AT THE B-SITES FESTIVAL – Nachbericht

Foto-© Stephan Strache

Das Format At The B-Sites präsentiert seit mittlerweile neun Jahren dem Kölner Publikum kostenlose Konzerte über Kopfhörer im öffentlichen Raum. 24 Stunden vor dem Konzert wird via Sozialmedien ein Treffpunkt veröffentlicht, an dem dann Turnbeutel, ausgestattet mit einem Leihkopfhörer, zwei Flaschen Kölsch sowie einer Karte, die den Weg zur Bühne weist, verteilt werden. Dabei beweisen die Veranstalter ein unheimlich glückliches Händchen mit ihrem Booking. At The B-Sites ist eine runde, schöne und in Köln mittlerweile bestens etablierte Veranstaltung.

At The B-Sites Saisonhöhepunkt ist das gleichnamige Festival. Es fand seine Heimat im Kölner Jugendpark. Grün am Ufer des Rheins, aber trotzdem inmitten der Stadt. Es gibt eine vorhandene Infrastruktur und eine gute innerstädtische Erreichbarkeit. Durch das Konzept “Kopfhörerfestival” gibt es kaum Lärmbelästigung für Anwohner und dadurch wenig (zeitliche) Beschränkungen. Auch wenn dieses Jahr sonntags noch ein reiner Familen-/Kindertag hinzukam, ist auch bereits das At The B-Sites Festival unheimlich “kindergeeignet”. Kinder müssen nicht vor lauter Musik geschützt werden und können andersherum auch keine anderen Konzertgänger im Musikgenuss stören. Aber nicht nur für Kinder ist das Konzept “Kopferhörerkonzert-/festival” ideal. Auch erwachsene Besucher, können die Musik in eigener “Wohlfühllautstärke” genießen und gefällt einem eine Band mal nicht vollkommen, bleibt der Plausch mit Freunden ohne dabei andere Festivalbesucher zu stören. Es blieb demnach auch dieses Jahr beim bewährten Konzept, mitsamt ein paar Optimierungen: aus einem Tag wurden zwei und im Anschluss gab es sonntags noch das Kinder-/Familienfestival Propälla. Außerdem wurde das Samstagsprogramm noch um Workshops ergänzt und verhalf dem Samstag zu noch etwas mehr Festivalfeeling.

Der Freitag hingegen startete mit Kölns größter Girlband, den Veedelsperlen, gemeinsamen Musizieren mit dem Silent Choir sowie dem anschließenden lust for life DJ Programm mit feinen Indieperlen.

Am Samstag waren wir dann auch vor Ort. Die ersten beiden Slots im Musikprogramm gehörten den lokalen Künstlerinnen stud.mp3 und Becky Sikasa. Leider ging die damit einhergehende Hoffnung, schon nachmittags einige Zuschauer zu ziehen nicht auf. Die anwesenden Festivalbesucher verteilten sich bei den ersten beiden Acts auf dem weitläufigen Areal. Alle Nichtanwesenden verpassten zwei großartige Künstlerinnen: stud.mp3 schaffte es allein raumgreifend zu unterhalten. Wem es gelang die Leere vor der Bühne auszublenden, erlebte ein mehr als großartiges Kopfhörerkonzert. Für Becky Sikasa war es ein Wiedersehen mit der Bühne und dem Festival. 2018 hatte sie das At The B-Sites Festival noch als Duo unter dem Namen lunir eröffnet. Auch ihr Auftritt war wunderbar und hätte eindeutig mehr Zuschauer verdient gehabt.

Ihr folgte Dilla, die kurzfristig für die erkrankte KeKe einsprang. Dilla, mit Timmy T und Sleepy Boy im Gepäck, gelang es die Reihen vor der Bühne zu füllen und erste Besucher zum Tanzen zu bewegen. Zwischen dem Musikprogramm gab es Bier-Yoga und den vom Vorabend erprobten Silent Choir: eine Band coverte Indieperlen und dank der verteilten Liedzetteln konnte kräftig mitgesungen werden. Dank Kopfhörer und Alkohol sank dabei auch schnell die Mitsing-Schamgrenze. Und auch die Workshops wurden im Laufe des Nachmitttags/frühen Abends gut angenommen und waren eine schöne Bereicherung des Tages. Antje Schomaker machte dann da weiter, wo Dilla aufhört hatte. Sie zog das Publikum in ihren Bann und vor die Bühne. Zwischendurch gab sie auch alte, folkigere Stücke zum Besten, während sie aktuell poppiger und synthielastiger daher kommt. So gab es von ihr fast zwei Konzerte.

Die Headliner vom 2020 Corona zum Opfer gefallenen At The B-Sites Festival, die Mighty Oaks, konnten erfreulicherweise auch für diese Ausgabe gewonnen werden. Und auch wenn die Berliner sicherlich nicht das innovatiste, spannendste Booking sind, so passte ihr Musik perfekt zu dem Erlebniss Kopfhörerkonzert: ihre warmen, der Seele schmeichelnden Folksongs ummantelten die Besucher aufs Schönste. Egal wohin man blickte: freudige, glückliche und lächelnde Besucher. Und auch wenn hier wieder nicht alle vor der Bühne standen, kamen alle auf ihre Kosten.

Vielleicht ist das ja auch Vor- wie Nachteil zugleich eines Kopfhörerkonzertes: für das optimale Klangerlebnis braucht es keine physische Nähe zur Bühne. Denn auch auf seinem lauschigen Plätzchen weiter hinter kann dem schönen Sound gelauscht werden. Den Samstag rundetete zum Schluß dann nochmals Indie-DJ Programm ab.

Bei aller Lobhudelei über dieses wirklich schöne, entspannte Festival, über ein schönes und frauenlastiges Booking (wenngleich der Headlinerslot männlich besetzt blieb), ließ auch hier die Zuschauerresonanz zu wünschen übrig. Die Idee eines – auch aufgrund von Förderungen möglich – lediglich sehr günstigen Eintrittspreises, führte dazu, dass Zuschauer nur zu ihren „Lieblingsacts“ kamen und trotz des mehr als günstigen Ticketpreises, eines sehr ausgewogenene, schönem Programms, lag das Zuschauerinteresse deutlich unter der Resonanz der Festivalausgaben vor der Pandemie. Ein Jammer!

Die Infrastruktur des At The B-Sites Festivals ist seitdem übrigens noch als Cologne Summerstage bestehen geblieben. Neben Konzerten (At The B-Sites Talent Edition (mit Anais, Elena Steri & Julie And Me am 15.07. und Brenda Blitz, Asant und einem Secret Act am 16.07. (beides bei freiem Eintritt ab 18 Uhr) oder Thees Uhlmann am kommenden Freitag) finden dort seitdem Theateraufführungen oder der Kölner Poerty Slam Reim in Flammen ihre temporäre Heimat.

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Stephan Strache

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