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„Let’s end this as gentlemen! After all, manners maketh man.”
(The Shepherd – The King’s Man – The Beginning)
Conrad Oxford (Harris Dickinson) wächst als privilegierter Gentleman im England des ausgehenden 19. Jahrhunderts auf. Wobei sein Vater Orlando Oxford (Ralph Fiennes) ein besonderes Augenmerk darauf legt, ihn nach dem Grundsatz zu erziehen, dass mit diesem Privileg auch die Verpflichtung kommt der Gesellschaft etwas zurückzugeben. Während Vater Orlando jedoch auf dem internationalen Parket der Diplomatie unterwegs ist, versucht er seinen nahezu volljährigen Sohn möglichst behütet im Familienanwesen aufwachsen zu lassen. Im Zuge der internationalen Eskalation und der Anbahnung des ersten Weltkrieges müssen Vater und Sohn jedoch gemeinsam ausziehen und nicht nur diplomatisch, sondern auch so gar nicht Gentleman-like mit vorgehaltener Waffe verhandeln.
Auf das Kingsman-Prequel musste man Corona-bedingt eine ganze Weile warten. Ursprünglich schon für den Release in November 2019 vorgesehen, kommt dem Film nun zugute, dass er ob seines Settings im ersten Weltkrieg ohnehin zeitlos ist. Vorab sei gesagt, dass sich das Warten gelohnt hat und der Film mit seinem lockeren Humor und dem Welt-umspannenden Abenteuer genau die Ablenkung bietet, die sich sicher viele aktuell wünschen. Dies bedeutet jedoch nicht, dass Regisseur Matthew Vaughn in seinem nunmehr dritten Kingsman Film keine ernsten Töne anschlägt. Tatsächlich steht der ernste und durchaus mit voller Härte dargestellte Hintergrund des ersten Weltkrieges im starken Kontrast zu Humor, Action und Abenteuer des Films. Wobei die überbordenden, Comic-haften Zweikämpfe bis auf zwei Set-Pieces einem, in Relation zu den anderen beiden Filmen, eher geerdeteren Abenteuer, das auch Indiana Jones oder Nathan Drake gut zu Gesicht stehen würde, gewichen sind. Obwohl der im Trailer aggressiv beworbene Kampf mit dem russischen Prediger Rasputin (Rhys Ifans, bekannt, aber sicher nicht wiedererkannt, als Hugh Grants Mitbewohner in Notting Hill) zweifellos eines der absoluten Highlights des Films ist, vermisst man die Kämpfe jedoch kaum. Denn der Rest ist stimmig, spannend und durchaus überraschend umgesetzt.
Die Überraschungen fußen dieses Mal dankenswerterweise jedoch weder in Gewalt (der Film ist nicht zahm, aber weniger drastisch als die Vorgänger) noch einer kontroversen Sexszene, sondern im Plot selbst. So ersetzt der Film zwar sicher keine Geschichtsstunde, weiß aber die Irrungen und Wirrungen des Ersten Weltkrieges gekonnt mit dem im Fantastischen gelagerten Plot zu verbinden. Sicher nicht ganz so elegant wie ein Indiana Jones es mit dem Zweiten Weltkrieg getan hat, aber auch Meilen weit weg von all den Nazis auf Haien und hinter dem Mond. Wen das noch nicht überzeugt, dem sei gesagt, dass er sich auch auf Daniel Brühl als zwielichtigen, österreichischen Erik Jan Hannussen und Charles Dance als verbündeten von Conrad Oxford freuen kann…natürlich ebenfalls maximal zwielichtig.
Ein Film, der es verdient hat endlich da anzukommen, wo er hingehört – nämlich auf der großen Leinwand. Also macht es am besten wie der Autor dieser Rezension, zieht euch mindestens Smart Casual oder besser Black Tie an und geht mal wieder aus. Erst in eine schicke Bar und dann ins Kino.
The King’s Man (US, UK 2021)
Regie: Matthew Vaughn
Cast: Ralph Fiennes, Gemma Arterton, Rhys Ifans, Harris Dickinson, Djimon Hounsou, Charles Dance, Daniel Brühl
Kinostart: 6. Januar 2022, Walt Disney Studios Motion Pictures Germany