MELT FESTIVAL 2023 – Nachbericht

Foto–© Paula Hornickel

Auch dieses Jahr waren wir vom 8.-11. Juni wieder beim MELT Festival in Gräfenhainichen dabei. Nach einer ursprünglich durchwachsenen Wettervorhersage wurden wir von Sonnenschein und fast 30° überrascht. Die zwei ausgerufenen Unwetterwarnungen verwandelten sich zum Glück nur in mittelstarken Wind und beeinflussten das Festivalgeschehen nur wenig.

Nach der zweijährigen Coronapause strukturierte das MELT sich um. Auch im zweiten Festivaljahr danach ist sichtbar, dass weiterhin neue Konzepte ausprobiert werden, um das MELT stätig zu verbessern. Beispielsweise verlief die Anreise mit den öffentlichen Verkehrsmitteln dieses Jahr nur über Gräfenhainichen. Dafür kamen in höherer Frequenz Shuttle Busse und die Wartezeit am Bus wurde deutlich angenehmer und kürzer als im Vorjahr. Das Hauptprogramm wurde auf die Festivalabende und -nächte von Donnerstag bis Samstag vorverlegt, sodass der Sonntag zum entspannten Ausklang wurde. Diese Neuerung des Konzepts hat uns gefallen. Nach den letzten musikalischen Highlights der Nacht davor und viel zu wenig Schlaf im Zelt musste man sich dieses Jahr nicht sofort in das nächste überhitze Auto oder den nächsten überfüllten Shuttle Bus quetschen. Das neue Sonntagskonzept lädt ein, die Erlebnisse der letzten Tage entspannt mit alten und neuen Bekanntschaften in der Sonne am See reflektieren und zu den letzten DJ-Sets am Beach Club zu tanzen. Die Abreise entspannt sich, da einige Besucher:innen bereits früh morgens abfahren und andere noch die Einladung zum Ausklang genießen. Kurzgefasst, die Besucher:innen konnten sich auf die aufwendig dekorierte Location und eine gute Auswahl an Acts freuen, die verschiedene Genre und Tempos zusammenbrachten.

Das Line-up und Bühnenkonzept: wurden 2022 noch einige große Headliner wie Little Simz und Arlo Parks eingeladen und neue Bühnenkonzepte wie der Liquid Jungle ausgetestet, musste das MELT 2023 dann einen kleinen Schritt zurücktreten und ein Konzept entwickeln, was sich über die nächsten Jahre halten lässt. Es tat etwas weh, die Erwartungen vom Vorjahr anpassen zu müssen, aber die Möglichkeit blieb unverändert eine vielfältige Festival-Experience zu erleben.

Die großen Bühnen wie der Gremmin Beach, die 30KV und die Big Wheel Stage blieben zum Vorjahr gleich. Einige kleinere Bühnen und die Ping Pong Stage in der Mitte des Festivalgeländes wurden aber gestrichen. Das MELT bietet mit sechs Bühnen und kleinen Extras, wie einer mobilen Karaoke Station, ausreichend Auswahl und Erkundungspotential. Es bleibt aber die große Leere in der Mitte des Festivalgeländes, wo letztes Jahr die Rollerdisco und die Ping Pong Stage ihren Platz fanden und vor der Corona Pause sich über Jahre die Mainstage befand. Vielleicht wird bis 2024 ein Nutzungskonzept für das ehemalige Zentrum des Festivalgeländes gefunden und die gähnende Leere weicht.

Von der Rollerdisco wurden in diesem Jahr die seitlichen Trennwände abgebaut und die Stage wurde zum Autoscooter transformiert. Die Bühne war leichter zugänglich als im Vorjahr, aber immer so gut besucht, dass der Platz auch bei dieser MELT-Edition nicht ausreichte. Ein kleines bisschen Guilty Pleasure trifft auf bunte Feel Good Atmosphäre und hat zu allen Zeiten eine große Anziehungskraft auf die Festivalbesucher:innen. Musikalisch war der Autoscooter eine verlässliche Party-Konstante. So konstant, dass die Stimmung immer ausgelassen war, aber die Sets verschiedener DJs nicht deren Individualität hervorhoben. Einige Sets neigten dazu verwechselbar gleich (gut) zu klingen, obwohl verschiedene namenhafte DJs wie Marlon Hoffstadt, DJ Heartstring, Miss Bashful und das Kollektiv Club Heart Broken auflegten.

Der Gremmin Beach, eine der Hauptbühnen, liegt direkt am Strand und bot Acts wie Bicep, Brutalismus 3000 und Shygirl ihren Platz. Die Bühne eignet sich perfekt, um im Sand zur Lieblingsmusik zu tanzen oder am Rand mit Blick zum See den Acts zuzuhören. Die Akustik am Gremmin Beach war leider besonders am hinteren Ende unpassend laut. So laut, dass die nächstgelegene kleinere Bühne, die Rising Stage, darunter leiden musste. Trotz großem Abstand blieb die Bühne manchmal ungewollt präsent.

Ein dickes Lob an dieser Stelle an die Rising Stage. Diese war von Bäumen umgeben und hatte optisch eine gemütliche Wohnzimmer-Atmosphäre. Eine Tribüne mit Sitzen am Rand lud dazu ein, den Tanzbeinen etwas Ruhe zu gönnen und aufstrebenden Künstler:innen zuzuhören. Die Theorie mit den „Tanzbeinen ausruhen“ funktionierte nur so lang bis Acts wie Saló und Karlo Caracho ihr Publikum so anheizten, dass Sitzen keine Option blieb. Eine andere Energie kam auf die Stage mit Orbits Dream-Pop Klanglandschaften. So viele gerührte Tränen flossen im Publikum sonst nirgendwo auf dem Festival.

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Die Big Wheel Stage war der Ort beim MELT für die Rave- und Industrial Techno-Atmosphäre. Einen Hauch von musikalischem Berghain-Flair brachten DJs wie Marcel Dettmann. Zu anderen Highlights auf der Bühne zwischen Staub und Braunkohlebagger-Ambiente zählten Dr. Rubinstein, Boize Noize, LSDXOXO und Kalte Liebe B2B mit CAIVA. Das Closing spielten CHIPPY NONSTOP und DJ HYPERDRIVE B2B und holten ihr Publikum ein letztes Mal ab.

Auf der 30KV Stage kam eine diverse Auswahl an internationalen und deutschen Künstler:innen zusammen, deren Musik sich an Elementen von Rap, House, R&B und Techno bediente. Einen groovigen Start legte Erika de Casier hin und das Techno-Set von Southstar mit 80s-, House- und Piano-Einflüssen wurde zum Closing. Ein persönliches Highlight war Channel Tres, der mit zwei Voguing-Tänzern anreiste. Deren Bewegungen fügten sich stimmig zu den House-Beats und Rap von Channel Tres ein. Am ersten Abend performte noch Ski Aggu auf der 30KV, der sein Publikum mitriss.

Die Paper Stage wurde zum Ort der House-igeren Beats, direkt zwischen Strand und Wald, wo beispielsweise Anz, TYGAPAW und das Femme Bass Mafia Kollektiv ihre Sets mit der Crowd teilten. Das MELT schaltete einen kleinen Gang zurück nach dem Comeback Feuerwerk des Vorjahres. Seitdem steckt das Festival in einer Selbstfindungsphase, testet einiges aus und verbessert sich stetig. Das sollte aber niemandem im Weg gestanden haben, eine zufriedenstellende und erfüllende Festivalerfahrung zu erleben. Die Spannung bleibt, was nächstes Mal anders sein wird und welche neuen Ideen wir sehen werden.

Da das MELT bereits Anfang Juni stattfindet, wird es zum gelungenen Sommerauftakt mit Baden am See und tanzen bis zum Sonnenaufgang. Nach all den Neuentdeckungen und der Fülle an musikalischer Inspiration und kann die Sommerplaylist für die nächsten Monate gut gefüllt werden. Kleiner Tipp: Die Playlist im Dezember mit einem Hauch von Nostalgie wieder rauskramen gegen die Tristesse des grauen Winters. Bis dahin sollten auch schon die ersten Acts des Line-up’s 2024 angekündigt sein.

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Ella Jungheinrich

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