JAMES BLAKE – Playing Robots Into Heaven


Foto-© Thibaut Grevet

Where are my wings? They’re still loading.

(James Blake – Loading)

Es gibt vielleicht keinen besseren Zeitpunkt im Jahr für ein neues Album von James Blake als den Spätsommer. Erinnerungen werden wach an die Zeit vor zwei Jahren, als mit Friends That Break Your Heart das letzte Album des Sängers, Songwriters und Produzenten erschien, und man ist sofort bereit, sich von Blakes Falsetto und seinen melancholischen Melodien sanft in den Herbst tragen zu lassen.

Playing Robots Into Heaven, James Blakes sechste Studioalbum, ist allerdings vollkommen anders als sein Vorgänger. Blake zeigt sich hier wieder deutlich minimalistischer und bewegt sich zu seinen elektronischen Wurzeln zurück, ohne dabei je seinen charakteristischen melancholischen Sound zu verlieren. Kunstvoll verknüpft er Elemente aus Techno, Dubstep, House und Ambient: tanzflächenfreundliche Beats treffen auf düsterere Melodien und seine sanften, emotional aufgeladenen Vocals.

Gleich der erste Song, Asking To Break, entwickelt sich vom ruhigen, nachdenklichen Einstieg mit sich wiederholenden Vocal-Samples hin zu einem minimalistisch arrangierten, zurückhaltenden Club-Track. Als würde man auf einer leeren Tanzfläche stehen und sich in Zeitlupe bewegen.

Auch die Single Loading, eines der vielen Highlights auf Playing Robots, beginnt mit einer ruhigen, zurückhaltenden Melodie, überlagert von Blakes mal mehr, mal weniger hoch gepitchten Vocals, bevor die Kickdrum einsetzt und den Song mehr und mehr nach vorne bringt. Spätestens in der zweiten Hälfte wirkt die Kombination aus sanften, aber repetitiven Lyrics und treibendem Beat wie eine Gedankenspirale, die sich immer schneller dreht und brennt sich so sofort ins Gedächtnis. Der dritte Track, Tell Me, setzt diese Spirale eindrücklich fort: Mit rasantem Tempo verbinden sich ein pulsierendes Schlagzeug, taumelnde Synthesizer-Lines und verzerrte Vocals.

Während James Blake auf Friends That Break Your Heart (2021) und Assume Form (2019) noch Künstler:innen von Rosalía über Travis Scott bis SZA einlud, enthalten die elf Tracks auf Playing Robots Into Heaven kein einziges Feature. Es scheint, als wollte er sich auf diesem Album ganz und gar auf sich selbst konzentrieren. Spätestens bei Track #4, Fall Back, bewegt sich niemand mehr in Zeitlupe, während die Wiederholung der Lyrics in Endlosschleife regelrechte Beklemmung auslöst. Big Hammer wirkt im Gegensatz zu dieser Stringenz regelrecht chaotisch, eine Art Sample-Feuerwerk inklusive Ragga Twins, bevor man bei bei I Want You To Know einfach die Augen schließen und sich den teilweise zur Unkenntlichkeit verzerrten Vocal-Fetzen hingeben möchte. Und damit es auf keinen Fall langweilig wird, klingt Night Sky teilweise nach Cloudrap.

„I just want you to know that you are really special“

(James Blake – I Want You To Know)

Der Titeltrack Playing Robots Into Heaven, gleichzeitig der letzte Track auf dem Album, kommt dagegen wieder atmosphärisch, fast religiös anmutend daher: was in Wirklichkeit ein modularer Synthesizer ist, klingt hier wie eine fast monumentale Orgel.

Playing Robots Into Heaven ist James Blakes abwechslungsreichstes Album seit Langem. Poppige, balladenhafte Songs wie auf dem Vorgängeralbum sucht man hier vergebens; dafür beweist er mit diesem Album mal wieder, dass die Verbindung von Emotionalität, Melancholie und Beats, die eigentlich auf den Dancefloor gehören, keinen Widerspruch darstellt.

James Blake – Playing Robots Into Heaven
VÖ: 08. September 2023, Polydor
www.jamesblakemusic.com
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Marit Blossey

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