POPSALON OSNABRÜCK – Nachbericht

Foto-© Stephan Strache

Das erste Mal Osnabrück. Das erste Mal popsalon. Bereits zum 11. Mal lud Zukunftsmusik zu diesem dezentralen Osnabrücker Clubfestival und leitete damit – knappe 14 Tage vor der c/o Pop – mein persönliches Festivaljahr ein. Beim Blick in die Geschichte dieses Festivals wirkt es schon erstaunlich, dass es 10 Ausgaben brauchte, bis wir es nach Osnabrück schafften. Aber besser spät als nie.

Verteilt auf fünf Locations fanden drei Tage lang von Donnerstag bis Samstag diverse, unheimlich spannende Konzerte statt. Dabei durfte der Begriff „Pop“ durchaus etwas weiter gefasst werden. Vielleicht wie in seiner ursprünglichen Definition als Popularmusik. Durch Genre- und Locationvielfalt entzerrte sich der Andrang oft. Trotzdem waren alle von uns gesehenen Konzerte sehr gut besucht. Das Festivals hat auf jeden Fall sehr viel richtig gemacht und ein Näschen für vielversprechende Talente.

Aus Köln kommend waren wir erstaunt, wie sauber und ordentlich Osnabrück doch ist. Immer noch westfälisch geprägt, erwartete uns ein kleine, pittoreske aber zeitgleich auch lebendige Kleinstadt. Im Stadtzentrum ist alles gut zu Fuß oder per Rad zu erreichen. So auch die fünf am Festivalprogramm beteiligten Clubs. Optional gab es auch einen Shuttlebus.

Vor Ort wurde das Haus der Jugend schnell unser Wohnzimmer. Hier sahen wir die meisten Konzerte und kamen dementsprechend – auch dank der unheimlich aufmerksamen und hilfsbereiten Mitarbeiter – schnell an. Schon am zweiten Tag fühlte es sich dort nach Nachhausekommen an.

Der Donnerstag startete hier unmittelbar mit Monako und einem großen Ausrufezeichen. Hörten wir vorab ihre Platte Scared Of The Way I Move viel und gerne, so war es doch vor allem für mich eher ein Soundtrack für Bahnfahrten oder der perfekte Sound eines Roadtrips. Fast schon cineastisch anmutende, komplexe, mich ummantelnde Songstrukturen, wunderschön, um mich darin zu verlieren. Wie das Hamburger Quintett dann aber diese Platte auf der Bühne interpretierten, macht mich immer noch sprachlos. Wir hätten nicht gedacht, wie gut Monako live „funktioniert“, wie viel Energie die Band transportiert, wie sie sich selbst in ihrer Musik verlieren und damit ihr Publikum mitreißen. Alleine ihre komplexe Instrumentalisierung und wie oft die Musiker untereinander Instrumente wechselten, ohne dass darunter Spielfluss und Energie des Auftritts litt, war bereits spektakulär und den Auftritt wert.

Gleicher Ort, ein wenig später dann Philine Sonny. Ich glaube bei ihr sind nicht mehr viele Worte nötig, hat sie doch den Status Newcomerin zu recht bereits hinter sich gelassen. Was für eine Stimme. Ob zwischendurch solo oder mit Band – ganz, ganz großes Kino. Zwischen ihren Liedern ließ sie uns an ihrem Struggle, an all ihren Unsicherheiten und Zweifeln teilhaben. Gefühlt waren das zwei Personen: einmal die fragile Person in ihrer Interaktion mit dem Publikum und einmal die Musikerin mit einer Präsenz wie die ganz Großen des Business.

Waren wir von den beiden bereits mächtig begeistert, startete der Freitag auch unmittelbar mit einem Highlight: Bulgarian Cartrader in der Lagerhalle. Um ehrlich zu sein, hatten wir Daniel, vorab nicht auf dem Schirm. Dank Bedroomdisco haben wir uns dann etwas intensiver mit seiner Platte beschäftigt. Allein wie konsequent er sein Alter Ego Bulgarian Cartrader umsetzt, wie sehr Daniel autobiographisches Ich fiktional verdichtet ist, wäre bereits eine ausführlichere Beschäftigung wert. Erfreulicherweise kann er dies jedoch nicht nur technisch, sondern ist zudem mit Charisma und Entertainmentqualitäten gesegnet, dass er auch alleine einen Club als Opener vollkommen in seinen Bann zieht und dabei noch auf alle Konventionen der Popmusik scheißt. Einen 8:30 Minuten Track kann man nicht bei einer kleinen Festival-Opener-Show spielen? Bulgarian Cartrader beweist das Gegenteil und es funktionierte. Embrace holte alle ab. Besser geht’s nicht.
Direkt um die Ecke ging es dann wieder in unser Wohnzimmer, ins Haus der Jugend, zu Lena&Linus. Location und die Coming-Of-Age-Geschichten des Duos matchten perfekt. In den ersten Reihen waren auch bereits die ersten textsicheren Fans, es wäre alles andere als erstaunlich die Beiden nicht bald, auf weitaus größeren Bühnen zu sehen.

Donnerstag wie Freitag waren wir dann zum Tagesausklang in der Kleinen Freiheit. Arxx (Donnerstag) und Sharktank (Freitag) waren beide mehr als gut. Das Publikum war entsprechend begeistert. Uns holte aber das Programm vorab mehr ab, vielleicht weil näher und intimer, vielleicht weil wir uns vorab intensiver mit den KünstlerInnen beschäftigt haben. Unabhängig unseres Empfindens, waren es aber mehr als gelungene Tagesabschlüsse.

Samstag starteten wir dann in der größten Locations des diesjährigen Festivals, dem Rosenhof. Um uns bereits für Betterov gute Plätze zu sichern, starteten wir bereits mit Lostboi Lino in den Abend. Spannend. Die Sorge um unsere Plätze war jedoch unbegründet: zwischen Lostboi Lino und Betterov wechselte 2/3 des Publikums. Bei beiden war es voll, bei beiden jedoch vollkommen anderes Publikum.
Betterov war dann einfach nur gut. Es tat auch keinen Abbruch, dass er bereits vor zwei Monaten das letzte Mal in Osnabrück gastierte, er mobilisiert immer noch (oder gerade jetzt) Massen und weiß diese bestens zu unterhalten.

Ein Tag ohne unser Wohnzimmer wäre aber kein guter popsalon Tag und so ging es im Anschluss wieder ins Haus der Jugend. Diesmal mit eher gediegenem Publikum – und auch wir zogen Weißwein, dem Bier vor und tauchten damit vollkommen in die Welten von Jonathan Bree ab. Letztes Jahr auf dem Parcours d’amour auf dem Maifeld Derby war sein Auftritt schon großartig. Indoor in einem Club kam seine Inszenierung aber nochmals intensiver und eindringlicher herüber. Den popsalon und unseren Abend ließen wir dann nach Plausch und auf Empfehlung in der Lagerhalle bei Acht Eimer Hühnerherzen ausklingen.

Ach Osnabrück, ach popsalon: es war wunderbar.

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Stephan Strache

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