Foto-© Lina Gaisser
They never heard you play their loud songs
On the Bellerophon
Round the sea
I′m not floating by the saints of heaven
And you said that I was liar
And I’m lost somewhere on the inside
Forever alone
(Beirut – Napoleon on the Bellerophon)
Mit einer 26 Stücke umfassenden Anthologie meldet sich Beirut, genauer gesagt der Kopf der Band, Zach Condon dieser Tage zurück. Unter dem passenden Namen Artifacts veröffentlicht er damit vor allem eine Sammlung alter Songs, aber auch neu aufbereitete Schnipsel aus gut 20 Jahren Festplattenstaub. In seiner Gesamtheit ergibt dieses ungewöhnliche Album eine Art musikalische Autobiografie. Die Geschichte auf vier Vinyl Seiten beginnt bei einem 14-jährigen Einzelgänger, der mit Fruity Loops am Familiencomputer beginnt, seinem Gespür für die Musik nachzugehen und entwickelt sich hin zu der Handschrift eines Hit-Schreibers – die Geschichte von einem Pionier des Indie Folks wird damit fortgeschrieben.
Neben den Balkan-Brass Elementen, die auch auf seiner insgesamt siebten LP eine zentrale Rolle einnehmen, sind erstaunlich viele Synthesizer und Computer Sounds zu hören, die man bisher eher weniger mit Beirut verbindet. „I don’t know if people who hear most of my music would know immediately how much I loved synthesizers as a teenager.” Tatsächlich klingen auch einige der Songs nach Teenager und Synthesizer. Sehr einfache Melodien aus spacigen Sounds treffen auf den typischen Mitwipp-Ryhtmus Beiruts. Das geht teilweise sogar in Richtung Clubsound, z.B. mit Irrlichter, das etwas an den Sound von BICEP erinnert.
Auf der anderen Seite sind aber eben auch die gewohnt großen hymnenartigen Stücke dabei, die sich problemlos auf eines der vielen hochgelobten Alben des US-Amerikaners packen ließen (Scenic Worlds, Carousels, Transatlantique). So geben sich diese kleinen Soundschnipsel der Festplatten, die man teils eindeutig heraushören kann, und die schwungvollen Indie-Folk-Gesten die Hand und verschmelzen in etwas ganz Eigenes und Neues im Kosmos von Beirut. Hört man sich alle Stücke an, ist es, als ginge man mit Zach Condon durch die Zeit und lerne dabei seine Ideen, Umwege und Strategien kennen, mit der er sich seine musikalische Welt erschuf. Dabei mag einem sicherlich nicht alles gefallen, denn mancher Song bleibt auf der Stufe einer Idee, entwickelt sich nicht weiter. Doch andererseits bekommt man genau dadurch auch ein Gespür für die kleinen Dinge im Songwriting, die den Unterschied ausmachen können und ein Gespür für die Inspiration und deren Ausführung.
Mit Artifacts bringt uns Zach Condon ganz nah an sich ran und offenbart sein musikalisches Erwachsenwerden durch beides, den Rückblick und dessen Bearbeitung. Die wirklich großen Hits sind darauf vielleicht nicht zu finden. Dafür aber der Weg dahin, dem zuzuhören nicht weniger Spaß macht.
Beirut – Artifacts
VÖ: 4. März 2022, Pompeii Records
www.beirutband.com
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