CASSANDRA JENKINS – My Light, My Destroyer


Foto-© Pooneh Ghana

Sea sick dawn
Come to tear off another page
Blink my eyes open
Punch the clock in the face

Another formula
Everywhere I turn
Everything adds up
To your number

You’re the only one I’ve ever loved
The only one that I know how to love
You’re the only one I’ve ever loved
The only one that I know how to love

(Cassandra Jenkins – Only One)

Man muss sich nur die Liste der Musiker anschauen, mit denen Cassandra Jenkins schon auf der Bühne oder im Studio war, um den Stellenwert dieser US-amerikanischen Indie-Künstlerin zu begreifen: der hoch angesagte Producer und Multiinstrumentalist Josh Kaufman (Bonny Light Horseman, Taylor Swift), die Singer-Songwriter Eleanor Friedberger, Craig Finn (The Hold Steady), David Berman (Silver Jews, Purple Mountans), Mitski und Courtney Barnett beispielsweise.

Typische Sound-Elemente all dieser Top-Leute finden sich auch auf dem dritten Album der vor 40 Jahren in Brooklyn/New York geborenen Jenkins. Und doch zeigt sie auf My Light, My Destroyer zugleich eine überragende individuelle Qualität, die sich beim Vorgänger An Overview On Phenomenal Nature schon mehr als nur angedeutet hatte.

Zwischen Folkrock, der gelegentlich an Neil Youngs episch-ruppige Lieder mit Crazy Horse oder an Tom Petty erinnert (Clams Casino, Aurora, IL, Petco), experimentellen Interludes mit Spoken-Word- und Ambient-Exkursionen (Shatner’s Theme, Attente Téléphonique, Hayley) sowie opulenten Balladen der Sufjan-Stevens-Klasse (Devotion, Omakase, Tape And Tissue) oszilliert dieses dritte Jenkins-Album. Dass die Amerikanerin mit ihrem so zurückhaltenden wie geschliffenen Gesangsstil bei jüngeren Singer-Songwriterinnen wie Natalie Mering (Weyes Blood), Tamara Lindeman (The Weather Station) oder Sarabeth Tucek, aber auch bei einer Folkpop-Ikone wie Aimee Mann andockt, schadet natürlich ebenfalls nicht.

Es ist schlicht ein Genuss, dieser sanften und doch sehr markanten Stimme zuzuhören. Egal ob Jenkins nun mit einer Freundin zu jazzigen Klängen über den Sternenhimmel philosophiert (Betelgeuse) oder in Only One hymnisch das Wunder der solitären Liebe besingt (mit seiner traumverlorenen Mitternachts-Trompete schon jetzt einer der schönsten Songs des Jahres).

My Light, My Destroyer ist, wie zuletzt das gefeierte Doppelalbum Joan Of All (2023) der bereits erwähnten Sarabeth Tucek, eine stark vom “Big Apple” inspirierte Platte. “Coming back home to New York, being with my close friends and community, riding the subway, and going to live shows made me want to channel the palpable feeling of the electricity in a room full of people – I need to be fully immersed in my environment”, sagt Cassandra Jenkins. “New York City is endlessly stimulating, and I’m very impressionable.”

Für die musikalische Umsetzung dieser Impressionen standen ihr beispielsweise El Kempner (Palehound), Meg Duffy (Hand Habits), Katie von Schleicher, Daniel McDowell (Amen Dunes), sowie Josh Kaufman zur Verfügung. Das Ergebnis ist brillant, ein schöneres Singer-Songwriterinnen-Album zwischen Folkrock und Avantgarde-Pop in diesem Jahr kaum noch denkbar. Cassandra Jenkins legt mit My Light, My Destroyer – gut zehn Jahre nach der selbstbetitelten Debüt-EP – ihr Meisterstück vor.

Cassandra Jenkins – My Light, My Destroyer
VÖ: 12. Juli 2024, Dead Oceans
www.cassandrajenkins.com
www.facebook.com/CassandraJenkinsOfficial

Cassandra Jenkins live:
10.11.24 Aalhaus, Hamburg
13.11.24 Silent Green, Berlin

YouTube video

Werner Herpell

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