Down the road, one headlight blind
Reach right over by my side and crossed over the broken line
Between the heart and the mind
Of all the roads we had to travel fast upon
I sometimes wish that wasn’t one
They say nothing really changes
Time just rearranges, oh
I guess this life is just a game
And I’m just realizing it now
(Slow Leaves – Nothing Really Changes)
Wenn man eine Jahreszeit für die Musik von Slow Leaves nennen sollte – es wäre wohl der Herbst. Ein goldener September-Herbst, wenn die Sonne noch wärmt, die Blätter aber bereits vergilben. Wenn alles noch in reifen, satten Farben erstrahlt, sich aber bereits eine nachsommerliche Melancholie aufs Gemüt legt. Die wunderbaren Sixties/Seventies-Popsongs und Folk-Balladen von Grant Davidson alias Slow Leaves bedienen genau diese Visionen und Stimmungen. Was im Falle der Veröffentlichung von Meantime im Hochsommer 2023 bedeutet, dass diese Lieder noch einige Monate lang in voller Blüte stehen dürften.
Schon die erste, herrlich mitsingbare Single-Auskopplung American Band vereint alles, was man an dem Kanadier aus Winnipeg/Manitoba seit längerer Zeit und von diversen schönen Alben wie Enough About Me (2017), Shelf Life (2020) oder Holiday (2021) so mag. Es ist ein Sound, der auch schon vor 50 Jahren in Kalifornien entstanden sein könnte.
Und “on top” eine Stimme, die das Crooner-Gen von Roy Orbison ebenso enthält wie die Schwermut von Nick Drake oder Elliott Smith und die Zerbrechlichkeit eines (countryfolkigen) Neil Young. Das Label nennt als modernere Troubadoren-Vergleiche zudem unter anderem Andy Shauf, Bonny “Prince” Billy und Bill Callahan – alles nicht verkehrt. Mir fiele ganz aktuell das prächtige Brit-Folk-Album The Summer Isles von Roo Panes dazu ein.
Meantime ist, das sei ausdrücklich eingeschränkt, kein Album, das den nordamerikanischen Folkpop-Horizont erweitert. Hier ist alles im guten Sinne wertkonservativ, hier wird mit bescheidenen Mitteln (alle Instrumente wurden von Davidson selbst eingespielt, bis auf Drums, Violine, Cello und Akkordeon) ein freundliches, sehr analog wirkendes Klangbild entworfen, hier sind die Songs ohne Schnickschnack und stets am Wohlklang entlang arrangiert und produziert.
Es gibt also innovativere Neo-Folk-Projekte als Slow Leaves. Aber nur wenige, deren zehn Tracks über rund 35 Minuten Laufzeit so viel Retro-Charme und Herzenswärme ausstrahlen.
Slow Leaves – Meantime
VÖ: 30. Juni 2023, Make My Day Records
www.slowleaves.com
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