Foto-© Nadia Wardi
I must
I must first of all say
I am woman
And I won’t I won’t
Let the genius die
Inside of her
(Kira Hummen – First Of All)
Kira Hummen ist sich selbst ein ganzes Stück näher gekommen. Verschluckte die Pandemie in gewisser Weise noch die Veröffentlichung ihres Debüts Growing Pains, glänzt ihr Zweitling My Body Is The Only Place im vollen Rampenlicht, was zuletzt auch durch einen umjubelten Auftritt der Düsseldorferin bei der c/o Pop 2022 attestiert wurde. Simpel gehaltene Beats aus dem Drumcomputer, eine federführende E-Gitarrenmelodie, Synthies und gedoppelte Vocals untermalen die Botschaft des Titelsongs, die in die insgesamt neun Tracks der Platte verwoben ist: My Body Is The Only Place – hier geht es um wichtige Themen wie Sicherheit im eigenen Körper, freie Selbstbestimmung und die Identität als Frau in der heutigen Gesellschaft.
So eröffnet die Textzeile “I must first of all say / I am woman” des Openers First Of All die Platte – inspiriert durch das sozialgeschichtliche Buch The Second Sex der französischen Philosophin Simone de Beauvoir. Vertrackte Beats erklingen hier in einem sanften Soundgerüst, während Hummens Gesang trotz Mehrstimmigkeit und teilweise gepitchten Effekt glasklar heraussticht: “And I won’t I won’t / Let the genius die / Inside of her”. Mit einem Mix aus Indie, Hip Hop und Avantgarde erklingt der darauf folgende Track Hysteria über beständige Selbstliebe und Selbstwertgefühl mit einem loopartigen Gitarrenmotiv, über das sich ein Bouquet an Vocals entfaltet – mal ganz nah an unseren Ohren geflüstert, mal verzerrt oder mit engelsgleicher Stimme durch die Zeilen huschend. Im Stück I Wanna Give Up wirft die Musikerin – die übrigens die Songs in ihrem Bedroom-Studio über eine Zeitspanne von zwei Jahren aufnahm – die Frage in den Raum, wie schön es doch vielleicht wäre, einfach mal alles stehen und liegen zu lassen. Aufgeben kann sich so schön anfühlen, wenn die Muse eh nicht so richtig auffindbar ist und die schnelllebige, immer digitaler werdende Welt da draußen die Kreativität der Künstler*in so oft ermüden lässt.
Experimentierfreudig und wunderbar verspielt sind die neuen Lieder der Düsseldorferin, sodass die Zeit während des ersten Hördurchlaufs förmlich wie im Fluge vergeht. Hier vereinen sich Elemente aus Psychedelic-Rock (Warm Sound Of Thick Strings) mit melancholischen Indie-Electronic-Pop (Under Water) und etwas Soul (Blood) zu einem beeindrucken zweiten Longplayer, der mit ernsten Inhalten und cleverem Songwriting zu berühren weiß.
Kira Hummen – My Body Is The Only Place
VÖ: 18. November 2022, Listenrecords
www.kirahummen.com
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