VELVET NEGRONI – turbulente Zeiten

Foto-© Aaron Rice

Jeremy Nutzman, alias Velvet Negroni, hat, obwohl der Name noch lange nicht mehr als ein Geheimtipp ist, schon einige Erfolgsgeschichten vorzuweisen: ein Support-Slot auf der Bon Iver US-Tour, dort trifft er Kid Cudi und Kanye West, was ihm einen Writer-Credit auf deren Kollaborationsalbum Kids See Ghosts beim Song Feel the Love einbrachte. Es folgt das Signing bei B4, dem Sub-Label von 4AD, 2019 die Veröffentlichung seines Debüts Neon Brown. Danach wird es erstmal still um den Newcomer, der in Minneapolis als schwarzes, adoptiertes Kind in einer weißen, evangelischen und streng christlichen Familie aufwuchs. “I started using drugs again in a negative manner”, erzählt er heute und führt weiter aus: “and felt like I lost all my friends or their respect. And then there was Covid, and I was at home, then my CashApp got hacked. And because of that I got paranoid as fuck for a long time and stayed in the house.”

Doch das neue Velvet Negroni-Album Bulli, das am 13. Januar 2023 via 4AD erscheint, ist keineswegs ein Ergebnis der Unsicherheit und Einsamkeit – stattdessen die Rückbesinnung auf eine Kollaboration mit Hunter Morley, mit dem Nutzman zuvor beim Bandprojekt Pony Bwoy schon zusammengearbeitet hatte. Die beiden zogen zusammen und begannen unmittelbar an neuen Songs zu arbeiten. “I was so grateful to have found a producer who was willing to work with me, it felt like,” lacht Nutzman heute rückblickend, “Cos I just didn’t feel good about myself at all.” Doch das Schicksal meinte es wieder nicht gut mit Nutzman – als ein Feuer das Haus, in dem er lebte, bis auf den Grundriss niederbrannte: “I was in my bedroom watching TV and the TV shut off and I couldn’t figure out why, and there was such a racket going on outside. Then I left my room and the kitchen was engulfed in the thickest orange flames and black smoke, and it was so hot.” Nur mit ihren Laptops retteten sie sich aus dem Haus. “It’s funny because I always imagined what it would be like to be in that situation, thinking I would be able to think on my feet, but that’s not really an option. I ran outside into the snow in my socks, and watched my house burn while we waited for the firefighters.” Als sich der Rauch gelegt hatte, suchten sie das zurückgelassene Equipment zusammen, nahmen es in den folgenden Wochen auseinander und reinigten es, bis es wieder funktionierte. Nutzman quartierte sich in einem Studio ein, während Morley bei einem Freund unterkam. Doch nicht nur das Equipment hatte sich verändert, auch das Mindset der beiden, weshalb Nutzman heute sagt: “It sort of distorted everything”, sagt er über das Feuer, “Looking back, it had to have.” 

Als erster Vorbote des Albums, das Nutzman selbst nicht in voller Länge ertragen kann – zu persönlich sind die Texte, zu tief die persönlichen Einschnitte, die damit verbunden sind – erscheint heute die erste Single Sinker, die wieder zeigt, dass sich Nutzman nicht auf einen Sound festlegen lässt, sondern sich immer wieder als frische, neue Stimme durch die Genres tummelt.

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Dominik

Bedroomdisco-Gründer, Redaktions-Chef, Hans in allen Gassen, Golden Leaves Festival Booker, Sammler, Fanboy, Exil-Darmstädter Wahl-Hamburger & happy kid, stuck with the heart of a sad punk - spreading love for great music since '08!

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