Foto-© Lina Gaisser
And we had so many plans
Leap from the sill, see where we land
We had so many plans
Safe from the wind, head in the sand
And we had so many friends
This had to end, it had to end
And we had so many friends
Maybe we’ll see them again
We sat so long, we sat so long
We sat so long tonight
We said “Au revoir”, we said “Au revoir”
We said it all in one night
(Beirut – So Many Plans)
Können wir uns darauf einigen, dass die tollsten Bläser-Arrangements im Indiepop von Zach Condon und seinem Langzeitprojekt Beirut stammen? Gut, das wäre also geklärt. Mit dem neuen Beirut-Album Hadsel kann daran aber auch wirklich kein Zweifel mehr bestehen. Allein der Opener und Titelsong schwelgt dermaßen in der puren Schönheit warmer Trompeten- und Waldhorn-Sounds, dass es dem Hörer die Tränen in die Augen treibt.
Was vor 17 Jahren mit Condons Gulag Orkestar und exotischem Balkan-Folk begann, kulminiert nun in zwölf prächtigen Barockpop-Songs und feierlichen Balladen mit Condons schöner, stets etwas manirierter Stimme. Inzwischen ist der Musiker aus dem US-Bundesstaat New Mexico, der 2006 als sehr junges Talent startete, auch schon 37 Jahre alt – und hörbar gereift, vermutlich auch durch die hinter ihm liegenden “schicksalhaften und belebenden Jahre” (so sein Label).
Ein so makelloses Pop-Album wie Hadsel haben Condon und Beirut jedenfalls noch nie vorgelegt. Und das nach hartnäckigen Hals-Problemen des Sängers, die ihn dazu zwangen, seine Tour 2019 abzusagen und sich zu fragen, ob er jemals wieder eine Live-Show spielen könnte. Der musikalische Weltenbummler Condon fand kreative Erlösung diesmal im hohen Norden Europas.
In einer kleinen Hütte auf der norwegischen Vesterålen-Insel Hadsel (daher der Albumtitel) traf der US-Amerikaner einen Orgelliebhaber namens Oddvar, der ihm Zugang zur örtlichen Hadselkirke verschaffte. Auf der Kirchenorgel legte Condon 2020 das Fundament für sein nächstes Album, das er – man glaubt es angesichts der klanglichen Opulenz kaum – allein schrieb und aufnahm.
“During my time in Hadsel, I worked hard on the music, lost in a trance and stumbling blindly through my own mental collapse that I had been pushing aside since I was a teenager”, sagt der Beirut-Mastermind. “It came and rang me like a bell. I was left agonising many things past and present while the beauty of the nature, the northern lights and fearsome storms played an awesome show around me. The few hours of light would expose the unfathomable beauty of the mountains and the fjords, and the hours-long twilights would fill me with subdued excitement. I’d like to believe that scenery is somehow present in the music.”
Das dabei entstandene Album spiegelt die zurückgewonnene Euphorie. Lieder wie So Many Plans, The Tern oder Süddeutsches Ton-Bild-Studio (ja, tatsächlich!) sind meisterhaft instrumentiert und arrangiert. Zu den allgegenwärtigen Bläser- und Orgel-Klängen gesellen sich modulare Synthesizer, Gitarre und Ukulele, Drum-Machines, Handtrommeln und andere Percussions.
Einzige kleine Kritik: In punkto Rhythmen und Tempi ist Hadsel nicht sehr abwechslungsreich – dafür aber ein Album aus einem Guss und definitiv ein starker Neustart für Beirut. Am besten gleich nach Sufjan Stevens‘ diesjährigem Meisterstück Javelin hören – passt perfekt!
Beirut – Hadsel
VÖ: 10. November 2023, Pompeii Records
www.beirutband.com
www.facebook.com/beirutmusic
Beirut live:
16.02.24 Berlin, Tempodrom
17.02.24 Berlin, Tempodrom