HOLY SPIDER – Filmkritik

Es sind keine Menschen. Ich hätte eher Mitleid mit einem Tier.

(Saeed Hanaei – Holy Spider)

Saeed Hanaei (Mehdi Bajestani) beobachtet über Jahre, wie das Stadtbild seiner Heimat, der religiösen Hauptstadt Irans, Maschhad, mehr und mehr von Prostituierten, die obendrein oft noch drogenabhängig sind, geprägt wird. Schließlich entscheidet er sich dazu, etwas gegen den moralischen und sittlichen Verfall der heiligen Stadt zu unternehmen – und zwar indem er diese Frauen systematisch ermordet. Die Journalistin Arezu Rahimi (Zar Amir Ebrahimi) reist nach Maschhad, um über den inzwischen als „Spinnenmörder“ teils gefürchteten und teils gefeierten Serienmörder zu berichten.

Regisseur und Drehbuchautor Ali Abbasi (Border 2018) hat sich 20 Jahre nach den wahren Gegebenheiten die Geschichte vorgenommen, um mit dem iranischen Regime abzurechnen. Einerseits ist es wichtig, Aufmerksamkeit immer wieder auf die Situation im Iran zu lenken. Andererseits stellt Abbasi die Opfer derart oberflächlich und explizit und die Morde aus Hanaeis Sicht dar, dass das Resultat sie genauso ausnutzt wie ihre Feier bzw. sie genauso auslöscht wie Hanaei. Seine Lizenz zur kreativen Freiheit hat er damit leider benutzt, um reißerische Unterhaltung à la Hollywood abzuliefern und zu viel Empathie mit dem Mörder aufzubauen. Die besten Momente von Holy Spider stellen dabei fast 1:1 Szenen aus Maziar Baharis Doku And Along Came a Spider nach, die kostenlos auf Vimeo zu sehen ist.

Nichtsdestotrotz entfacht der Film eine angemessen fassungslose Entrüstung angesichts der menschenverachtenden Denk- und Verhaltensweisen gegenüber Frauen am Beispiel Irans, aber nicht ohne Relevanz für den Rest der Welt, denn vielerorts erleben wir derzeit immer noch Rückschläge für die Frauenrechte.

Holy Spider (DK DE SE FR 2022)
Regie: Ali Abbasi
Besetzung: Mehdi Bajestani, Zar Amir Ebrahimi, Arash Ashtiani
Heimkino VÖ: 30. Juni 2023, Alamode Film

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