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Emotionaler Indie-Pop aus Kassel – klingt jetzt auf den ersten Satz erstmal nur bedingt sexy, doch weit gefehlt! Zumindest wenn es um die Newcomer von rosmarin geht, die gediegen und nachdenklich mit dem ersten Release ins neue Jahr 2024 starten – mit einem Song, der mehr Fragen als Antworten parat hält. Einem Song, der Seelenverrenkungen zelebriert, statt plumpe Parolen zu schmettern. Einem Song, der das alltägliche Wirrwarr im Kopf eines Mittzwanzigers als Coming-of-Age-Erzählung nachfühlbar macht. „Wann war das letzte Mal so’n richtig schöner Tag mit viel Musik und guten Leuten, den man einfach nur genießen kann?“, heißt es in merlin, gleichzeitig der ersten bei Four Music erscheinenden rosmarin-Single. merlin ist eine bittersüß-verträumte Ballade, kommt, gemessen an rosmarins bisherigen und anstehenden Veröffentlichungen, über die Maßen entschleunigt daher.
Dabei ist die neue Single der Band auch noch Vorbote auf ihre Debüt-EP lila/grün, die noch im Frühjahr 2024 zu hören sein soll – 5 Songs, die auf den Punk bringen, was rosmarin auszeichnet. Obgleich die Band jeden einzelnen Song als Challenge begriffen und spürbar viel Zeit und Energie in alle fünf jeweils für sich stehenden Stücke investiert hat, ergibt sich ein durch lange Intros, Interludes und Outros verziertes, ineinanderfließendes Gesamtbild. Die EP lebt von forcierten Brüchen, wallenden Zuspitzungen und Laut-Leise-Dynamiken, animiert zugleich aber fortlaufend zum Kopfnicken. Zwischen anschmiegenden Gitarrenläufen, analogem Schlagzeugspiel und atmosphärischen Synth-Bass-Passagen klingen rosmarin durchgehend nach, nun ja, Band.
Auf lyrischer Ebene vermengt lila/grün präzise Momentaufnahmen und große Bauchgefühle — entkrampft und höchstens versteckt kitschig. Sänger und Frontmann Silas’ in höchste Höhen ausfransende Gesangsparts beleuchten wiederkehrend das Spannungsfeld zwischen klaffender Lostness, nie endender Party, ‚es ist kompliziert’-Beziehungen und sich schlagartig einstellendem Erwachsenenleben.