Foto-© Ben Watson
See these desperate days are numbered
There’ll be thunder there’ll be wind
And the days of reckless plunder they will end
On the banks of this river
And on the beaches of the sea
As long as we’re together
We got everything we need
See this world’s gone crazy
Too much technology
On the banks for this river
We got everything we need to be free
(Xavier Rudd – Calling)
Am 25. März veröffentlichte der australische Multi-Instrumentalist Xavier Rudd sein zehntes Studioalbum via Salt.X Records und Virgin Music. Es heißt Jan Jac Moon und ist das erste Album seit seiner Platte Spirit Bird (2012), auf der er sich die Zeit nehmen konnte, so viel wie möglich selbst zu machen. Das Album ist melancholischer und ruhiger als der unbeschwerte Reggae-Sound, für den er bekannt geworden ist. Schon bevor die Pandemie das Leben vieler Menschen stillgelegt hat, hatte Rudd eine Auszeit zur Reflektion geplant – das erste Jahr seit 20 Jahren, in denen er nicht um die Welt gereist ist. Obwohl er während eines Großteils seiner Karriere fast schon rastlos produktiv war, hat er diese Pause eingelegt, um sich neuen Ideen und Klängen hinzugeben. Herausgekommen ist ein vielschichtiges Album, das trotz Nachdenklichkeit einen offenen Blick in die Zukunft nicht vergisst.
Dabei war die Natur Rudd eine wichtige Inspirationsquelle, wie die Songs Magic, We Deserve To Dream und Stoney Creek zeigen. Letzterer war auch Vorab-Single des Albums und handelt davon, sich mit der Natur, dem Konzept von Heimat und dem Jetzt in einer anstrengenden Welt auseinanderzusetzen. Bei We Deserve to Dream arbeitet Rudd mit einer Steel-Guitar, während die typischen Percussion-Beats und der nahezu hymnische Chorus den Spirit des Liedes ausmachen. Der Song spricht von der Freiheit, die wir über die Suche in den Elementen der natürlichen Landschaft, des Ozeans und der Bäume finden können und wie wir uns jedoch oftmals von Schichten der Belastung in unserem Leben eingeschlossen fühlen. Jan Juc Moon ist aber auch ein politisches Album mit klarem Bezug zum heutigen Australien. Rudd, der unter anderem Aboriginewurzeln hat, lud für den Song Ball and Chain den indigene Rapper J-MILLA aus dem Northern Territory ein. Vor einem Reggae-inspirierten Beat und zwischen langen Klavier- und Didgeridooparts rappt dieser: „This ball and chain has incarcerated my freedom. Born into the system and wasn’t given a reason. Same cycle continues and follows the same sequence. Screaming for change and it’s bringing out inner demons.” In der minimalistischen Ballade Dawn to Dusk geht es Suizid bei Jugendlichen. Rudd beschreibt es als den für ihn wichtigsten Song des Albums, da er von einem Freund seines Neffen handelt. Dieser geht eine wunderbare Verbindung mit dem Titeltrack Jan Juc Moon ein, den Rudd vor zehn Jahren geschrieben hat und auf dem man den Herzschlag eines seiner Söhne im Mutterleib hört. Ein weiteres Highlight der Platte ist Calling, auf dem Rudds Stimme nur mit einer Gitarre begleitet so eindringlich ist, dass es noch lange nachwirkt und die Hörer*innen mit melancholischer Zuversicht entlässt.
Jan Juc Moon ist ein Album, bei dem man das Gefühl bekommt, Xavier Rudd nahe zu kommen. An einigen Stellen finden sich die typischen Reggae-Beats, das Herz der Platte besteht jedoch aus modernem Folk mit viel australischem Bezug: inhaltlich und klanglich. Probleme werden benannt, beklagt, doch es ergibt sich kein passives Leiden. Es ist eine aktive Aufforderung, sich mit Natur, Vergangenheit und Geschichte auseinanderzusetzen und zu handeln. Und dabei so persönlich, dass es trotz aller Neuerungen ein typisches Rudd-Album geworden ist: eins von Herzen.
Xavier Rudd – Jan Juc Moon
VÖ: 25. März 2022, Salt.X Records/Virgin Music
www.xavierrudd.com
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