Foto-© Stella Weiss
I’m sticking with you
Cause I’m made out of glue
Anything that you might do
I’m gonna do too
You held up a stage coach in the rain
And I’m doing the same
Saw you hanging from a tree
And I made believe it was me
(Talking to Turtles – I’m Sticking With You)
Nach bald 10 Jahren Abwesnheit erscheint nun das sympathische Folk-Pop Duo Talking to Turtles wieder auf der Bildfläche. Mit dem vierten Studioalbum And What’s On Your Mind?, das über Krokrant Musik erscheint, präsentieren sie sich gewohnt nahbar, humorvoll und unprätentiös. Über zehn Songs sind es kuriose Geschichten über fiktive Figuren und spannende Alltagsbeobachtungen, die verspielter denn je unverkennbar aus der Feder der beiden Leipziger stammen.
Dem Album wohnt dabei eine Leichtigkeit und Gemütlichkeit inne, die auf den Vorgängeralben nicht ganz so locker daherkam. Während Oh The Good Life (2011) noch etwas wilder und Split (2014) eher düster anklang ist das Viertwerk nun von einer fast kindlichen Verspieltheit geprägt, die aber nicht zu Banalität, sondern eher zu einer neuen Reife führt. Dabei sind für das Duo typische Ohrwurmstücke dabei, wie The Pretender, Grapefruit Knife oder der wunderschöne Abschluss Junior 3rd, eine Hommage an geliebte kleine Familienmitglieder. Andere Songs, so war es schon immer bei Talking to Turtles, verschwinden musikalisch zwischen den einzelnen Leuchttürmen der Alben. Was aber meistens bleibt sind die vielen bemerkenswerten Textzeilen, die in fast betont deutsch klingendem Englisch so viele kleine Wahrheiten und Denkanstöße bringen: „People appear to be a fact / Some of them turn into lunatics / Mammals do give birth / And you just realized / You live on the planet /planet earth“ (The Party is Over).
Die Instrumentierungen der Songs sind meist eine recht ähnlich angenehme Melange aus Gitarre, Rhodes, soften Drums und Bässen, die die Hörer einhüllt. Noch mehr als zuvor erinnert das an Death Cab For Cutie. Man fühlt sich geborgen, wie immer bei Talking to Turtles, aber diesmal noch etwas mehr. Es ist weicher, heller, positiver, während die Texte mit Skurrilität und Witz Themen ansprechen, die auch in einem ernsteren musikalischen Gewand funktionieren würden: „I was tracing my believes / Now I’m facing the truth / The World Wide Web makes me feel lonely / And lonely you are too“ (Answers Dot Com).
Florian Sievers, der zuletzt als Das Paradies solo arbeitete, sticht mit seiner einprägsamen Stimme vom Höreindruck etwas hervor, wobei Claudia Sievers mit einer immer währenden Zweitstimme einen nicht weniger entscheidenden stimmlichen Beitrag für die Fülle des Klangs leistet. So ergibt sich auch 13 Jahre nach dem Debüt dieses schöne Bild von einem waschechten Duo, das jeder mit eigener Rolle ausgestattet aber doch als Duett nur funktioniert.
And What’s On Your Mind? ist eine Frage, die auf ein echtes Gespräch abzielt. Was beschäftigt dich, worüber denkst du nach? Talking to Turtles geben Anstöße dazu, umgeleitet über fiktive Charaktere und Geschichten, die aber meist in wenigen pointierten Sätzen einen Weltbezug herstellen, der zum Nachdenken über das eigene Leben anregt.
Musikalisch bleibt es manchmal auch fad, keine Frage. Am Ende bleiben kleine Melodien und Sätze hängen, die einen beschäftigen und nachhallen. Möchte man sich eine perfekte Hörsituation für dieses Album ausmalen, dann ist es vielleicht eine junge Familie mit Kindern, in der die Eltern über Anekdoten schmunzeln und Kinder zu den einladenden Rhythmen und Instrumentierungen tanzen können.
Talking To Turtles – And What’s On Your Mind?
VÖ: 17. März 2023, Krokant Musik
www.talkingtoturtles.de
www.facebook.com/talkingtoturtles
Talking To Turtles Tour:
07.05.23 Münster, Gleis 22
08.05.23 Köln, Jaki
09.05.23 Berlin, Hole 44
10.05.23 Rostock, Peter-Weiss-Haus
11.05.23 Hamburg, Knust
12.05.23 Erfurt, Franz Mehlhose
13.05.23 München, Ampere
14.05.23 Leipzig, UT Connewitz