Foto-© Chantal Anderson
Nächste Woche Freitag beginnt nach zwei harten Jahren Lockdown-Pause endlich wieder der goldene Herbst in Darmstadt – denn das Golden Leaves Festival eröffnet zum mittlerweile neunten Mal die Pforten! Wir sind in voller Aufruhr und basteln in Windeseile am finalen Festival – und wollen euch dieser Tage zur Vorfreude auch noch mal die Tages-Line-Ups etwas näher bringen! Tickets + Tages-Tickets gibt es hier! Nachdem Freitags- und Samstags-Programm stellen wir heute den Sonntag vor:
Alice Phoebe Lou
„Hauptsächlich sind es Liebeslieder. Hier und da mal mit einer Punk- oder Grunge-Nummer gespickt“, erzählte die Singer-Songwriterin aus Kapstadt noch über ihr Album Glow. Daran hat sich auch mit dem aktuellen Nachfolger Child’s Play nicht viel geändert, Alice Phoebe Lou räumt ihrer intimen Verletzlichkeit weiterhin viel Platz ein und verzaubert ganz ohne coole Worthülsen und gespielte Attitüde. Ihre Musik soll zum Nachdenken anregen und dabei ursprünglich empfundene Gefühle vermitteln – egal ob als Straßenmusikerin, in ausverkauften Clubs und Hallen oder eben auch auf dem Golden Leaves Festival.
Charlie Cunningham
„Zauberhafte Melodien sowie Emotionen zum Sich-Verlieren“, so beschreibt der MusikBlog das im Juni 2019 veröffentlichte Album Permanent Way des Gitarrenvirtuosen und großartigen Singer-Songwriters Charlie Cunningham. Permanent Way dokumentiert die Ungewissheit im Leben, das Verlangen nach Intimität und Liebe, aber auch Unabhängigkeit und Abstand. „Neben meinen Auftritten bin ich ein sehr zurückgezogener Mensch“, bekennt der Brite. „In den Texten findet sich auch immer wieder etwas Autobiographisches. Im Allgemeinen geht es aber um die Menschen und ihren gegenseitigen Umgang miteinander“. Seine warme Stimme und sein individuelles, vom spanischen Flamenco beeinflusstes Akustikgitarrenspiel ergeben ein wunderbares musikalisches Ensemble. Nach Shows bei unserer Wohnzimmerkonzertreihe und beim Golden Leaves Festival 2016, kehrt Charlie Cunningham nun mit seiner aktuellen EP Pieces und seiner Band zurück, um den goldenen Herbst einzuläuten!
Kevin Morby
Mit sechs gefeierten Soloalben und unzähligen Kollaborationen mischt sich Kevin Morby unter die Reihen moderner Ikonen wie Bill Callhan, Kurt Vile, Sharon Van Etten, Will Oldham und Jeff Tweedy ein. Atmosphärische und aufrüttelnde Texte sowie eingängige Melodien vereint der US-Amerikaner zu kompakten Songs, zu Hits. Und dabei entfaltet jedes Album für sich eine eigene Persönlichkeit und beschreitet sowohl klanglich als auch lyrisch unterschiedliches Terrain, wagt neue Blickwinkel und offenbart gleichzeitig musikalische Handwerkskunst. Im Oktober 2020 erschien das Album Sundowner auf Dead Oceans – ein Album, auf welchem es ihm den Sound des „Middle American Twilight“ zu fassen gelang und mit welchem er seine Fans und die Musikpresse gleichermaßen überzeugte. Es folgte letztens das aktuelle Album This Is A Photograph – mit dem er nun zusammen mit seiner vielköpfigen Band zum Golden Leaves kommt!
Los Bitchos
Die vierköpfige „Instrumental Psychedelic Sunshine Cumbia“-Band, die gerade in London wohnt, aber aus Perth, Montevideo, Stockholm und Croydon stammt, sagt über sich selbst, „ihre Musik höre sich an, als wenn Tequila den Körper kontrolliert“. Vom Rhythmus getrieben, von der Kritik geliebt, von unendlicher Spielfreude und Kreativität gezeichnet: ein pan-kontinentaler Tanz durch Offbeats, Surf und instrumentale Virtuosität. In kürzester Zeit tourten sie mit Mac DeMarco, Ty Segall, The Black Lips, Methyl Ethel und Kikagaku Moyo und spielten auf zahlreichen namhaften Festivals, wie dem The Great Escape oder All Points East. Ein weiterer Ritterschlag: Die erste EP Pista (Great Start) wurde von niemand geringerem als dem Franz Ferdinand-Frontmann Alex Kapranos produziert. Nun folgte das Debütalbum Let The Festivities Begin! – ein wohl passender Slogan für das GLF22, bei dem Los Bitchos euch zum Tanz bitten werden!
Lucy Dacus
Erste Küsse und Drogenerfahrungen im Bibelcamp, Boy- und Girlfriends, toxische Vaterfiguren und universelle Coming-of-Age Beobachtungen – die amerikanische Songwriterin Lucy Dacus bewies mit ihrem letztjährigen Album Home Video noch mal nachhaltig, dass sie zu den besten Geschichtenerzähler:innen ihrer Generation gehört. Jede ihrer Zeilen schmerzt mit der Genauigkeit einer langjährigen Tagebuchschreiberin, ganz egal ob sie als Teil von boygenius (mit Phoebe Bridgers und Julien Baker) agiert oder für ihre eigenen Kompositionen textet. Damit ist Lucy Dacus ein einzigartiges Beispiel dafür, wie man aus Verletzlichkeit Stärke gewinnen kann, denn ihre Stimme, sowohl die gesungene als auch ihre innere, bieten einem dafür die nötige Kraft, das Fundament und den Glaube.
Martin Kohlstedt
Martin Kohlstedt reißt mit seiner Musik Genregrenzen ein und lässt dabei Klavierstücke mit elektronischen Klängen verschmelzen. Unmittelbar tastet er sich in den Körper aus Holz, Filzhämmern und Stahlsaiten vor. Der junge Komponist aus dem Thüringer Eichsfeld belässt es aber nicht bei einem anonymen Fingerspiel, sondern öffnet sich unaufhörlich mit jeder Bewegung und jedem Anschlag. Jenseits von deutungsschwerer Klassik oder konstruiertem Pathos wird sich hier am unbeständig Persönlichen versucht. Bevor er im Jahr 2012 sein erstes Klavieralbum Tag veröffentlichte, ließ er sich im Bereich Jazzklavier ausbilden und studierte anschließend Medienkunst in Weimar. Mit dem Nachfolger Nacht wurde das erste Album zu einer musikalischen Einheit des Klavierkünstlers.
Neben seiner eigenen Musik komponiert Kohlstedt nebenbei Film-Soundtracks und Videospielmusik oder wirkt an der Produktion von Hörspielen und Theaterstücken mit. Bei seinen Konzerten geht der Tausendsassa ein musikalisches Gespräch mit dem Publikum ein. Auch wagt der junge Komponist Gespräche zu provozieren, deren Grenzen nie feststehen dürfen. Mit dem Klavier formt er soghafte erste Ideen. Doch wenn Raum und Gegenüber es verlangen, dann schweigt er durchaus auch abrupt oder elektrisiert einem klirrend und bassend das Hirn.
Mini Trees
Hinter Mini Trees steckt das Soloprojekt der Songwriterin Lexi Vega, die Im Herbst ihr neues Album Always In Motion bei Run For Cover Records veröffentlicht hat. Eine Indie-Pop-Platte, wie sie aktueller nicht sein könnte, beschäftigen sich die 10 Songs des Debüts doch paradoxerweise gleichzeitig mit den Veränderungen und dem Stillstand während der Corona-Pandemie. Dabei behält die junge Amerikanerin immer ihr Innenleben fest im Blick und wirft Fragen auf, für die es wahrscheinlich gar keine Antworten gibt. Als Kompromiss bleibt Akzeptanz oder zumindest die Suche nach dieser. Während all dieser melancholiegetränkten Sinnsuche streift Mini Trees Themen wie Spiritualität, Identität und zwischenmenschliche Beziehungen, während sie musikalisch mit bisweilen geradezu sonnigen Indie-Pop-Tracks und eingängigen Hooks wohltuende Kontrapunkte setzt. Das nächste kleine Paradoxon also, aber eins das jede Menge gute Laune macht.
The Weather Station
The Weather Station aka Songwriterin Tamara Lindeman hat mit Ignorance wahrscheinlich das Konsensalbum der internationalen Musikpresse in 2021 abgeliefert. Leichtfüssig vereint sie ihre elegant und unwiderstehlich eingängigen Lieder mit produktionstechnischem Glanz und jazzige Akzente mit unverhohlenem Pop-Appeal. Zu Beginn ihrer Karriere sorgte die sympathische Kanadierin als The Weather Station noch sanft und nachdenklich für Aufsehen, doch erfindet sie sich nun auch auf der Bühne neu. Klavier und Keyboards ersetzen die Gitarre als wichtigstes Instrument, während eindringliche Beats das Sendungsbewusstsein der Musikerin wirkungsvoll unterstreichen und ihrem Publikum neue Horizonte eröffnen.
Mit ihrem „philosophischen Songwriting“, wie Tamara Lindemann es selbst nennt, thematisiert sie die Fallstricke des Zwischenmenschlichen, ihr Umweltbewusstsein und ihre Sorge um die Folgen des Klimawandels. Mit How Is It That I Should Look At The Stars veröffentlichte Lindeman erst kürzlich noch ein Album-Pendant zu Ignorance, bestehend aus Songs, die zur gleichen Zeit geschrieben wurden und thematisch und emotional miteinander verbunden sind.