Foto-© Amanda Jasnowski Pascual
Flypaper
Full of somebody’s old bodies
The air gets hot
As they circle back
To see
“Is that me?
Did she really kill me?”
Is that me?
(Mega Bog – Anthropocene)
Wenn Erin Birgy alias Mega Bog ihre kräftige Stimme erhebt, in die Saiten oder neuerdings vor allem in die Tasten haut, dann kann es nicht langweilig werden. So ist auch ihr siebtes Album End of Everything der Beweis, dass Kreativität nicht an Genregrenzen enden muss.
Die acht Stücke, die größtenteils in Zusammenarbeit mit ihrem Partner und Drummer James Krivchenia (Big Thief) entstanden sind, stellen eine Neuinterpretation ihres eigenen Stils da. Diesmal lässt sich der Sound irgendwo zwischen Synth-Wave, Disco, und progressivem Rock verorten und wurde inspiriert von Namen wie Bronski Beat, Franco Battiato oder auch Thiny Lizzy und dem Fürst der Finsternis selbst, Ozzy Osbourne. Denn, bei aller Tanzbarkeit, die zumindest auf der Hälfte der Songs zu überschwänglichen 80ies Dancemoves einlädt, ist der Hintergrund dieses Albums düster. Dies spiegelt sich nicht nur in bedrohlichen Metalgitarren, wie auf All and Everything wieder, sondern ganz besonders auch in den Texten: Schwarze Himmel über Städten, brennende Alligatoren, psychischer Abfall, schwarze Katzen – oder zusammengefasst, „That’s not how love is“.
Birgy selbst erzählt, dass der Sound des Albums eine Gegenreaktion zu den Krisen ist, die sie und die ganze Welt erlebt, nur dass sie in diesem Sound über eben diese Krisen singt. Poetisch, teils verworren aber immer mit eindeutiger Schlagrichtung. Das Album ist für sie ein Alternativangebot zu der eigentlich den Krisen angemessenen Musik, die ihr jedoch allzu düster und ihr daher keine produktive Umgangsweise scheint. Love Is oder Don’t Doom Me Now geben in diesem Sinne bestes Material ab, um sich die eigenen Traumata von der Seele zu tanzen, ohne ganz zu ignorieren, dass es für ein Trauma auch einen Grund gibt. Dabei sind die Songs kein Abklatsch von Dance Klassikern wie What Is Love oder Rhythm of the Night, von denen sich Birgy inspirieren ließ, sondern vielmehr zeitgemäße Weiterentwicklungen mit allerlei Detailarbeit.
Gitarrensoli, rhythmische Herausforderungen und epische Gesangsmelodien sorgen für das gewisse Extra, das Mega Bog auch auf der 80er Wave Party in New York einen Platz geben würde. Mit Anthropocene, einem geheimnisvollen Song über die ökologische Krisensituation, gelingt Birgy dann auch noch ein jetzt schon zeitloser Klassiker, in dem alles zusammenkommt, was sie als Songwriterin auszeichnet: poetische Texte, ausdrucksstark gesungen und in einen musikalisch anspruchsvollen, aber eingängigen Rahmen gelassen. Keine Frage, die großen Massen spricht sie grade damit nicht an. Dennoch dürften sich nicht zuletzt Filmemacher:innen angesprochen fühlen, ihre cineastischen Erzählungen in diesen Sound einzubetten.
Mega Bog bleibt sich mit End of Everything treu indem sie sich selbst neu erfindet. Es knarzt und bleibt anstrengend, nur diesmal mit Disco Vibes und Messages, die zum Weltuntergang getanzt werden oder auch zum Neuanfang inspirieren können.
Mega Bog – End of Everything
VÖ: 19. Mai 2023, Mexican Summer
www.megabog.com
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