HALO – In The Company Of No One

Pouring some milk into a cup
Spilling some water on your lap

Ba ba ba ba ba

(Halo – Cups & Laps)

Die spontanen Youtube-Reaktionen zur ersten Single von Masha Qrella und Julia Kliemann alias Halo schwanken zwischen Begeisterung und (positiver) Ungeduld. “Brillant! Da werden schöne Erinnerungen von vor 20-25 Jahren wach. Danke dafür!”, schreibt ein Nutzer über den mit wenigen einfachen Worten auskommenden Electropop-Song Cups & Laps. Ein anderer User äußert wohlmeinend Unmut ob der gefühlt ewig langen Warterei: “Na endlich, das wurde auch Zeit.”

Recht haben beide. Denn das jetzt endlich erschienene Album In The Company Of No One ist ein Grund zu purer Freude, hätte die Hörer aber auch nicht unbedingt auf eine solche Geduldsprobe stellen müssen.

Weil nicht jeder sofort die beiden Namen parat hat – hier eine kurze Rückblende in die späten 90er Jahre der Musikmetropole Berlin. Damals erfanden Leute wie Mariana Kurella alias Masha Qrella mit Bands wie Contriva oder Mina “einen neuen Indietronic-Pop am heimischen Laptop, befreit von der Macht alter Rockmänner und ihren überteuerten, analogen Studios”, wie das Halo-Label Fun In The Church schreibt. Später feierte die 1975 geborene Multiinstrumentalistin und Singer-Songwriterin Qrella solo hochverdiente Erfolge, zuletzt mit dem gefeierten Thomas-Brasch-Tribute-Album Woanders (2021) und als Film/TV-Komponistin. Auch Julia Kliemann veröffentlichte zusammen mit Christian Flor als Zartcore-Duo Komëit tolle Musik in diesem Hauptstadt-Experimentierfeld.

Dass diese beiden kreativen Frauen nun unter dem “Heiligenschein”-Moniker mit In The Company Of No One endlich ihr Debüt rausbringen, ist eine logische Folge der musikalischen Geistesverwandtschaft. Dabei hatten Qrella/Kliemann schon vor zehn Jahren beschlossen, ein Duo zu gründen. “Aus unterschiedlichen Gründen wurde ihr erstes gemeinsames Album trotz fabelhafter Songs nie fertig”, berichtet das Label. “2022 nahmen sich die beiden Musikerinnen die Zeit, das Material in Ruhe zu sichten, und beschlossen, es endlich fertig zu produzieren. (…) Den Künstlerinnen ist es mittlerweile vollkommen schleierhaft, warum es so lange gedauert hat, dieses Album fertigzustellen.” Wie dem auch sei – das Ergebnis ist großartig.

Schon der Opener All The Years (eine Anspielung auf die lange Verzögerung?) dürfte jeden Indietronica/Postrock-Fan umhauen: Zuerst einige Spielkonsolen-Sounds, dann ein pochender Beat und eine düstere Postpunk-Gitarre, wenig später helle, freundliche Frauenstimmen – ein mächtig groovender Start nach Maß. Und auch danach wird hier feinster Indie-Pop mit Loops und krautrockigen Elementen, treibenden Rhythmen und federleichten Gesängen (mal solo, mal zu zweit bestens harmonierend) geboten.

Bis zum Closer Bandaranaik holen Qrella und Kliemann alles aus ihren Instrumenten, Samplern, Sequencern und Vocals heraus. Neben (zutreffenden) Vergleichen mit New Order oder Stereolab könnte man auch The Cure oder Kraftwerk als Referenzen für den Halo-Sound nennen. Letztlich aber bleibt dieses starke Album ganz klar das Duo-Ding zweier brillanter Berliner Musikerinnen. Das lange Warten hat sich gelohnt.

Halo – In The Company Of No One
VÖ: 28. Juni 2024, Edition Dur/Dussmann (Vinyl) / Fun In The Church/Zebralution (digital)
www.facebook.com/mashaqrella
www.facebook.com/FunInTheChurch
https://funinthechurch.bandcamp.com/album/in-the-company-of-no-one

YouTube Video

Werner Herpell

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