Foto-© Rahi Rezvani
I wish you knew the way I feel
Because the way I feel
Is holding me back inside
I wish you knew the way I feel
Because the way I feek
Just can’t be described
(Editors – Kiss)
Viele Bands fühl(t)en sich durch die Corona-Krise dazu bewogen, ihre Erfahrungen mit bedrückender Isolation und Ratlosigkeit in eher melancholischen und bedächtigen Alben zu verarbeiten. Nicht so die britische Formation Editors, die am 23. September bereits ihren siebten Longplayer veröffentlichten, denn mit EBM blicken sie definitiv stramm nach vorne: Das Album evoziert mit seiner explosiven Mischung aus pulsierenden Industrial-Rhythmen und atmosphärisch-hymnischem Indie-Rock Bilder von schweißvernebelten, überfüllten Clubs und durchgetanzten Nächten, so wie vor und hoffentlich bald nach der Pandemie.
Zu diesem speziellen Sound beigetragen hat mit Sicherheit auch der Drone- und Noise Rock-Komponist und Produzent Benjamin John Power alias Blanck Mass, der als neues Mitglied in die Band aufgenommen wurde. Sänger Tom Smith betont, dass die Zusammenarbeit frischen Wind und Adrenalin reingebracht und den Sound der Gruppe beträchtlich weiterentwickelt hat.
Der Titel spielt dementsprechend auch auf die Verbindung von Editors und Blanck Mass an, aber auch auf die Abkürzung für Electronic Body Music, deren Einfluss man deutlich spürt, zum Beispiel bei der ersten Single, Heart Attack. Hier mischen sich verschrubbter Industrial und harte Beats mit einer hymnischen Melodie und Synth-Anleihen zu einem hochdynamischen Dark Pop-Song. Alle Tracks sind energetisch, getrieben und von einer fast ominösen, bedrohlichen Atmosphäre unterlegt, die aber immer wieder von lichten, mitreißenden Stadion-Melodien aufgebrochen wird. Die Texte drehen sich um Verlorenheit und die Sehnsucht nach Connection.
Picturesque kombiniert dabei die düstere Klaustrophobik und hektischen Drums von Nine Inch Nails mit der Sentimentalität von Coldplay. Selbst Goth Rock-Nummern wie Karma Climb, das an Depeche Mode oder Fields of the Nephilim erinnert, sind immer noch unglaublich eingängig und catchy. Die sonnigeren Tracks wie Kiss und Vibe verbreiten 80ies-Flair und lassen an Miami Vice oder die Pet Shop Boys denken. Mit Silence gibt es auch eine Post-Rock-Ballade, in der die warme Tenorstimme von Smith ihre volle, einschmeichelnde Wirkung entfaltet. Ihren Höhepunkt findet die Platte in Strange Intimacy, einer Hommage an die EBM-Hits von Faithless oder Prodigy, mit treibenden Beats, fieberhaften Synths und einem hitverdächtigen Refrain, der gleich im Ohr bleibt.
All diese eklektischen Einflüsse aus Industrial, Techno, Dark Pop, New Wave, Goth und Stadion-Rock wirken aber nie zusammengewürfelt, sondern gekonnt kombiniert zu einem extrem atmosphärischen, tanzbaren Album ohne Filler: Jeder der neun Songs auf EBM ist ein potenzieller Indie-Hit. Da kann man sich nur auf die Wiedereröffnung der Clubs freuen und hoffen, dass Editors so oft wie möglich den Soundtrack liefern.
Editors – EBM
VÖ: 23. September 2022, PIAS
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