Foto-© Celine Sutter
I’m grateful for everything you put me through
It’s the only reason I’m any good to talk to
When I’m sick or suffering, I’ll still call you
About my big, sore sweet tooth
(Maya Hawke – Sweet Tooth)
Auch wenn man die Musik von Maya Hawke bisher vielleicht noch nicht gehört hat, ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass ihr Gesicht einem wohl vertraut ist – spätestens seitdem die 24-Jährige durch ihre Haupttätigkeit als Schauspielerin in Netflix’ Sci-Fi-Nostalgie-Serie Stranger Things ab Staffel drei in die Rolle von Robin Buckley geschlüpft ist. Von der Schauspielerei sind es das gesprochene Wort und die Lyrik, die für Hawke den Bogen zu Musik spannen und für sie so ganz natürlich diese zwei Welten verschmelzen lassen. “My favorite thing about music is lyrics […] “I think music is the best way to communicate poetry”, gab Hawke in einem Interview preis und nennt dabei Größen wie Bob Dylan, Leonard Cohen und Loretta Lynn als ihre liebsten Musiker*innen. Mit Moss veröffentlicht Hawke nun ihren Zweitling bei Mom + Pop Records, der auf ihr Debüt Blush aus dem Jahr 2020 folgt.
“Diese Platte heißt Moss, weil ich in den letzten Jahren viel gesammelt habe, denke ich. Ich saß still und sammelte eine grüne Decke aus Erinnerungen und Gefühlen”, erklärt Hawke über die insgesamt 13 neuen Songs, die sich irgendwo zwischen Folk und Indie-Pop ansiedeln. Stück für Stück streift die Musikerin die dicke, grüne Moosdecke ab, um zu schauen, was sich da so alles angesammelt hat und vertont zutiefst emotionale und intime Erkenntnisse ganz wunderbar sanft. “Jeder Song auf dieser Platte handelt von einem Anfang, der in einem Ende versteckt ist, von versteckten Reklamationen, wie ich mich selbst enttäuscht habe.” Wie Balsam geht das Fingerpicking der Akustikgitarre im Opener Back-Up Plan in die Gehörgänge, während Hawkes Gesang sich wie ein federleichter Nebel über alles legt. “I want to be anything you’ve lost, that you might be looking for”. Ein Song wie eine helfende Hand für den/die Freund*in in Not, der Ruhe und Zuversicht ausstrahlt. Ursprünglich als Gedicht verfasst ist das darauffolgende Stück Bloomed Into Blue eine Hommage an Musen wie Ariel, Eddie Sedgwick und Marie Thérèse, denen Hawke ein aufmerksames Ohr schenken möchte. Folkig steht die Gitarre auch hier im Mittelpunkt, doch Elemente wie kleine Klaviermelodien, Reverbs, rockige E-Gitarrenakkorde und gezielte Drums verhelfen dem Song zu einer schwebenden Tiefe mit sich andeutenden Unbehagen. Fröhlich und mit Death Cab For Cutie-Vibe vertont Sweet Tooth Erinnerung an vergangene Tage und die mütterliche Liebe, die einen bis heute noch formt, während Luna Moth Gefühlen aus Bedauern Platz gibt und der Schlusstrack Mermaid Bar ganz märchenhaft die Geschichte eines Mädchens erzählt, die durch einen eigentlich letzten Sprung in den Hudson River ein neues Leben auf dem Meeresgrund findet und ein Restaurant für sich versteckende Kreaturen eröffnet.
Das Ansammeln von Erinnerungen und Gefühlen unter der saftigen grünen Moosdecke hat sich für Maya als auch für uns wahrhaftig gelohnt – unter der schützenden Schicht sind so einige Folk-Pop-Juwelen und -Schätze gewachsen, deren Klang einfach gut tut.
Maya Hawke – Moss
VÖ: 23. September 2022, Mom+Pop Records
www.mayahawkemusic.com
www.facebook.com/MayaHawkeOfficial