Foto-© Theo Cottle
Von wegen Sommerpause – im August kommen ein paar der vielleicht heißesten Alben des Jahres 2024 raus! Diese Alben sollten euch auf dem Weg zu eurem nächsten Festival, Open-Air-Konzert, Urlaubslocation…begleiten:
1. Fontaines D.C. – ROMANCE (VÖ: 23.08.2024)
Die irische Art-Rock-Band Fontaines D.C. hat sich mit ihrem bisherigen Wirken schnell ein gutes Fundament für den guten Ruf als kommende Kult- und Headliner-Band gelegt. Nun kehren sie diesen Monat mit dem Nachfolger ihres gefeierten 2022er Albums Skinty Fia zurück und nach den bisherigen Singles Starburster, Favourite und Here’s The Thing ist nicht nur klar, dass die Band um Frontmann Grian Chatten ihren Sound noch weiter für außergenrige Einflüsse geöffnet hat, sondern auch, dass ROMANCE vielleicht das am heißesten erwartete Album einer Rock-Band in 2024 ist! In Zusammenarbeit mit dem Arctic Monkeys-Produzenten James Ford (Simian Mobile Disco) hat die Band jegliche Retro-Ästhetik hinter sich gelassen, wie Chatten sagt: “Wir sagen auf dieser Platte Dinge, die wir schon lange sagen wollten. Ich habe nie das Gefühl, dass es vorbei ist, aber es ist schön, sich leichter zu fühlen.” Damit manifestieren Fontaines D.C. ihren Status als vielleicht wichtigste Band ihres Jahrgangs und zeigt sich bereit für den nächste, ganz großen Schritt – denn ROMANCE könnte ihr ganz großer Wurf werden!
2. Leyya – Half Asleep (VÖ: 30.08.2024)
Manchmal muss man einen Schritt zurück machen, um sich selbst zu reflektieren, vielleicht auch um aus einem Strudel heraus- und letztlich voranzukommen! Als das österreichische Duo Leyya 2022 ankündigte vorerst keine Konzerte mehr zu spielen, klang das nach einem Schlussstrich. Zwei Jahre später kann man sich getrost freuen, ist doch das neue Album von Sophie Lindinger und Marco Kleebauer kurz vor der VÖ und die erste Tour dazu steht auch schon im September an! „Wir sind endlich wieder bei uns selbst angekommen und es fühlt sich richtig an“, so das Duo und produziert als Auszeichnung der Aussage innerhalb einer Woche beinahe ein ganzes Album. Die Selbstreflexion als Konsequenz innerer Unruhe prägt Half Asleep; der Prozess einer Erkenntnis und des Sich-Bewusst-Werdens der eigenen Position im Innen und Außen zieht sich wie ein roter Faden durch das Album. Sophies analytischer Blick richtet sich auf Vergangenheit und Zukunft, sucht in Halbzuständen taumelnd nach einer Verortung. Das Gefühl, das halbe Leben verpasst zu haben, dauernd weder wach noch schlafend zu sein, durch die Wochen zu hustlen, ohne dabei etwas zu spüren, ist gegenwärtige Realität. Analoge stoßen auf digitale Sounds, instrumentale Grenzen werden blurry und irgendwo zwischen crappy Phone-Sounds und einer Fast-Forward-Production pendeln sie sich zustandslos ein. Dabei ist jeder Sound liebevoll handgemacht, klingt beinahe harmonisch organisch, entgegen der schnelllebigen Umstände und gängigen Produktionsweisen – Größen wie Bon Iver oder The Notwist lassen in dieser Hinsicht grüßen. Ambivalenzen sind typisch Leyya und in Half Asleep zwischen Musik und Lyrics deutlich spürbar – und sie machen dieses Album so besonders!
3. Beabadoobee – This Is How Tomorrow Moves (VÖ: 09.08.2024)
Aus der Safe-Zone im eigenen Schlafzimmer, wo der bisherige DIY-Bedroom-Indie-Rock der auf den Philippinen geborene und in London aufgewachsene Beatrice Laus, besser bekannt als Beabadoobee, zumeist entstand, rein in Rick Rubins Malibu-Studios Shangri-La! Und unüberhörbar zeugt das neuste Album von Beabadoobees künstlerischer Entwicklung und Widerstandsfähigkeit. Es ist eine Reise durch Selbstvertrauen und Selbstbeobachtung, mit Themen der Selbstakzeptanz und des persönlichen Wachstums, teilweise ein Liebesbrief an ihr jüngeres Ich und all das, was sie durchgemacht hat. “Ich liebe dieses Album”, sagt sie. “Ich habe das Gefühl, dass es mir so viel mehr als alles andere dabei geholfen hat, diese neue Ära zu meistern und zu verstehen, wo ich stehe. Ich denke, es geht darum, eine Frau zu werden.”
“Ich glaube, ich bin mir meiner Handlungen in diesen Songs bewusster”, fügt Bea hinzu. “Auf meinen früheren Platten habe ich immer über meine Reaktion auf die Taten anderer Leute gesungen, wie ein Schuldspiel. Aber auf dieser Platte akzeptiere ich, dass auch ich unweigerlich Schuld habe. Ob es nun ein Kindheitstrauma oder Beziehungsprobleme sind, es gehören immer zwei dazu, um Tango zu tanzen.“ Mit der Anleitung von Rubin hat Beabadoobee festgestellt, wie sehr sie es genoss, zu den Wurzeln ihres Handwerks zurückzukehren. “Er hat mir das Selbstvertrauen gegeben, dass ich meinem Songwriting vertrauen kann – ich habe mir diese Position in Shangri-La verdient, das ist keine Chance, die man vergeuden sollte, und das hat mir einfach einen Haufen Selbstvertrauen gegeben: Ich kann einen Song schreiben, das ist das Einzige, von dem ich weiß, dass ich es kann.”
4. Leoniden – Sophisticated Sad Songs (VÖ: 23.08.2024)
Während das Kieler Gespann Leoniden derzeit auf diversen Festivals landein, landaus für ordentlich Euphorie auf und vor der Bühne sorgen (und gleichzeitig auch mit ihren Langfinger-Videos via ihren Social Media-Kanälen für den ein oder anderen Lacher sorgen) steht demnächst ihr neues Album an – womit der große Leoniden-Spagat mal wieder deutlich wird! Denn sind die Songs live unbedingt tanzbar und dazu auch noch mit breiten Sound-Kulissen, solidarischen Circle Pits, Salto-Schlägen, Verrenkungen und durch die Gegend fliegenden Instrumenten mit ordentlich Energie aufgeladen, ist die inhaltliche Basis oftmals eine ganz andere. Auf lyrischer Ebene geht es fast immer um negative, weltverschmerzte Gedanken, die nur darauf warten, im kollektiven Tanzrausch ertränkt zu werden. Daher passt der Name des neuen Albums auch so gut – und es hilft uns auch die Zeit zu überbrücken, bis wir das nächste Mal wieder vor der Bühne in den Leoniden-Moshpit geraten können, wenn dann im Oktober die Tour wieder richtig losgeht!
5. Los Bitchos – Talkie Talkie (VÖ: 30.08.2024)
Noch so eine Live-Euphorie-Band! Das in London ansässige Quartett Los Bitchos hat in den letzten Jahren für so einiges an guter Laune mit ihrem launigen Instrumental-Mix gesorgt – nur kehrt die Band mit ihrem Zweitwerk zurück! Talkie Talkie ist dabei ein klangliches Abenteuer, das die Hörer*innen in eine Welt entführt, in der Funk, Disco, Latin und türkische Rhythmen in einer euphorischen Fusion kollidieren. Benannt nach dem gleichnamigen fiktiven Club, ist Talkie Talkie ein Paradies voller Freiheit und Möglichkeiten; ein Ort, an dem Partyliebende der Realität beim Tanzen entfliehen oder zu den belebenden Klangwelten tagträumen können. Wenn das elektrisierende Debütalbum Let the Festivities Begin! aus dem Jahr 2022 die Vorbereitung auf die große Nacht war, dann ist Talkie Talkie die Technicolor-Explosion auf der Tanzfläche.
Im Mittelpunkt des Albums steht ein lebendiges filmisches Universum, das von der Lieblingsästhetik der Band inspiriert ist: den 80er Jahren. Das Quartett hat sich vor allem die klanglichen Innovationen dieser Zeit zunutze gemacht, in der analoge und digitale Techniken aufeinanderprallten, um eine ausgefeilte Textur und Tiefe zu erzeugen.
Wiederkehrer: Land of Talk – Applause Cheer Boo Hiss: The Definitive Edition (VÖ: 12.07.2024)
Irgendwie schaffte die kanadische Indie-Band um Frontfrau Elizabeth Powell hierzulande nie so richtig den Durchbruch – dennoch gehört das Debütalbum Applause Cheer Boo Hiss, das im Original 2007 erschienen ist bis heute für viele renommierte Künstler*innen zum großen Einfluss. Sharon Van Etten, Julia Steiner (Ratboys), Nick Sanborn (Sylvan Esso), Mike Kinsella (American Football) und Hand Habits sind nur einige der Künstler, die von Land of Talk inspiriert wurden, selbst Musik zu machen. Ihre eigene Musik ist dabei schwer zu beschreiben, weil sie sich in den letzten 18 Jahren so stark entwickelt hat. Und bei all ihrem Wachstum und ihren Wandlungen hat Elizabeth Powells erste Veröffentlichung als Land of Talk Applause Cheer Boo Hiss etwas Ergreifendes und Immergrünes an sich. Die ursprünglich 2006 veröffentlichte Debüt-EP besteht aus sieben kantigen, gitarrenbetonten Rocksongs, die sich klanglich an Künstlern wie Post-Hardcore-Acts wie Fugazi oder Space-Pop-Bands wie Broadcast orientieren. Später wurde die EP um drei Songs erweitert und über One Little Independent veröffentlicht. Diese 10 Songs wurden nun remastert und sind im Juli mit den ebenfalls remasterten Aufnahmen L’aventure Acoustique von 2008 also Doppel-LP Applause Cheer Boo Hiss: The Definitive Edition erschienen. Zusätzlich zum physischen 2LP-Release werden auch fünf weitere Songs als Download angeboten, darunter Remixes, Liveversionen und Bonustracks. Wir sahen die Band bei einer der ersten Live-Shows zum Debütalbum in einem Kleinstclub in Heidelberg, trafen Elizabeth Powell damals zum Interview und sind bis heute Fans der Platte, die auch in 2024 noch perfekt gealtert ist und die man in der neuen Auflage als Indie-Fan nicht verpassen sollte!