Foto-© Universal Music
I’d do anything for smiles,
I’d move Heaven and Earth
Nobody told me at the start
How heaven can hurt
I’ll be waitin’ under streetlight at Bowery and 3rd
Know I was waitin’ on ya
(Dermot Kennedy – Innocence & Sadness)
Ach, Dermot Kennedy. Ach man. Wie Obelix ist er in einen Kessel voller elektronischer Effekte gefallen, eine Prise Autotune, eine ordentliche Portion Beats, das volle Programm – doch verleiht ihm das eine neue Superkraft? Hm. Wo sich bei seiner Single Giants, die an den großen Debütalbum-Erfolg anknüpfen sollte und das auch mit Bravour schaffte, schon einige abmeldeten und die Geister sich beim MEDUZA Feature Paradise schieden, treibt das neue Album Sonder diese Spaltung jetzt weiter voran.
Das ist kein brandneues Phänomen. Bastille griffen vor ein paar Jahren in diese Kiste, das neue George Ezra-Album klingt wie eine Schwester von Sonder. Mit etwas Glück geht eine der poppigen Bridges bei TikTok viral und landet in den wichtigen Charts ganz oben. So funktioniert Musik schließlich heutzutage — leider. Doch die Dermot Kennedy-Hörerschaft, die auf dramatische, schwere Songs plädiert, und textlich in den Schwitzkasten genommen werden will, bleibt enttäuscht am Rand stehen.
Versteckt hinter einem Wald aus belanglosen Popbeats kommt dann doch nach ein paar Tracks ein Stückchen Vertrautheit zurück. Dass der Track dann ausgerechnet Innocence & Sadness heißt, ist definitiv ironisch. Danach geht es überraschenderweise bergauf, auch wenn man sich das nach dem Intro kaum noch eingestehen will. Dermots grandiose Stimme verschwindet nicht mehr endgültig hinter der Produktionswand, und trotzdem bleibt Raum für beatgetriebene Dynamik. Das eine schließt das andere also gar nicht aus, es kommt eben nur auf die richtige Mischung an.
Wer sich ein richtiges Herbst-Schittwetter-Kuschel-dramatisch traurig sein-Album wie Without Fear gewünscht hat, wird auf der Langstrecke leider enttäuscht. Und selbst, wenn das große Thema der Platte Weiterentwicklung und über den Tellerrand blicken ist, bleibt am Ende nur das Fazit: Schuster, bleib bei deinen Leisten! Die Songtexte sind durch die Bank weg weniger verkopft und anspruchsvoll, seltener hat man das Bedürfnis, eine Songpassage bei der nächsten Lyricsseite zu kopieren und in die Welt hinaus zu posten, weil man das grade so sehr fühlt.
Sonder ist musikalisch gereifter als Without Fear und die Motivation, nicht jeden Song zu einem todtraurigen zu machen oder zumindest mal die Musik als einschneidenden Gegensatz zu schaffen, ist vollkommen nachvollziehbar. So richtig abholen tut es einen aber am Ende nicht. Und wenn doch, dann ist die große Frage: Wohin eigentlich?
Dermot Kennedy – Sonder
VÖ: 18. November 2022, Islands Records
www.dermotkennedy.com
www.facebook.com/dermotkennedymusic
Dermot Kennedy Tour:
02.03.23 Leipzig, Haus Auensee
07.03.23 Stuttgart, Porsche Arena
09.03.23 Hannover, Swiss Live Hall
15.03.23 Frankfurt, myticket Jahrhunderthalle
16.03.23 München, Zenith
18.03.23 Berlin, Verti Music Hall
21.03.23 Hamburg, Barclays Arena
22.03.23 Köln, Palladium