Bedroomdisco Alben Top 50 – 2022!

20 - 11

20. Sharon Van Etten – We’ve Been Going About This All Wrong

Im Mai 2022 erschien mit We’ve Been Going About This All Wrong das sechste Album von Sharon Van Etten. Aufgenommen in ihrem Heimstudio in Los Angeles erzählt es von Komplikationen, verzweifelten aber auch hoffnungsvollen Momenten der letzten zwei Jahre. Es ist ihre epischste, aber auch dunkelste Platte. We’ve Been Going About This All Wrong beschäftigt sich damit, wie wir fühlen, trauern und unsere Handlungsfähigkeit zurückgewinnen, wenn wir glauben, dass die Welt – oder zumindest unsere Welt – auseinanderfällt.

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19. Wilco – Cruel Country

Wenn die Virtuosenband Wilco auf ein Album groß “Country” draufschreibt, kommt natürlich kein traditionelles Cowboyhut-Ding dabei heraus. Mit ihrem neuesten Doppelalbum, das in Kürze endlich auch auf Vinyl und CD erscheint, dehnt das Chicago-Sextett um Jeff Tweedy die Genregrenzen lässig in Richtung Folkrock, gesellschaftskritische Singer-Songwriter-Musik und schwebende Americana-Balladen. Ein weiteres Meisterwerk in der fast 30-jährigen Karriere dieser US-Truppe – kongenial zusammengefasst im unfassbar schönen Song Many Worlds.

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18. Rosalía – Motomami

Rosalía ist seit ihrem Debüt Los Ángeles (2017) in ihrer spanischen Heimat eine echte Größe. Mit ihrem dritten Album Motomami hat sie aber endgültig den internationalen Durchbruch geschafft. Sie präsentiert Flamenco (den sie übrigens an der renommierten Escuela Superior de Música de Cataluña studiert hat) in neuem, progressiven Gewand, kombiniert Pop, traditionelle Klänge, Hip Hop und Reggaeton so leichtfüßig und gegenwärtig, dass man nur in die Knie gehen kann. Abgesehen davon ist Rosalía in Stil, Ästhetik und Attitüde so arschcool, dass man sowieso keine wahl hat, als sie innig zu lieben!

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17. Caamp – Lavender Days

Schon bei den ersten Akkorden von Caamps neuem Longplayer Lavender Days weiß man ganz genau, was man bekommt: warme Gitarren-Sounds und sonnigen Folk Rock, perfekt zum Aalen auf dem Balkon oder für einen Tag am See. Die entspannte Mischung aus Gitarren, Klavier und Taylor Meiers rauer und rauchiger, aber anschmiegsamer Stimme erinnert an die Fleet Foxes oder Of Monsters And Men. Die Mitglieder der Band stammen aus Columbus in Ohio, dem Mittleren Westen der USA, und schöpfen aus ihrer Heimatwelt kreative Inspiration, wenn sie Liebe, Verlust, kleine Freuden und die Romantik des einfachen Lebens besingen. Dabei greifen sie auf einen Fundus von typisch US-amerikanischen Motiven und Musiktraditionen zurück: Das Lebensgefühl von Country-Pop mit einer gewissen Verspieltheit, und doch immer in Blues-Manier ein Hauch Melancholie dabei.

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16. Mitski – Laurel Hell

Nachdem Mitski 2019 beschloss, dem Musikgeschäft den Rücken zu kehren, realisierte sie, dass ihr Plattenvertrag noch ein letztes Album vorsah. Und so kam es dazu, dass die amerikanische Künstlerin uns noch einmal elf Songs bescherte. Auf Laurel Hell blieb sie ihrem 80er-Pastiche-Synthie-Sound treu, eröffnete jedoch neue thematische Tiefen. Neben Songs über Liebe und Verlust, handelt das neue Album eben auch von ihrem schwierigen Verhältnis zum Musikgeschäft. In Interviews hat sie immer wieder betont, wie sehr sie mit den Umständen einer Musikkarriere, der Öffentlichkeit, dem Druck hadert. Mitsuki Laycock, wie Mitski mit bürgerlichem Namen heißt, schrieb viele der Stücke während und teilweise vor 2018. Das Album wurde im Mai 2021 final gemischt und steht nun in den Plattenläden als Zeugnis der Schönheit der Kunst und der Schwierigkeit diese zu erschaffen, verbunden mit der Hoffnung, dass die Geschichte hier doch noch nicht zu Ende ist.

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15. The 1975 – Being Funny in a Foreign Languag

Die 11 Tracks, die das neue The 1975er Album umfasst, sind unter anderem in den legendären Electric Lady Studios in New York City entstanden  – und es zeigt die Band „at their very best“. Das hatte uns bereits der Titel der anstehenden Tour 2023 versprochen. Besonders spannend an der Entstehung von Being Funny in a Foreign Language ist zudem, dass Matty Healy und George Daniel ihren elitären Kreis für einen neuen Produzent eröffnet haben. Jack Antonoff hat an der LP mitgemischt. Das Endergebnis ist ein wahrhafter Genuss fürs Ohr – es ist nämlich ein wundervoll ehrliches Werk über Liebe und Zuneigung, das The 1975 Fans aller Äras glücklich machen sollte.

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14. Porridge Radio – Waterslide, Diving Board, Ladder To The Sky

Das erste Mal Porridge Radio hören fühlt sich an als würde eine unsichtbare Hand an einem sonst unerreichbaren Bereich des Gehirns kratzen. Es kribbelt, tut etwas weh und hinterlässt ein nachhaltiges Druckgefühl. Die vierköpfige Band aus Brighton besteht aus Frontfrau und Leadgitarristin Dana Margolin, Georgie Stott am Keyboard, Maddie Ryall am Bass und Sam Yardle am Schlagzeug. Ihre grandiose Musik könnte in Genres wie Slack Rock, Post-Punk und Indie Pop-Rock gesteckt werden aber vor allem die außergewöhnliche Stimme von Dana, die in ihrer Tiefe und Mattheit heraussticht, gibt den Songs das gewisse Extra. Manchmal droht sie beim Singen zu bröckeln, entweder aus Verzweiflung, Wut oder Trauer, aber die Kontrolle verliert Dana nie. So ein Geheimtipp waren Porridge Radio 2020 natürlich nicht mehr – dem 2020er Album Every Bad sei dank. Der Nachfolger hingegen ist eindeutig nicht mehr so wild wie Every Bad und dadurch bestimmt für viele auch eingänglicher. Dabei steht es ihm jedoch in keinster Weise nach. Auf ihm arbeiten sie stärker mit Klavier, Hammondorgel und Wurlitzer Piano, was dem Album einen gewissen Stadium Charakter verleiht. Gleichzeitig ist es ihnen auch gelungen den charakteristischen Garagenflair beizubehalten.

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13. Wet Let – Wet Leg

Mal wieder beschenkte uns Großbritannien auch in 2022 mit guter Musik, denn Wet Leg, bestehend aus Rhian Teasdale und Hester Chambers, stammen von der meist bewohnten Insel Englands, der Isle of Wight. Anscheinend hat eine gewisse Abgeschiedenheit einen positiven Effekt auf das Level an Punk bei Indie-Rock-Künstler*innen. Erst 2019 gegründet wirken die Errungenschaften der beiden Musikerinnen in so kurzer Zeit überwältigend. Aber auch wenn sie manchmal etwas überfordert von dem schnellen Erfolg sind, geben die Engländerinnen sich gegenseitig genug Raum, um ihre Kreativität optimal auszunutzen. Und das hört man. Catchy E-Gitarre, feurige Drums und sensationelle Refrains zeichnen nicht nur die beiden vorab erschienenen Debütsingles aus. Vor allem Fans von erzählenden Vocals, die auf slicke Art und Weise vorgetragen werden und furiosen E-Gitarren und Drum Einlagen, die sich gegenseitig unterstützen oder unterbrechen, werden hier auf ihre Kosten kommen. Dazu sind die beiden noch herrlich sympathisch und schräg.

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12. Weyes Blood – And In The Darkness, Hearts Aglow

Hellwach liegt Natalie Mering aka Weyes Blood nachts in ihrem Bett, wenn die Gedanken kreisen und der Kopf einfach nicht zur Ruhe kommen will. Es ist dieses unendlich weite und erdrückende Gefühl der Isolation, das ein jeder spürt und das dabei inmitten einer so technologisch fortgeschrittenen Gesellschaft doch ein Paradoxon ist. Zwischen technologischer Hektik, der Schnelllebigkeit der Dinge und der damit einhergehenden Narzissmus-Müdigkeit sehnt sich das menschliche Herz nach Rückhalt und Authentizität. In ihrem neuen Album And In The Darkness, Hearts Aglow wirft die 34-jährige amerikanische Indie-Folkmusikerin Licht auf genau diese Themen. War der Blick in ihrem von den Kritiker*innen hochgelobten Vorgängeralbum Titanic Rising aus dem Jahr 2019 als Vorahnung des kommenden Untergangs nach außen gerichtet, schauen die insgesamt zehn neuen Stücke tief ins eigene Innere. Über alle Songs hinweg sind es dabei Merings einzigartige Stimme und Gesang, die trotz trüber Erkenntnis über unsere heutige Gesellschaft und der damit einhergehenden Desillusionierung einen unglaublich wohligen und tröstlichen Charakter haben.

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11. First Aid Kit – Palomino

First Aid Kit sind aus der Folkpop-Szene eigentlich gar nicht mehr wegzudenken. Das Duo, bestehend aus den Schwestern Johanna und Klara Söderberg aus Stockholm, macht Musik seit ihren Teenagerjahren. Ihre erste Ep Drunken Trees erschien 2008. Zu ihren Fans und Unterstützer:innen gehören halt auch keine Geringeren als Patti Smith oder Conor Oberst (Bright Eyes). Nun veröffentlichten sie ihre fünfte Platte Palomino und machen darauf mal wieder alles richtig: Zwar sind die Schwestern erwachsener geworden, ihr Pop klingt ausgereifter, aber im großen und ganzen liefern sie einmal mehr süße Harmonien, folkiges Songwriting und eingängige Melodien.

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Dominik

Bedroomdisco-Gründer, Redaktions-Chef, Hans in allen Gassen, Golden Leaves Festival Booker, Sammler, Fanboy, Exil-Darmstädter Wahl-Hamburger & happy kid, stuck with the heart of a sad punk - spreading love for great music since '08!

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