ILGEN-NUR – It’s All Happening


Foto-© Miriam Marlene

Purple moon falling through the white shirt that I left with you
Pocket life you hold the knife
Took a bite, time to hide behind tall glass
Only because I′m tired of waiting for love to

Come back around again
Come back around again

Pacing up and down the road
They pulled me out, feeding the void
I only live to see another day
Sit on my skin, glow away
I’ve heard them say close the door
Burned my mouth staying in alone

Come back around again
Come back around again
Come back around again
Come back around again

(Ilgen-Nur – Purple Moon)

Der Albumtitel Power Nap und das dazu passende Cover-Artwork (ein unscharfes Foto von Ilgen-Nur im Bett) machten zwar einen ziemlich schläfrigen ersten Eindruck. Das war’s damit aber auch schon, ansonsten klang das superbe Grunge-Rock-Debüt der jungen Singer-Songwriterin aus Wendlingen am Neckar so aufgekratzt und hellwach, dass Kritiker in und außerhalb von Deutschland aus dem beredten Staunen gar nicht mehr herauskamen. 2019 war das – und Power Nap eines der Alben des Jahres von einem der größten Pop-Talente des Landes.

Dann kam bekanntlich eine gewisse lähmende Pandemie – und auch von Ilgen-Nur nicht mehr viel. Die Gründe lassen sich jetzt auf dem zweiten Album It’s All Happening nachhören: Die mittlerweile 27-jährige Musikerin ist auf Reisen gegangen, hat sich von Los Angeles und Umgebung inspirieren lassen, viele Platten der goldenen Sechziger und Siebziger (Stichwort: Laurel Canyon, zeitweise bewohnt etwa von Joni Mitchell, Carole King, David Crosby, Neil Young oder Jackson Browne) inhaliert und ihren Sound verändert.

Und auch dieses Werk ist wieder brillant – so luftig das Klangbild, so prächtig die Melodien, so reif das Songwriting, so wunderbar dunkel und zärtlich diese Stimme. Am ehesten erinnert noch das leicht grungige Lied Der Stern (auch das einzige mit deutschem Titel) an das Debüt von Ilgen-Nur Borali, die ihren Geburtsnamen als Künstlerin abkürzt. Ansonsten ist hier jedes Lied von einer lässigen Melodieseligkeit, einer sonnigen Westcoast-Pop-Atmosphäre durchströmt, dass man am liebsten sofort einen Flug nach Kalifornien buchen und (so wie die Musikerin im Video zu Lookout Mountain) im offenen Auto an der Küste entlang cruisen möchte.

Das erwähnte Lookout Montain und die Single Pruple Moon sind als Opener-Stücke herausragende Eintrittskarten in die neue Klangwelt von Ilgen-Nur, aber auch danach wird’s nicht schlechter. Das erhebend schöne Red Rock Road oder die berührende Ballade Momentary Bliss beispielsweise hätten selbst eine Aimee Mann (Magnolia) stolz machen können, zumal Ilgen-Nur der vielleicht besten US-Folkpop-Songwriterin der Gegenwart auch stimmlich recht nahe kommt.

It’s All Happening ist ein höchst einladendes Werk mit viel Klavier im Carole-King-Stil, sanft halligen Gitarren, ploppenden Bässen und opulenten Chören geworden (aber zum Glück kein überproduziertes). “Als ich angefangen habe, für das Album zu schreiben, hatte ich sehr viele saure und wütende Songs als Demos. Aber ich hatte keine Lust, dass das so eine Depri-Platte wird – das bin ich einfach nicht mehr”, sagte Ilgen-Nur dem Rolling Stone (Oktober).

Neben ihrem Gitarristen Max Barth und Produzent Jon Joseph waren bei den Aufnahmen in L.A. nur US-Sessionmusiker an Bord, denn “das sind einfach so krasse Profis, nach zwei Takes hat man den Song im Kasten – und er ist perfekt”. So mag dem zweiten Album von Ilgen-Nur der raue Charme des Vorgängers fehlen, dafür wird der Hörer mit üppigem Wohlklang und eingängigen, hoch ambitionierten Popsongs auf Weltniveau verwöhnt. Mindestens genauso gut wie das Debüt ist diese neue Platte – und das heißt schon was.

Ilgen-Nur – It’s All Happening
VÖ: 13. Oktober 2023, Power Nap Records
www.ilgen-nur.com
www.facebook.com/ilgennur.band

Ilgen-Nur Tour:
21.11.23 Leipzig, Naumans
22.11.23 Berlin, Hole44
23.11.23 Bremen, Tower
26.11.23 Hamburg, Knust
27.11.23 Köln, Bumann & Sohn
28.11.23 Wiesbaden, Kesselhaus
29.11.23 München, Milla

YouTube video

Werner Herpell

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