Foto-© Debbie Ellis
The two of us we coexists
And it all comes down to this
All mistakes and chances missed
And it all comes down to this
Waiting on the train is near
Destruction is right here
All the loss, and all the fear
Losing to yourself is clear
From the dream of live, to this
Awake to find the death exist
In utero and morning bliss
And it all comes down to this
(A Certain Ratio – It All Comes Down To This)
Eine Gefälligkeit, die auf den Mainstream und damit auf den Ausbruch aus der Kult-Nische schielte – das war nie die Sache von A Certain Ratio (ACR). Anfangs als Zeit- und Stilgenossen der britischen Postpunk-Götter Joy Division einsortiert, wandte sich die Band aus Manchester nach einem New-York-Trip 1980 dem polyrhythmischen Funk dieser aufregenden Zeiten zu (die Talking Heads hatten sie da mit ziemlicher Sicherheit intensiv gehört). Das Ergebnis war eine höllisch groovende Mixtur aus New Wave und Black Music – dieser Schreiber erlebte seinerzeit selbst in einer Großraumdisco die Wirkung von ACR, sie war bei ohrenbetäubender Lautstärke verdammt eindrucksvoll.
Die Erinnerungen an bollernde Bässe, peitschende Drums und magisch auf den Dancefloor treibende Funk-Gitarren weckt nun auch wieder It All Comes Down To This, das 13. Album von A Certain Ratio seit dem Debüt von 1980. Das mittlerweile wieder auf die Gründungsmitglieder Jez Kerr, Martin Moscrop und Donald Johnson reduzierte Trio pflegt immer noch diesen mal kantig-sperrigen, mal zugänglichen Punk-Funk-Sound, dem das kleine Quäntchen Hit-Potenzial letztlich fehlt. Was aber nicht gegen ACR spricht – dies ist eine Band, die ihre Vergangenheit stolz in die Gegenwart überführt hat und ihren kleinen Legendenstatus hörbar genießt.
Die neue Platte erscheint fast genau ein Jahr nach ihrem gefeierten 1982 und nach einer Tournee, mit der A Certain Ratio ihr 45. Bühnenjubiläum feierten. It All Comes Down To This ist zugleich das erste Album, das die drei Punk-Funk-Veteranen ohne Gäste aufgenommen haben. “It’s the Ratio removing the safety net”, sagt Sänger und Bassist Jez Kerr. “It wasn’t a matter of rubbing everyone else out, it was: Let’s find the thing that makes us work”, ergänzt Drummer Donald Johnson. “And we know that’s just the three of us being as basic as possible – no frills, no major overdubs. Just visceral and happening in the moment.” Mit anderen Worten: Das Klangbild ist aufs Wesentliche beschränkt, enthält aber gleichwohl alle Sound-Elemente, die man sich als langjähriger ACR-Fan wünscht.
Nachdem A Certain Ratio mit Dan Carey 2021 bereits an einem Remix gearbeitet hatten, wandten sie erneut an diese Leitfigur zeitgenössischer Underground-Produktionen, die zuletzt unter anderem mit black midi, Kae Tempest oder Black Country New Road gearbeitet hatte. “Carey, der für seine Ablehnung von Klanggewirr und seine kompromisslose Konzentration auf die Essenz der von ihm produzierten Bands und Künstler bekannt ist, stimmte naturgemäß mit dem Wunsch von ACR überein, zu den Basics zurückzukehren”, so beschreibt das langjährige Label Mute die erfolgreiche Kooperation. A Certain Ratio verdienen sich damit erneut den Ehrentitel “pioneering groove alchemists” (The Quietus).
Vom tollen Opener und Titelstück über den harten Funk von Keep It Real und We All Need, von der Nile-Rodgers-Gedächtnisgitarre in Out From Under bis zum Closer Dorothy Says – diese Platte ist ein starkes, selbstbewusstes Statement einer Band im 47. Jahr ihres Bestehens. Zugleich ist It All Comes Down To This laut Gitarrist Martin Moscrop “probably the most political album we’ve written”. Denn: “We wrote the album while the world was in turmoil. Which it still is. If you think about climate change, corporate war, the environment, Trump in power, Johnson, the Ukraine war, Israel and Palestine, it really does all come down to this.” Womit auch der Albumtitel geklärt wäre.
A Certain Ratio – It All Comes Down To This
VÖ: 19. April 2024, Mute
www.acrmcr.com
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