ANNETTE – Filmkritik


Foto-© Alamode Film

Der französische Filmregisseur Leos Carax ist jemand, der sich und seinen Werken jegliches Schubladendenken verbietet, hebt er darin doch jegliche (weltlichen, wie cineastischen) Grenzen auf, inszeniert wilde, oft auch krude Geschichten, die einen visuell, wie inhaltlich auf mehreren Ebenen als Zuschauer alles abverlangen und mit den üblichen Sehgewohnheiten unbedingt brechen. Da macht auch sein letztjähriges und mit Adam Driver und der Oscar-Preisträgerin Marion Cotillard prominent besetztes Werk Annette keine Ausnahme – wir haben uns den Film zum Heimkinostart noch mal zu Gemüte geführt!

Henry McHenry (Driver) und Ann Defrasnoux (Cotillard) sind das perfekte Promi-Liebes-Paar für die Klatschpresse von Los Angeles: auf der einen Seite der für seine skandalösen Stand-Up-Shows gefeierte Comedian, der mit jeder Faser aneckt, auf der anderen die international gefeierte Opernsängerin, die als reine Unschuld und Perfektion jeden Abend vor den Augen der Zuschauer stirbt. Ihre Liebe ist leidenschaftlich und führt in Windeseile zur Hochzeit und zur Geburt des ersten Kindes Annette – und schon ziehen die ersten Regenwolken auf, zur Freude der Presse. Das Leben des Paares wird von Annette komplett auf den Kopf gestellt – und das Mädchen hat ein geheimnisvolles Talent!

Es ist schwierig Annette nach herkömmlichen Maßstäben zu beurteilen, denn allzu viele Umstände stoßen einem immer wieder während des Musical-Films auf – die von Carax zusammen mit den Sparks-Brüdern Ron und Russell Mael, die auch für die großartige Musik des Films verantwortlich zeichnen, geschriebenen Dialoge werden zumeist trotz ihrer extremen Einfachheit in den hervorragend von Driver und Cotillard performten Songs bis zur Unerträglichkeit wiedergekäut, an keiner Peinlichkeit wird Halt gemacht (Drivers Henry unterbricht auch schon mal die orale Befriedigung seiner Liebsten zum Einstimmen in den aktuellen Song) und spätestens mit der Ankunft des Babys als Mischung aus Holzfigur und billiger Animation fragt man sich, wo man hier nur reingeraten ist. Trotzdem ist es die Bildsprache, sind es die teilweise fantastischen Ideen und die großartigen Schauspielleistungen (sogar der The Big Bang Theory-Komödiant Simon Helberg gefällt in seiner Rolle als Dirigent) sowie die Musik der Sparks, die einen nicht loslassen wollen – auch wenn es vielleicht bei Annette alles in allem und von allen Zutaten etwas zu viel ist und die Story, abgesehen von einigen netten Einfällen und Schauwerten als Pleaser zwischendurch, dann doch leider recht vorhersehbar ist. Wer über all das hinwegsehen kann oder sich auch einfach mal einen Film als Herausforderung anschauen will – der findet hier das perfekte Musical.

Annette (FRA, BEL, D, USA 2021)
Regie: Leos Carax
Darsteller: Adam Driver, Marion Cotillard, Simon Helberg, Devyn McDowell, Ron Mael, Russell Mael
Heimkino-VÖ: 22. April 2022, Alamode Film

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Dominik

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