EMILIANA TORRINI & THE COLORIST ORCHESTRA – Racing the Storm


Foto-© Athos Burez Loundry

I stand there silent
Your hair a halo in the water
Ribbons in the slipstream
Two ships eclipsed in the harbour
Your body ‘s moving strange
Left by the waves to sink
Your milky skin, your blue veins

I never told your mother
I kept my silence
I left you drifting to fall off the edge
Of the horizon

We’re only passing through
Keeping on the move
Surrendered to such weathered scenes
Whatever was, whatever will be
Don’t you keep me here
Just to have to watch you leave
Oh how we grew entwined
You gave me your name
I gave you mine

(Emiliana Torrini & The Colorist Orchestra – Mikos)

Den von manchen Kritikern reflexhaft gewählten Vergleich mit Björk mag Emiliana Torrini angeblich nicht so sehr. Es reicht eben nicht, dass beide Frauen sind, aus Island stammen und irgendwie “elfengleich” singen können, um automatisch diese musikalische Verbindung herzustellen. Das neue Album von Torrini, der Tochter eines italienischen Vaters und einer isländischen Mutter, zeigt nun gerade auch im Vergleich zu Björks jüngstem Werk Fossora, wie unterschiedlich diese tollen Künstlerinnen doch ticken. Und die Gegenüberstellung geht nicht zu Ungunsten der Jüngeren (Torrini) aus.

Während das im vorigen Herbst veröffentlichte Fossora mit seiner typischen Björk-Exzentrik gleichermaßen faszinierte und nervte, weil man bei aller Kunstfertigkeit schlicht und einfach zugängliche Harmonien vermisste, ist Torrinis Racing The Storm im Übermaß melodisch – ein echter Ohrenschmeichler. Was aber nicht heißen soll, dass hier Ambition und Experimentierfreude geopfert werden, es klingt halt nur nicht so aufgesetzt und manchmal schrill nach Avantgarde.

Was sicher auch an Torrinis kongenialen Begleitern liegt: dem belgischen Colorist Orchestra, das hier zum zweiten Mal nach dem gemeinsamen Live-Debüt The Colorist & Emiliana Torrini (2016) das Beste aus dem Gesangs- und Kompositionstalent der Isländerin herausgeholt hat. Dieses “Orchester” ist ein ungewöhnliches Musikprojekt, das vor zehn Jahren von Aarich Jespers und Kobe Proesmans (Zita Swoon) gegründet wurde. Zugrunde lag die Idee, auf der instrumentalen Grundlage von Pop, Elektronik und Weltmusik andere Singer/Songwriter einzuladen, um deren Repertoire neu zu interpretieren – mit klassischen Instrumenten und selbstgebauten Klangkörpern.

Schon die erste Zusammenarbeit der Belgier mit Emiliana Torrini überzeugte, der Nachfolger begeistert jetzt noch mehr. “Zu einem bestimmten Zeitpunkt sagten wir uns einfach: Wäre es nicht nett, wenn wir eine Entschuldigung finden könnten, um wieder zusammen zu spielen?”, sagt Proesmans über den Impuls, aus dem One-off-Projekt eine festere Sache mit neuen Torrini-Liedern zu machen.

Angefangen beim zauberhaften Opener Mikos, der wie später auch andere Tracks ein wenig an die verspielten Soundtrack-Melodien von Yann Tiersen (Die fabelhafte Welt der Amélie) erinnert, ziehen Torrinis klare, mädchenhafte Stimme und die musikalischen Spitzenklöppeleien des Colorist Orchestra sofort in ihren Bann. Die exotischen Kompositionen eines David Sylvian (Japan) oder die komplexe Rhythmik von Peter Gabriels 80er-Jahre-Ouevre könnten bei den elf wunderhübschen Songs ebenfalls Pate gestanden haben. Fazit: Racing The Storm ist ein so anspruchsvoll produziertes und fabelhaft gesungenes Album, dass Björk-Vergleiche für die in Südengland lebende Emiliana Torrini ehrenvoll, aber völlig überflüssig sind.

Emiliana Torrini & The Colorist Orchestra – Racing The Storm
VÖ: 17. März 2023, Bella Union
www.emilianatorrini.com
www.facebook.com/emilianatorriniofficial

Emiliana Torrini & The Colorist Orchestra Tour:
16.03.23 Dortmund, Konzerthaus
17.03.23 Hamburg, Elbphilharmonie
19.03.23 Frankfurt, Zoom
20.03.23 Berlin, RBB Sendesaal
22.03.23 Schorndorf, Club Manufaktur
23.03.23 München, Freiheitshalle

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Werner Herpell

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