-Choreografien und damit, dass er sich eben nicht durchweg wie ein Marvel-Film anfühlt.
1. Dune
Der kanadische Filmregisseur und Drehbuchautor Denis Villeneuve gehört zu den größten Talenten unserer Zeit und überzeugt immer wieder mit seinen Werken, umso mehr seitdem er sich seit 2016 komplett dem Science-Fiction-Genre hingibt. Angefangen bei Arrival, über das Reboot des Blade Runner-Themas (Blade Runner 2049), bis zu seinem 2021er opulenten ersten Dune-Teils – Villeneuve schafft es bei all den Schauwerten, den fantastischen Details, trotzdem immer wieder seine Charaktere in den Mittelpunkt des Geschehens zu stellen und große, wie vielschichtige Werke abzuliefern. Und da macht auch Dune keine Ausnahme, ist das Remake des Kultstoffes von Frank Herbert doch ein packendes, wie tiefsinniges Werk, in dem ein Junge zum Mann werden muss, inmitten eines großen galaktischen Kampfes, um Rohstoffe, Macht und gegen alle Widerstände. Dazu ein Wahnsinns-Cast (u.a. Timothée Chalamet, Zendaya, Josh Brolin, Oscar Isaac, Rebecca Ferguson, Charlotte Rampling, Jason Momoa, Javier Bardem), macht für uns den Film des Jahres – und eine ernstzunehmende Alternative zum Star Wars-Universum. Wir sind gespannt auf Teil 2!