U.S. GIRLS – Bless This Mess


Foto-© Emma McIntyre

When nothing is wrong
Everything is fine
This is just life

(U.S. Girls – Futures Bet)

Egal, wie weit sich ihre Musik von dem experimentellen Noise/Ambient-Sound ihrer Anfangstage entfernen wird, und wie poppig ihr grooviger Indie-Funk dann auch klingen mag: Im Kern ist Meg Remy, die mit einer supertollen Stimme gesegnete Frontfrau von U.S. Girls, immer noch eine aneckende Punkerin (im avantgardistischen, amerikanischen Sinne der klassischen CBGB-Bands; nicht im aggressiven, britischen Sinne à la Sex Pistols). Trotzdem verspürt die 37-Jährige keinerlei Scham, sich auch auf ihrem neuen Album Bless This Mess weiterhin an, gelinde gesagt, un-punkigen Stilrichtungen zu bedienen, was in der heutigen Indie-Landschaft ja keine Seltenheit mehr ist. Remy dreht die vermeintlich weichgespülte Musik der Vergangenheit so um, dass sie edgy wirkt – und spukt damit Leuten wie dem Produzenten Steve Albini ins Gesicht, der vor kurzem auf Twitter verkündete: “I will always be the kind of punk that shits on Steely Dan”. OK Boomer.

Dass schon der Opener Only Daedalus direkt an Steely Dan erinnert, passt einfach zu gut. Synkopiertes E-Piano-Riff, gelassene Late-70s-Drums, so ich-fahr-Auto-mit-einem-Arm-aus-dem-Fenster-mäßig. Hat im bestmöglichen Sinne was von Yacht-Rock. An anderen Stellen dann: Disco, baby. In Tux (Your Body Fills Me, Boo) gibt’s Nile-Rodgers-esque Gitarren, Backing-Vocals in Kopfstimme, geslappte Bass-Fills, Handclaps und ein freakiges Synth-Solo (ich stell’s mir auf einer Keytar gespielt vor); also eigentlich alles, was dazugehört. Mehrfach wiederholt werden natürlich Worte wie “body”, “tonight” und “baby”. Muss.

Den Albumname beim Hören im Kopf zu behalten, kann ausschlaggebend sein (man erinnere sich an Testing von A$AP Rocky zurück), und auch hier ist der Titel Programm. Während ihre beiden vorherigen, ebenfalls großartigen 4AD-Platten In A Poem Unlimited und Heavy Light noch einheitlicher in ihrer jeweiligen Ästhetik waren, fällt es bei Bless This Mess nun schwerer, ein konkretes Gefühl im Kern des Ganzen auszumachen. Es gibt da beispielsweise diesen verspielten Song über unbefriedigende Zoom-Calls während Corona-Lockdowns (“This is not a date, so what should we call this? Your face on my screen, my face on your screen?”). Danach folgt auf Nebelmaschinen-mäßige 80er-Gitarren in Futures Bet ein Song über die Stadtflucht der Wohlhabenden, der musikalisch gleichzeitig an Prince und New Order erinnert (So Typically Now). Und danach dann eine wundervolle Kitschballade darüber, das Chaos dieser Welt nicht nur anzuerkennen, sondern wertzuschätzen. Etwas später noch: Autotune und, ähm, der Sound einer Milchpumpe. No joke.

U.S. Girls – Bless This Mess
VÖ: 24. Februar 2023, 4AD
www.yousgirls.blogspot.com
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Lennart Brauwers

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