Foto-© Angela Ricciardi
I am the letter sitting on your desk
I contain all of the loneliness
You won’t share with your friends or even your closest confidants
You are the walls and floors of my room
You contain my body and all of my moods
I fill you with objects that care for me too
(Skullcrusher – You are my House)
Was den Sound einer zerberstend anmutenden Metalband erwarten lässt, entpuppt sich schon beim ersten Hinhören als das Gegenteil davon. Denn hinter Skullcrusher verbirgt sich Helen Ballentine, eine Songwriterin aus Los Angeles, die schon seit ihren ersten Singles in 2020 als eine der Newcomerinnen der Pandemiejahre gehandelt wird. Nun ist ihr Debütalbum, Quiet the Room via Secretly Canadian erschienen und beweist erneut, dass hinter dem zunächst irritierenden Namen der Inbegriff sanft vertonter Melancholie steckt.
Obwohl ihr Hauptinstrument eigentlich das Klavier ist, ist es sehr simpel geschlagene oder gezupfte Akustikgitarre, die meist den Grundstein für Ballentines Ambient-Folk Songs legt, perfekt eingesetzt zum Beispiel bei Whatever Fits Together. Sie kreiert damit keinen innovativen Sound, denn nicht zuletzt Kolleginnen wie Grouper oder Phoebe Bridgers erzeugen auf unterschiedlichen Ebenen sehr ähnliche Strukturen, Stimmungen und Melodien. Doch ist es der durchgehende Dualismus von cleaner Gitarre oder weichem Piano mit der ganzen Bandbreite an Ambient Werkzeugen, der doch einen eigenen Skullcrusher Sound formen und behaupten kann; Field Recordings, Synthesizer, Drone Sounds und ganz viel Hall inklusive.
Ihre meist sehr kurzen aber dafür melodiös ausgearbeiteten Texte sind fragend, auf der Suche nach Antworten über ihr eigenes Ich, ihre Kindheit und den Prozess des Erwachsenwerdens. Mit gleißender, hoher und sanfter Stimme wohnt dem immer eine solche Schönheit inne, dass der Atem hin und wieder ins Stocken gerät. Trotz der vielen Sounds, die Ballentine gekonnt um die offenen Akkorde fließen lässt, hat das Album einen sehr minimalistischen Gestus. Irgendwo zwischen verstaubten schwarz-weiß Bildern an geisterhaften Orten und dem melancholischen Blick aus dem Fenster auf einem Road-Trip durch die Staaten entstehen die Bilder, die die 14 Songs festzuhalten versuchen. Viel mehr als das braucht es nicht, um die Sehnsucht nach melancholisch-musikalischen Momenten zu stillen, die auch auf Quiet the Room so gut dabei funktionieren, die eigenen Gefühle und Gedanken nach oben zu spülen und Momente hoher Intensität zu erzeugen.
Bei Skullcrusher funktioniert es besonders gut. Die lyrische Dimension ihrer Songs ist oft phrasenartig, poetisch und sehr unmittelbar. Zwar erlaubt das weniger eigene Bezugspunkte, doch dafür fügt es sich wunderbar ein in Ballentines schattenhaft gezeichnete Welt zwischen Selbstzweifel und Kinderzimmer. Skullcrushers erste LP ist Melancholie pur höchster Güte, ein bemerkenswertes Debüt und es stillt lange nicht den Durst nach mehr davon.
Skullcrusher – Quiet the Room
VÖ: 14. Oktober 2022, Secretly Canadian
www.skullcrusher.online
www.facebook.com/SkullcrusherLA
Skullcrusher Tour:
10.02.23 Berlin, Silent Green
11.02.23 Köln, Die Wohngemeinschaft