Foto-© Eichborn Verlag
Die Schriftstellerin Rebecca F. Kuang muss definitiv ihre Tagesroutine ändern, denn während die 27-Jährige noch an ihrer Dissertation an der Yale University arbeitet, kam am 29. Februar endlich die Übersetzung ihres Romans Yellowface (Eichborn Verlag) in die deutschen Buchläden. Damit liefert die New York Times Bestseller-Autorin nach ihrer Trilogie Im Zeichen der Mohnblume und Babel wieder einen Roman, den man nicht so schnell aus der Hand legen kann.
In dem Buch geht es um die Autorin June Hayward, die sich nur schwer in der Literaturbranche halten kann. Sie hat ihren Durchbruch einfach noch nicht gehabt – im Gegensatz zu ihrer frenemy (friend-enemy) Athena Liu. Natürlich gönnt June ihrer “Freundin” diesen Erfolg…aber irgendwie auch nicht. Sie denkt schlecht über sie und ist vor allem eines: neidisch auf Athenas Erfolg. Dieser hängt für die weiße June vor allem damit zusammen, dass Athena als amerikanisch-chinesische Frau viel spannendere Geschichten zu erzählen hätte, die gerade im Trend liegen würden.
Doch dann ergibt sich für June (literally) eine einmalige Gelegenheit: bei einem Treffen verstirbt Athena überraschend, nachdem sie June von ihrem neuen Buchprojekt erzählt hat. June zögert nicht lange. Sie nimmt das Manuskript an sich, bearbeitet es etwas und reicht es ein. Ihr Verlag ist begeistert.
Allerdings gibt es da ein kleines Problem. In dem Roman von June geht es um die Heldentaten chinesischer Arbeiter während des Ersten Weltkriegs – warum sollte sich eine weiße US-Amerikanerin mit dem Thema auskennen, geschweige denn darüber schreiben? Um die Spuren etwas zu verwischen, nimmt June den Künstlernamen Juniper Song an, der “ganz zufällig” etwas “asiatisch klingt”. Doch die Kritik an ihrer Person und ihrem Werk reißt nicht ab. Sie sieht sich irgendwann einem Hass ausgesetzt, mit dem sie so nicht gerechnet hätte.
R. F. Kuangs Roman Yellowface ist definitiv unterhaltsam und während man manchmal aus dem Kopfschütteln nicht herauskommt, fliegt man praktisch durch diese kuriose Geschichte. Dabei gerät man als Lesende:r in eine unkomfortable Umgebung: June ist kriminell, unsympathisch, rassistisch und sieht sich als Opfer einer ungerechtfertigten Hetzkampagne. Und dennoch schafft es Kuang, dass man dranbleibt und trotz Unwohlsein gut unterhalten wird. Man merkt, dass viele persönliche Erfahrungen der Autorin in dem Werk stecken, was es umso lesenswerter macht. Gut, dass man das strahlend gelbe Buchcover kaum übersehen kann.
Rebecca F. Kuang – Yellowface
384 Seiten, 978-3-8479-0162-4
VÖ: 29. Februar 2024, Eichborn Verlag
24 Euro