MUFF POTTER – Bei aller Liebe


Foto-© Bastian Bochinski

Oh, dieses Wummern und Rattern
Dieser Sound ist so gewaltig, so Industrial, so International
Manchester, Chicago, Rheda-Wiedenbrück
Die große weite Welt der Ausbeutung
Fettfleck im Westen, Flecken auf der Weste
Aber diese Gewerbesteuereinnahmen, ein Träumchen
So they keep the city clean“

(Muff Potter – Nottbeck City Limits)

Nicht wie ein Phönix aus der Asche, sondern eher wie eine sich langsam entpuppende Raupe, sind sie tatsächlich mit einem neuen Studioalbum zurückgekehrt: Muff Potter. Mit der vorsichtigen (Live-)Wiedervereinigung 2018 hatte sich abgezeichnet, dass es weiter gehen kann. Irgendwann war man sich sicher, auch Songs kann man noch gemeinsam schreiben – dem Abgang des langjährigen Gitarristen Dennis Scheider zum Trotz. Die neue LP Bei aller Liebe ist nun also Comeback und Konsequenz eines bewussten Annäherungsprozesses.

Durch die 2020 veröffentlichte Single Was willst du? konnte man schon lange absehen, dass die Gruppe um Thorsten Nagelschmidt ihr eigenes Rad nicht nochmal neu erfinden würde, sondern vielmehr anknüpft an ihre Angry Pop Music, die bis heute in ihrer besonderen Art zwischen Rauheit und Zugänglichkeit und mit ihrer bescheidenen Tiefsinnigkeit so nicht nochmal zwischen Wien, Bern und Berlin auftaucht. Musikalisch hat trotz der altbekannten Linie eine hörbare Entwicklung stattgefunden. Alles klingt etwas größer, fetter, irgendwie auch internationaler, es passiert mehr an den Gitarren und Drums.

Dazu haben fast alle der zehn Nummern Hitpotenzial a la Wir sitzen so vorm Molotow, Von Wegen, oder Wenn dann das hier. Es bleibt immer scharf gesellschaftskritisch, wie soll es auch anders sein, bei einer Band, die sich doch irgendwo der Punkmusik verschrieben hat. Es knarzt mal sehr allgemein gegen Leistungsgesellschaft und Kapital (Ich will nicht mehr mein Sklave sein oder Wie Kamelle raus) und manchmal sehr explizit wie beim späten Höhepunkt des Albums Nottbeck City Limits, was den Tönnies Skandal zum Thema macht; mal wieder in Nagels signature Erzählstil und mit – natürlich – Refrain zum Mitgrölen.

Die Reime, die Wortwahl, die Menge an Verweisen und Bildern, die Nagelschmidt zeichnet, das ist groß und man kann nicht dementieren, dass er als sowieso schon begnadeter Songschreiber durch seine langjährige Autorenerfahrung nun noch eine Schippe auf die Songtexte drauf legen kann. Und auch die Energie der Band hat an nichts eingebüßt. Während in den 90ern und 2000ern noch viel junge überschüssige Energie aus den Songs übergequollen ist, ist sie jetzt viel mehr gerichtet; direkter und ernster. Nicht zuletzt das gibt dem Album die nötige Distanz zu seinen Vorgängern, ohne aber auch nur im Geringsten eingebüßt zu haben.

Bei aller Liebe kommt genau zur richtigen Zeit, um der altgewordenen und alternden Rockszene in Deutschland einen alten frischen Wind mitzugeben. Muff Potter sind zurück, sie haben gefehlt!

Muff Potter – Bei aller Liebe
VÖ: 26. August 2022, Hucks Plattenkiste
www.muff-potter.de
www.facebook.com/muffpotterofficial

Muff Potter Tour:
05.10.22 Köln, Gloria Theater
06.10.22 Wiesbaden, Schlachthof
07.10.22 Jena, Kassablanca
14.10.22 Hamburg, Uebel & Gefährlich
15.10.22 Berlin, Festsaal Kreuzberg
02.11.22 Leipzig, Conne Island
03.11.22 Nürnberg, Z-Bau
04.11.22 München, Freiheiz
05.11.22 AT-Wien, Flex
09.11.22 Saarbrücken, Garage
10.11.22 Düsseldorf, Zakk
11.11.22 Münster, Skaters Palace
12.11.22 Bremen, Schlachthof

YouTube Video

Christian Weining

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