BLOOD – Filmkritik


Foto-© SquareOne Entertainment

Maybe you haven’t always been the best mom. No one can accuse you of that now. I see the love. And I feel it. But you don’t have to do it like this!

(Helen Osgood – Blood)

Blood beginnt wie eine Reminiszenz an die modernen Klassiker The Conjuring oder Amityville Horror: Eine auf den ersten Blick gutbürgerliche Familie zieht in ein gruseliges altes Landhaus, einsam gelegen auf einem Grundstück mitten in einem herbstlichen Wald. Die Mutter Jess (Michelle Monaghan) ist gestresst, aber auf liebevolle Weise besorgt; der kleine Sohn Owen (Finlay Wojtak Hissong) ist ein Wildfang, der mit dem Familienhund durch die Gegend tollt, die Teenager-Tochter Tyler (Skylar Morgan Jones) eher vernünftig und introvertiert.

Das scheinbare Idyll bekommt aber schon bald Risse: Jess steckt mitten in der Scheidung von ihrem Mann Patrick (Skeet Ulrich), der sie wegen ihrer Medikamentensucht verlassen und eine Beziehung mit dem Kindermädchen angefangen hat. Die Sucht hat sie zwar überwunden und deswegen auch das Sorgerecht bekommen, doch Patrick lässt keine Gelegenheit aus, sie an ihre Verantwortungslosigkeit zu erinnern. Daher will sich Jess unbedingt als gute Mutterfigur beweisen.

Schon sehr bald bekommt sie die Gelegenheit, zu zeigen, wie weit sie aus Liebe für ihre Kinder geht, als Owen von einem vermeintlich tollwütigen Hund gebissen wird und danach eine unheimliche Veränderung durchmacht – vor allem entwickelt er einen rasch wachsenden Appetit auf Blut…

So weit, so klassisch. An Blood bestechen zuallererst das Setting und die Landschaft, die durch Björn Charpentiers kristallklare Kamerabilder gekonnt in Szene gesetzt und für die Gruselstimmung instrumentalisiert werden. Der herbstliche Wald und die Natur um das Haus herum spielen eine gewichtige Rolle im Film – nicht nur visuell. Auch die Musik von Matthew Rogers mit gespenstisch-traurigen Streichern ist subtil, melancholisch und trägt zur tragischen Atmosphäre bei.

Es wird nicht ganz klar, ob das Horrorgeschehen den Hintergrund für das Familiendrama bilden soll oder andersrum – beide Genres werden solide ineinander verflochten, obwohl gerade durch den Mix keins von beiden wirklich in die Tiefe geht. Auch die Dialoge sind teilweise etwas hölzern und schablonenhaft. Dass der Film trotzdem effektiv gruselt und nicht zu sehr in die typische Horrorfilmfalle von flachen, schlecht gezeichneten Charakteren fällt, liegt vor allem an den schauspielerischen Leistungen. Besonders Michelle Monaghan gibt sich alle Mühe, die Zerrissenheit der Anti-Heldin Jess zum Ausdruck zu bringen. Auch Finlay Wijtok Hissong überzeugt als Owen und wechselt zwischen Hilflosigkeit und aggressiver Getriebenheit.

Darüber hinaus funktioniert die Geschichte auch gut als Parabel auf Suchtkrankheiten und die Familiendynamik bei Co-Abhängigkeit: Geheimnisse belasten alle Beteiligten und es steht immer die Frage im Raum, wie weit Unterstützung wirklich gehen sollte – und was Unterstützung in diesem Fall eigentlich bedeutet. Einige Szenen des Films bieten dabei – vermutlich unfreiwillig – hervorragenden Stoff für Black Comedy, und man fragt sich, ob er vielleicht als rabenschwarze Horrorkomödie besser funktioniert hätte denn als Familiendrama.

Trotzdem ist Blood atmosphärisch gekonnt von Regisseur Brad Anderson (Der Maschinist) inszeniert, fesselt und überrascht und gibt sich zumindest Mühe, viele Horror-Klischees zu dekonstruieren; für einen Filmabend auf dem Sofa in der kalten Jahreszeit und pünktlich zu Halloween keine schlechte Wahl.

Blood (USA 2022)
Regie: Brad Anderson
Darsteller: Michelle Monaghan, Skeet Ulrich, Finlay Wojtak-Hissong, June B. Wilde, Jennifer Rose Garcia
Heimkino-VÖ: 27. Oktober 2023, SquareOne Entertainment

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Tamara Plempe

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