Foto-© Ben Rayner
Things are shit but they’re gonna be ok
And I’m gonna see the otters
There aren’t any otters
There are
Well we can check
And I’m gonna see the water caterpillar
Purple hair in the Coop
Purple hair in the Alpen
I’d love hold you across the middle and be your shoulder bag
(Dry Cleaning – Kwenchy Cups)
Nach dem innovativen Debütalbum New Long Leg (2021) veröffentlichen Dry Cleaning ein Anschlusswerk, das ihren Status als großartige Album-Band untermauert. Das Zusammenspiel des Surrealismus der Texte mit kantigem Post-Punk und Indie-Anleihen funktioniert auch auf Stumpwork am besten im Bündel – zusammengehalten von energetischen Gitarren, detailverliebten musikalischen Feinheiten und dem scheinbar abgeklärten Sprechgesang von Florence Shaw. Dry Cleaning ist eine Band, die im Wörterbuch neben Wiedererkennungswert stehen könnte. Die zweite Platte, die nun bei 4AD erscheint, knüpft genau da an, wo das Debüt aufgehört hat und liefert mehr von dem Stoff, der den rasanten Erfolg der Londoner:innen begründete ohne einfallslos zu wirken. Ganz im Gegenteil. Stumpwork ist gespickt von Momenten, die im Ohr und im Gedächtnis bleiben und besser werden, je mehr man davon aneinanderreiht.
Das sind zum Beispiel die Klarinetten auf der Vorab-Single Anna Calls From The Arctic. Der Text wurde teilweise durch Telefonate mit einer Freundin inspiriert, die in der Arktis lebt und arbeitet, musikalische Inspiration lieferten die dramatischen Partituren von John Barry. Das fasst die Erfolgsformel der Band auch schon gut zusammen: Alltäglichkeit mit einem Schuss Absurdität steht neben ausgeklügeltem Effekt. Dieser Effektmoment findet sich ebenfalls im futuristischen Intro des Titeltracks Stumpwork, das dann leider etwas in der Spannung abfällt und die Aufregung des Anfangs nicht wiederaufnimmt. Das lebendige Kwenchy Cups und das vergleichsweise sanfte Gary Ashby werden vor allem getragen durch die Eingängigkeit der Gittarenlinien mit surreal-ausdrucksstarken Lyrics, wunderbar gleichgültig vorgetragen. Auf Driver’s Story ist es einmal wieder der geniale Bass von Lewis Maynard, der den Track zu einem der besten der Platte macht. Es ist kein Zufall, dass die bisher genannten Stücke im ersten Teil des Albums zu finden sind. Auf der zweiten Hälfte groovt man emotional zwar noch im Dry-Cleaning-Universum mit, die eingangs beschworenen Euphoriemomente bleiben jedoch größtenteils aus. Es scheint ein bisschen die Luft raus. Auf Liberty Log verliebt man sich erneut in Maynards Bass, sonst rauschen Songs wie Don’t Press Me oder No Decent Shoes For Rain gefälliger als der Rest der Platte ohne größere Stolpersteine vorbei.
Trotzdem ist Stumpwork ein Album, das man gerne immer wieder hört. Vor allem die erste Hälfte zeugt von dem untrüglichen Gespür der Band, vorerst konträr erscheinende Elemente so gelungen zu kombinieren, dass ein wirklich einzigartiger Sound entsteht. Die Genialität liegt hier wahrlich im Teamwork. “Things are shit, but the they’e gonna be okay”, heißt es in Kwenchy Cups – das Zweitlingswerk von Dry Cleaning trägt in jedem Fall dazu bei.
Dry Cleaning – Stumpwork
VÖ: 21. Oktober 2022, 4AD
www.drycleaningband.com
www.facebook.com/drycleaningband
Dry Cleaning Tour:
09.11.22 Köln, Club Volta
18.03.23 Hamburg, Knust
22.03.23 Offenbach, Hafen 2
23.03.23 München, Strom
28.03.23 Leipzig, UT Connewitz
29.03.23 Berlin, Festsaal Kreuzberg