Foto-© Universal Music
And it’s like snow at the beach
Weird, but fuckin’ beautiful
Flying in a dream
Stars by the pocketful
You wanting me
Tonight feels impossible
But it’s comin’ down
No sound, it’s all around
(Taylor Swift feat. Lana Del Rey – Snow On The Beach)
Taylor Swifts kreatives Schaffen über die letzten Jahre ist beeindruckend und beispiellos. Das Super-Hit-Album 1989 aus dem Jahr 2014 ließ mit der Lead-Single Shake It Off gefühlt die ganze Welt mitsingen und fasste mit einer kompletten Album-Coverversion von Ryan Adams sogar Fuß im Indie-Singer-Songwriter-Universum. Die beiden 2020 erschienenen Alben evermore und folklore bauten diese Annäherungsversuche zum Indie – wohlgemerkt poppig und logischerweise immer nahe am Mainstream – inklusive Kollaborationen mit Bon Iver, Aaron Dessner und Produzenten Jack Antonoff weiter aus. Und als wäre das nicht schon genug, nahm die Musikerin nebenbei ihre ersten sechs Album als sogenannte Taylor’s Versions neu auf, um die Kontrolle über die Songs von ihrer alten Plattenfirma zurückzugewinnen, nachdem diese den Katalog verkaufte. Am 21. Oktober war es dann Zeit für ein neues Kapitel, als um Mitternacht ihr zehntes Studioalbum Midnights in Produktion mit ihrem mittlerweile Langzeit-Kollaborateur und derzeit wohl gefragtesten Superstar-Produzenten Jack Antonoff erschien.
“Das ist eine Sammlung voller mitten in der Nacht geschriebener Musik, eine Reise durch Schrecken und süße Träume”, gab Swift während der Albumankündigung über das Konzept der insgesamt 13 neuen Songs bekannt. Ein durchaus nachvollziehbarer und interessanter Ansatz – sind es doch so oft die unruhigen, schlaflosen Nächte, in denen die Gedanken nicht zur Ruhe kommen wollen und endlose Kreise im Kopf drehen. Warum diese Situation also nicht in einem kreativen Prozess bündeln? Ehe die Uhr Mitternacht schlägt, fließen die Texte und Melodien also nur so aus Taylors Songwriting-Feder.
Getragen von einem elektronischen Beat und modulierten Falsett-Backing-Vocals liefert Lavender Haze einen fast schon überraschend heiter-poppigen Einstieg. Taylor ist hier hellwach und verwebt bittersüße Lyrics in den Song hinein: “Staring at the ceiling with you / Oh, you don’t ever say too much / And you don’t really read into / My melancholia”. Der Soundtrack eines frisch verliebten Paares oder ein Break-Up-Song – beides ist hier denkbar. Auch im zweiten Track Maroon wird die Thematik in Form einer über die Jahre gereiften Love-Story gepaart mit tiefen Beats fortgeführt, während lediglich Taylors Stimme Lichtblicke in dieser etwas düsteren Soundkomposition hervorbringt. Selbstzweifel und eigene Ängste werden in der Lead-Single Anti-Hero thematisiert und machen auch diesen Song zumindest inhaltlich zu einer eher düsteren Kost. Im Kontrast dazu steht der mal wunderschön schwebend gesungene Gesang, der aber auch mal am Boden der Tatsachen verankert in fast schon gesprochener Form erklingt. Über eine Länge von etwas mehr als 44 Minuten liefert das Album eine unglaubliche Fülle an kreativen Feinheiten und detaillierten Sound- und Liedstrukturen. Von gepitchten Vocals gepaart mit bittersüßen Texten (Midnight Rain) hin zu Synthie- und E-Orgel-Spielerein (Labyrinth) über verträumte Zuversicht (Sweet Nothing) und schwebenden Arpeggios (Mastermind). Besonders sticht der mit Lana Del Rey im Duett gesungene Song mit dem wunderschönen Titel Snow On The Beach hervor. Dezent und leicht wie Schneeflocken vertonen hier Streicher, Gitarren und Tasteninstrumente den Once-in-a-Lifetime-Moment, wenn zwei Personen sich gleichzeitig ineinander verlieben.
Midnights liefert genau das, was der Titel verspricht – Momente voller Intimität und Geschichten, die bei Nacht erzählt einfach hundertmal intensiver wirken. Wer Taylor folgt und ebenfalls noch ein bisschen länger wach bleibt, wird mit einem einmaligen Hörerlebnis belohnt, das die eigenen Gedanken kreisen lässt und direkt ins Herz greift.
Taylor Swift – Midnights
VÖ: 21. Oktober 2022, Republic Records
www.taylorswift.com
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