LEFTFIELD – This Is What We Do


Foto-© Steve Gullick

Rock da house y‘all, put your hands in the air!

(Leftfield – This Is What We Do)

Moment mal, war da nicht mal etwas? Richtig, früher tauchte die Ansage, die ihr da oben lest, ständig auf. In Rok Da House etwa, der ersten Single der britischen Produktionscrew Beatmasters aus dem Jahr 1987. Tracks dieser Art liefen nonstop auf Partys, die illegal in leeren Lagerhallen stattfanden und die UK-Dance-Kultur der Zeit prägten. Der ganzen Aufregung konnte sich auch Neil Barnes nicht entziehen. Er lieferte mit Not Forgotten eine erste Leftfield-Kostprobe und veröffentlichte sie 1990 auf Outer Rhythm. Alles lief über einen 4/4-Beat. Bruchstücke von Gesang, Trommeln, ethnische Laute und Breaks aller Art begeisterten. 32 Jahre später geht es weiter. Barnes und Kollaborateur Adam Wren kehren mit dem vierten Leftfield-Album This Is What We Do zurück. Und was ruft da jemand im Titeltrack? Rock the house! Dazu Cowbells, Sci-Fi-Atmo und Sounds aus Zeiten, als man Electro und Hip-Hop erstmals vermischte.

In Full Way Round singt Grian Chatten als Feature-Gast. Ein interessantes Detail, wenn man bedenkt, dass Leftfield einst mit Open Up und John Lydon als Sänger bekannt wurden. Original, ein weiterer Höhepunkt auf dem gefeierten Debütalbum Leftism, entstand in Zusammenarbeit mit Toni Halliday von Curve. Vor sieben Jahren waren Sleaford Mods auf dem dritten Album Alternative Light Source zu hören. Es gibt eine konstante Verbindung zu Punk und Rock bei Leftfield, sie ist Teil des Rezepts. Chattens Stil passt perfekt ins Bild. Um was es geht? Angeblich um eine wilde Taxifahrt nach einer langen Nacht in der Stadt. Der Kontakt zum Frontmann von Fontaines D.C. kam über einen gemeinsamen Bekannten von ihm und Georgia zustande. Die Synth-Funk-Produzentin (Seeking Thrills) ist die Tochter von Barnes.

Wo wir schon Leftism erwähnen: Earl Sixteen eröffnete das epochale Album mit Release The Pressure. Dieses Mal ist er wieder dabei, in Rapture 16. Dub und Reggae sind ein weiterer Baustein, so wie man es bei einer Band aus London erwarten darf. In City Of Synths glaubt man dagegen, dass Kraftwerk Echos aussenden. In eine ähnliche Richtung geht Machines Like Me mit Vocoder-Voice und Pop-Appeal. Technologie spielte bei Barnes zuletzt nicht nur im Studio eine Rolle. Bei ihm wurde Darmkrebs diagnostiziert, er musste operiert werden. Scheidung und Depression machten ihm zudem zu schaffen, er hatte Termine beim Therapeuten. Ein Stück weit kann man das alles erahnen. This Is What We Do ist ein Album, auf dem Tiefgang eine Rolle spielt. Mehr als bei vielen anderen Veröffentlichungen im Genre.

Damit keine Missverständnisse aufkommen: Natürlich tun Leftfield auch was für Freunde der Rave-Ära. Mit Pulse und Accumulator werden Inneneinrichtung, Nervensysteme der Nachbarn und noch einiges mehr einer Belastungsprobe unterzogen. Dieses Duo hat sich ja auch wegen seines wuchtigen Live-Vortrags einen Namen gemacht. Bei Konzerten in Benelux und Britannien rieselte bei andauerndem Bass-Bombardement schon mal das Mauerwerk. So sehr, dass die Polizei kam, Eintrittsgeld erstattet oder Spielverbot ausgesprochen wurde. Vor Weihnachten stehen bei Leftfield ein paar Auftritte auf der Insel im Kalender. Wohl aus diesem Grund sind Ohrenstöpsel in einigen Drogerien bereits ausverkauft. Kluge Kunden ahnen: Barnes ist 62 und trotz allem kein bisschen zaghaft.

Leftfield – This Is What We Do
VÖ: 2. Dezember 2022, Virgin Music
www.leftfieldmusic.com
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