THE DEAD DON’T HURT – Filmkritik


Foto-© Marcel Zyskind Alamode

We have a life together now, it is only beginning.

(Vivienne Le Coudy – The Dead Don’t Hurt)

Holger Olsen (Viggo Mortensen) lebt im Wilden Westen der 1860er Jahre, nahe des verschlafenen Nests Elk Flats in Nevada. Hier tut er, nach eigener Aussage, so wenig wie möglich. Dies ändert sich, als er bei einem Tripp nach San Francisco die selbstbewusste Vivienne Le Coudy (Vicky Krieps) kennen und lieben lernt. Vor dem Hintergrund des Amerikanischen Bürgerkriegs erzählt The Dead Don’t Hurt ihre Geschichte, ihren Kampf ums Überleben, ihre Liebe und ihre Werte.

Western erleben gerade mal wieder eine kleine Renaissance. Wobei sich diese anders als actionreichere oder modernere Vertreter des Genres oft auf den ruhigen Ursprung des Genres zurückbesinnen. Genau dies tut Regisseur, Drehbuchautor, Komponist und Hauptdarsteller Viggo Mortensen mit seinem Film The Dead Don‘t Hurt mit voller Hingabe. Das über zwei Stunden lange Epos als ruhig zu bezeichnen ist eine absolute Untertreibung. Auch diese Gegenbewegung zum modernen Action-Blockbuster ist jedoch nichts neues und sollte besonders Arthouse-Fans nicht weniger überraschen, denn begeistern. Dabei springt oder vielmehr schleicht der Film noch zwischen zwei Zeitebenen hin und her, dies geschieht dabei so fließend, dass man es zunächst kaum mitbekommt. Das funktioniert für die Laufzeit des Filmes auch ganz wunderbar. Es weckt jedoch auch ein wenig Erwartungen daran, dass die Zeitlinien im Finale dann mit einem Knall aufeinandertreffen, aber auch hier bleibt der Film sich und seinem ruhigen Tempo treu. Das soll jedoch keineswegs bedeuten, dass es in dem Film kein Drama und keine Konflikte geben würde. Es gibt die üblichen Probleme der Mächtigen, der Schwachen, des Kapitalismus und hier mit besonderem Augenmerk Rassismus und Sexismus. Denn der Film ist weniger Holgers als Viviennes Geschichte und ein sehr schönes Mahnmal für frühen, unbeugsamen Feminismus. Dies ist dann auch wohl der entscheidende Unterschied zwischen The Dead Don’t Hurt und klassischen Western. Grandioserweise ist der Film so ultraklassisch inszeniert, dass die sehr modernen Botschaften, die an sich anachronistisch zum klassischen Westerngenre sind, sich absolut organische in den Film einfügen. Selten wurde so konsequent und klar gesagt, dass es im besten Sinne männlich sein kann, sich für Gleichberechtigung von Mann und Frau einzusetzen. Die Antithese dazu, dass es feige und armselig ist, sich auf Kosten Schwächerer zu profilieren, liefert der Film dabei auch gleich mehrfach mit.

Fassen wir uns im Gegensatz zu Herrn Mortensen mal kurz, um euch mehr Zeit für den Film zu geben. Einen sehr ruhigen Western, der zugunsten von Tiefgang und Charakterstudien, auf Action verzichtet. Für manch einen sicher zu ruhig, aber für alle Fans des Genres, des „Wilden Westens“ in all seiner Schönheit und Schroffheit, garniert mit einer bittersüßen Liebesgeschichte, sehr sehenswert.

The Dead Don’t Hurt (USA 2024)
Regie: Viggo Mortensen
Darsteller: Vicky Krieps, Viggo Mortensen, Solly McLeod, Garret Dillahunt, W. Earl Brown, Danny Huston, Atlas Green
Kinostart: 8. August 2024, Alamode Film

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Malte Triesch

Malte wuchs im idyllischen Lilienthal, direkt an der Grenze zu Bremen, der schönsten Stadt im Norden Deutschlands, auf. Seine frühesten Film-Erinnerungen ist, auf dem Schulhof in der neusten TV Movie alles anzustreichen was gesehen und aufgenommen werden muss. Da die Auswahl an Horrorfilmen hier doch recht be- oder zumindest stark geschnitten war entdeckte er Videotheken für sich bzw. seine Mutter, da man diese ja erst ab 18 betreten durfte. Wenn er nicht gerade Filmreviews schreibt ist er wahrscheinlich im (Heim-)Kino oder vor dem Mikrophon für den OV Sneak Podcasts, SneakyMonday.

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