DIE FRAU IM NEBEL – Filmkritik


Foto-© Plaion Pictures

Bin ich wirklich so verdorben?

(Song Seo-rae – Die Frau im Nebel)

Ein erfahrener Bergsteiger stürzt in den Tod. Mord, Selbstmord oder Unfall? Polizeikommissar Hae-joon (Park Hae-il) sucht Aufklärung bei Song Seo-rae (Tang Wie), der Hauptverdächtigen, seiner geheimnisvollen Witwe chinesischer Herkunft, und droht dabei in einem Meer aus Lügen und Begierde zu versinken.

Regisseur Park Chan-wook (Die Taschendiebin, Durst, Oldboy) hat schon mehrfach bewiesen, dass er verworrene Rachespiele mit leidenschaftlicher Lust in komplexe Geschichten verpacken und wunderschön inszenieren kann. Genau das liefert er hier abermals mit Bravour ab. Die Frau im Nebel ist wunderschön und unglaublich abwechslungsreich inszeniert. Dabei sind die Überblenden, die sich teilweise vor einem Guy Ritchie Film nicht verstecken müssten, nie Selbstzweck, sondern immer mit subtilen Botschaften verknüpft. Wenn zum Beispiel Detective Hae-joon während der Observierung von Song Seo-rae mit dieser telefoniert, erscheint er direkt in ihrem Umfeld und spricht sie geradeheraus an, wird aber von dieser nicht wahrgenommen. Logisch, denn auch wenn er sie gerade sehen kann, tappt sie sprichwörtlich im Dunkeln. All diese vielschichtigen visuellen Informationen zusätzlich zu der komplexen Handlung aufzunehmen kann dabei fordernd sein. Vor allem wenn man noch dazu Untertitel lesen und aufpassen muss, wann Song Seo-rae vom Koreanischen in ihr natives Chinesisch verfällt. Dass Koreanisch nicht ihre Muttersprache ist, wird im Film mehrfach thematisiert und sehr gekonnt in die Szenen eingebaut.

Teilweise steht sich der Film bei all der cleveren und wunderschönen Inszenierung dann aber doch ein wenig selbst im Weg. Wenn Bildkompositionen so künstlerisch in Szene gesetzt sind, dass sie dabei eben doch vom eigentlichen Plot abblenden oder eine Kampfszenen nach einer sehr realistischen Verfolgungsjagd so viel besser inszeniert ist, als sie es in so einem so geerdeten Film sein dürfte. Inhaltlich bleibt der Film immer auf dem Boden der Tatsachen, nur inszenatorisch eben nicht. Inhaltlich wird die an sich simple Geschichte bis zum Bersten mit zusätzlichen Ebenen aufgeladen. Das klassische koreanische Familienbild wird gekonnt dekonstruiert, dazu die alternde Gesellschaft, ein Stück weit auch Rassismus thematisiert und dann gibt es noch viel Raum für Interpretation und Gleichnisse über Beziehungen und Lebensphilosophien, über Berge und Meer, die dann auch wieder optisch aufgegriffen werden und dem Film, der ja auf einem Berg beginnt, sowohl Unterbau als auch Rahmen geben. Auch schauspielerisch wird alles gewohnt routiniert und sehr realistisch rübergebracht. Gerade die ja oft etwas unterkühlte Art der Koreaner passt hier herrlich, wenn dann die Romanze beginnt und auch die stärksten Gefühle nur ganz leicht durch die spiegelglatte Performance, besonders der beiden Hauptdarsteller:Innen durchscheinen.

Der in der Presse oft herangezogene Vergleich zu Basic Instinct drängt sich, ob der identischen Prämisse auf. Ebenso wie der Paul Verhoeven Klassiker aus 1992 eignet sich sicher auch Die Frau im Nebel für einen knisternden Date Abend. Nur sollte man dabei darauf achten, ein Date mitzubringen, das sich die Aufmerksamkeit für fast zweieinhalb Stunden mit dem Film teilen mag, denn die verlangt er ohne Widerspruch.

헤어질 결심 (KR 2022)
Regie: Park Chan-wook
Besetzung: Park Hae-il, Tang Wei, Lee Jung-hyung, Go Kyung-Pyo
Heimkino-VÖ: 25. Mai 2023, Plaion Pictures

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Malte Triesch

Malte wuchs im idyllischen Lilienthal, direkt an der Grenze zu Bremen, der schönsten Stadt im Norden Deutschlands, auf. Seine frühesten Film-Erinnerungen ist, auf dem Schulhof in der neusten TV Movie alles anzustreichen was gesehen und aufgenommen werden muss. Da die Auswahl an Horrorfilmen hier doch recht be- oder zumindest stark geschnitten war entdeckte er Videotheken für sich bzw. seine Mutter, da man diese ja erst ab 18 betreten durfte. Wenn er nicht gerade Filmreviews schreibt ist er wahrscheinlich im (Heim-)Kino oder vor dem Mikrophon für den OV Sneak Podcasts, SneakyMonday.

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