Foto-© Ebru Yildiz
You’re truly erupting too hard
That’s why you’re a sizeable god
And I am decidedly cold
I ain’t taking the fall
I have forsaken you all
I was mistakenly chose
Now I’m mistaking my own
You can’t take me
It’s time we made something stable
‘Cause we’re in the sights of perfect danger
All is lost to the time beyond the fables
And the circular rise of guileless angels
Say all is fine
(Interpol – Fables)
Wer sich schonmal gefragt hat, warum sich der Interpol-Frontmann Paul Banks beim Singen eigentlich immer so, sagen wir mal, besonders anhört, bekommt hier die erlösende Antwort: Weil die Bandmitglieder ihre Songs normalerweise gemeinsam im Proberaum schreiben und Banks daher ständig gegen eine dicke Soundwand aus stechenden Gitarren, füllenden Bassläufen und belebten Drums ansingen muss. Damit er sich selbst hören kann, reizt er sein Organ also ständig bis zum Anschlag aus, weshalb es häufig so klingt, als würde er gleich aus der Puste sein oder seine Stimme vor Anstrengung fast zerbrechen – auch auf den letztendlichen Studioaufnahmen. Bitte versteht mich nicht falsch, meistens hört sich das ziemlich geil an.
Da denkt man, dass wenigstens der über 20 Jahre etablierte Interpol-Sound eine Lebenskonstante sein könnte, aber nein: die Corona-Pandemie hat sogar das verändert, zumindest ein bisschen. Dadurch, dass die Gruppe getrennt voneinander ihre jeweiligen Parts komponieren musste, konnte Banks seine Stimme anders einsetzten und klingt auf The Other Side of Make-Believe, dem siebten Studioalbum von Interpol, weniger jaulig – macht ja auch Sinn, wenn man sich nicht ständig gegen ein voluminöses Schlagzeug behaupten muss (leider geht seine Stimme trotzdem manchmal im Mix unter). Auch der Rest der Band passt sich einer gediegeneren Ästhetik an; so als würden sie ihre Musik nicht mehr für die großen Festival-Bühnen dieser Welt zuschneiden wollen. Songs wie Something Changed drücken zwar, sind aber verhältnisweise intim.
Eine komplette 180-Grad-Wendung ist The Other Side of Make-Believe jedoch keineswegs. Die düstere Robustheit ihrer älteren Sachen ist immer noch vorhanden, wenn die verschiedenen Instrumente – wie man es von Interpol kennt – wieder perfekt ineinander greifen und Gitarrist Daniel Kessler mit seinen unverkennbaren, hypnotisierenden Riffs um die Ecke kommt. Die Veränderungen sind eher subtil: Der Opener Toni ist um eben solch ein typisches Interpol-Riff aufgebaut, welches hier aber nicht auf Gitarre, sondern ausnahmsweise auf Piano gespielt wird. Das ist zwar erfrischend, viel mehr aber auch nicht.
Interpol – The Other Side of Make-Believe
VÖ: 15. Juli 2022, Matador Records
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