ONE LIFE – Filmkritik


Foto-© SquareOne Entertainment

Because I may be able to do something about it, I must.

(Nicky Winton – One Life)

Die wahre Geschichte von Nicholas Winton, in seinen späteren Jahren von Sir Anthony Hopkins, in jüngeren Jahren gespielt von Johnny Flynn. Der von seinen Freunden liebevoll Nicky genannte Londoner Börsenmakler weigerte sich im sich anbahnenden zweiten Weltkrieg wegzuschauen und zeichnete sich maßgeblich und ohne Rückhalt seiner Regierung für die Rettung von über 600 primär jüdischen Kindern aus der von Nazis besetzten Tschechoslowakei verantwortlich.

Mit One Life hat Regisseur James Hawes, dem Protagonisten Sir Nicholas Winton ein Denkmal geschaffen, das ihm hoffentlich die internationale Anerkennung verschafft, die ihm zusteht. Wobei ihm selbst das völlig egal wäre, immer wieder betont er im Laufe des Films, dass es ja nicht um ihn geht. Hoffen wir dann zumindest, dass hierdurch seine Gesinnung, dass wer helfen kann, dies auch tun muss, Gehör findet. Im Film folgen wir zunächst einem alternden Nicky im Jahre 1988, der es nicht ganz schafft mit der Vergangenheit abzuschließen. Zu präsent sind all die Kinder, die er eben nicht retten konnte. Dieses schwere Erbe trägt er symbolisch in Form einer Kladde aus Zeitungsartikeln, Notizen und Passfotos der Kinder mit sich. Diese Mappe ist es, anhand der er hofft, die Geschichte der Kinder in die Öffentlichkeit zu tragen und sichtbar zu machen. Dieses „Wie“ und die Folgen des Erlebten sind die Erzählebene, durch die uns Sir Anthony Hopkins als alternder Nicky führt. Seine schauspielerische Leistung dabei ist bemerkenswert. Er bringt nicht nur das korrekte reale Alter (Hopkins ist 1937 geboren) und die Lebenserfahrung mit, sondern spielt auch weiterhin unglaublich dezent und mit Gefühl eine Kombination aus Sturheit und Verletzlichkeit, veredelt mit einer guten Portion Verschrobenheit.

Parallel hierzu wird die Geschichte des jungen Nicky, idealistisch und unverbraucht gespielt von Johnny Flynn. Dass auf beiden Ebenen Erinnerungen und Parallelen zu Steven Spielbergs Schindlers Liste aufkommen, überrascht wenig. Auch der reale Nicholas Winton wird als der britische Schindler bezeichnet und beide Filme bzw. Männer zitieren den Talmud: „Rette ein Leben und du rettest die ganze Welt“. Spannend ist hier das Wettrennen gegen die Zeit, denn wir wissen und die realen Figuren im Film vermuten, dass die Nazis bald nach der Macht greifen, die Frage ist nur, wann und wie viele Kinder können davor noch gerettet werden. Während Nicky zunächst an der Tschechischen Front agiert, nimmt es seine Mutter, gespielt von Helena Bonham Carter daheim mit dem Monster der britischen Bürokratie auf und ihr dabei zuzusehen, ist wenig überraschend ein großes Vergnügen und einige der wenigen lockereren Szenen des Films.

Seinen nicht nur für das Publikum tränenreichen Abschluss findet der Film letzten Endes auf Hopkins Zeitebene. Allen Tränen zum Trotz werden die meisten den Kinosaal nicht nur erschüttert, sondern vor allem berührt und ermutigt etwas zu tun, verlassen. Somit auf jeden Fall ein sehenswerter Film, bei dem man das Befüllen der eventuell vorhandenen Geschichtslücke mehr nebenbei auch noch mitnimmt.

One Life (UK 2023)
Regie: James Hawes
Besetzung: Anthony Hopkins, Lena Olin, Johnny Flynn, Helena Bonham Carter
Kinostart: 28. März 2024, SquareOne Entertainment

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Malte Triesch

Malte wuchs im idyllischen Lilienthal, direkt an der Grenze zu Bremen, der schönsten Stadt im Norden Deutschlands, auf. Seine frühesten Film-Erinnerungen ist, auf dem Schulhof in der neusten TV Movie alles anzustreichen was gesehen und aufgenommen werden muss. Da die Auswahl an Horrorfilmen hier doch recht be- oder zumindest stark geschnitten war entdeckte er Videotheken für sich bzw. seine Mutter, da man diese ja erst ab 18 betreten durfte. Wenn er nicht gerade Filmreviews schreibt ist er wahrscheinlich im (Heim-)Kino oder vor dem Mikrophon für den OV Sneak Podcasts, SneakyMonday.

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