Foto-© Molly Keane
The old piano, it falls out of tune
But I made you a promise, I’d play it for you
So you listen in the corner with your faded swan tattoo
Suddenly all of my wishes came true but
Nobody knows that I drove here to see you
I guess it’s easier out of the light
So we lie in your room playing songs on the speakers
I was dreaming of this but I was nervous that night
(Sorcha Richardson – Holiday)
Sorcha Richardson ist mit 18 Jahren von Irland nach New York gezogen, um Musik zu machen. 2019 zieht sie wieder in Dublin und hat im Transitprozess ihr wunderbares Debütalbum First Prize Bravery geschrieben. Eine Pandemie später erschien letzten Freitag ihr zweites Album Smiling Like An Idiot via Faction Records. Es entstand zu einer Zeit, in der sie eigentlich die Tour zum Debüt spielen wollte. Stattdessen zog sie in das Haus ihrer verstorbenen Großeltern, verwandelte das Wohnzimmer in ein improvisiertes Heimstudio und stürzte sich erst allein in die Arbeit und dann in einen monatelangen Hass-Liebe-Prozess mit fast täglichen Sitzungen via Zoom mit dem in LA lebenden Produzenten Alex Casnoff. Thematisch dreht sich das Album vor allem um eine bestimmte Beziehung – es geht darum, sich in eine Person und einen Ort (Dublin) zu verlieben und die Verknüpfung dieser beiden Gefühle.
Den Minimalismus der Aufnahmesituation hört man dem Album auf eine gute Art an. Nichts ist übertrieben, in der Sparsamkeit der Arrangements liegt der Zauber der elf Alt-Pop-Songs. In den Stücken erkundet Richardson tiefgründig die ambivalenten Gefühlswelten, die Neuanfänge innehaben. So wirkt Spotlight Television erst einmal wie ein klassisch-schwärmerisches Liebeslied, die Lyrics gehen jedoch tiefer: “I’ll keep getting smaller for you / Anything that I can do.” Auch Stalemate und Purgatory handeln von selbstzerstörerischen Impulsen und Problemen, die man schwer ablegen kann und sind neben der mit Discoanleihen gespickten Nummer Shark Eyes die Highlights der düsteren ersten Hälfte des Albums. Besonders im Ohr bleiben in der zweiten Hälfte der Rhythmus von Hard to Fake It und die außergewöhnlich schöne Lyrik von Holiday. Good Intentions ist ein Juwel und besticht durch den wunderbaren Mix aus Indie-Gitarren und Shoegaze und wirkt dabei leicht und schwer gleichzeitig. Smiling Like An Idiot ist das letzte Stück der Platte und hinterlässt ein nachdenkliches Gefühl der Weite.
Smiling Like An Idiot besticht durch das Zusammenspiel aus Minimalismus, eine natürliche und leichte Detailverliebtheit und die poetischen Texte von Richardson. Wieder einmal fängt sie intelligent und augenzwinkernd eine Zeit des Umbruchs über kleine Momente und Gedanken ein. Auch klanglich wird das Album durch die Vielschichtigkeit nie langweilig. Man hat das Gefühl, ein Gespräch mit einer guten Freundin zu führen, den eigenen Gedanken freien Lauf zu lassen und immer wieder inspiriert zu werden. Ein wunderbares zweites Album von einer Ausnahmekünstlerin, die sicher nicht mehr lange ein Geheimtipp bleiben wird.
Sorcha Richardson – Smiling Like An Idiot
VÖ: 23. September 2022, Faction Records
www.sorcharichardson.com
www.facebook.com/sorcharichardsonmusic
Sorcha Richardson Tour:
20.11.22 Köln, Jaki
21.11.22 Berlin, Prachtwerk
22.11.22 Hamburg, Hebebühne