ANDREAS IHLEBÆK – Nowhere Everything


Foto-© Mina Wang-Andersen

No one told me how
To listen to the crowd
But I will find
A place for us.

So put Your hand in mine
I’ll be here for all time
And we will find
A place for us.

(Andreas Ihlebæk – A Place For Us)

Als „Norwegian folk tale“ bezeichnet Andreas Ihlebæk sein neuestes Album, den (Achtung, Spoiler!) herausragenden Nachfolger der Instrumentalwerke Northern Lullabies (2020) und I Will Build You A House (2021). Und tatsächlich erzählt der vor 45 Jahren in Oslo geborene Pianist auf Nowhere Everything mit zauberhaften Melodien und diesmal auch wieder mit Vocals – seinen eigenen und denen mehrerer Gastsängerinnen – geheimnisvolle, wundersame Geschichten.

Wie ein freundlicher Märchenonkel tritt Ihlebæk beispielsweise im Spoken-Word-Teil von Never Needed Nothing auf, einem siebenminütigen Song von außergewöhnlicher Raffinesse. Wenn es derzeit überhaupt einen Vergleich zu dieser faszinierend stillen, fantasievollen Musik zwischen Nordic Folk, Kammer-Pop, Soul, Jazz und Neoklassik gibt, dann ist es wohl der Franzose Yann Tiersen mit seinem Kino-Soundtrack Die zauberhafte Welt der Amélie von 2001.

Für Ihlebæks ähnlich fein gesponnene aktuelle Stücke könnte sich ein passendes Film-Umfeld durchaus noch finden lassen. Denn Tracks wie Wolves Must Also Sleep oder A Place For Us erzeugen fast zwangsläufig Kopfkino-Bilder. Zudem hat der Norweger mit regelmäßigen Veröffentlichungen beim ambitionierten Klassiklabel Naxos längst bewiesen, wie gut er sein Handwerk als Klang-Maler versteht – unter anderem auch als Komponist für Animations-, Kurz- und Dokumentarfilme.

Als Singer-Songwriter trat Ihlebæk erstmals vor fünf Jahren größer ins Rampenlicht – mit The Guest, einem in viele Richtungen offenen Pop-Wunderwerk. Die Einflüsse reichten von George Gershwin und Chet Baker über Burt Bacharach und Brian Wilson bis zum soulgesättigten Gesang eines Jeff Buckley. Der Komponist aus dem hohen Norden Europas nannte seine Musik damals selbst „fjellsoul“, also „Berg-Soul“.

Mit den von wärmenden Streicher-Arrangements verzierten Tracks auf Nowhere Everything führt Andreas Ihlebæk nun in gut 50 Minuten Albumlaufzeit seine vielen Talente bündig zusammen. Das Ergebnis ist sicher keine Platte zum Nebenbeihören (wobei die Musik auch im Hintergrund funktioniert, dafür aber natürlich viel zu schade ist). Es lohnt sich besonders in den dunklen Herbst- und Winterwochen, diesem norwegischen Artpop-Storyteller zuzuhören – vorzugsweise unter einem guten Kopfhörer.

Andreas Ihlebæk – Nowhere Everything
VÖ: 18. November 2022, NXN Recordings
www.andreasihlebaek.com
www.facebook.com/andreas.ihlebaek

YouTube Video

Werner Herpell

Mehr erfahren →