Foto-© Nik Freitas
I was cruel like a president
It was wrong but I ordered it
Lost some limbs in an accident
Playing God
At a table down at Edendale
Didn’t feel good wasn’t eating well
In the photo booth made me hate myself
What a slob
It’s hard now to imagine it
The currency was all counterfeit
Diana’s face was scattered to the mob
Expensive jokes and cheap thrills cost a lot
Zach’s staggering down Bleecker Street
The label asked for a meet and greet
I agreed reluctantly I couldn’t be alone
Signed a sleeve for a teenager
It felt just like a harbinger
I was shaking hands with the manicured
Worked my fingers to the bone
No you shouldn’t go home with the SoHo girl
‘Cause she only wants materials
And you shouldn’t place bets on the New York Mets
‘Cause at best it’s hypothetical
Expensive seats in a field of dreams
U-turns in limousines
Got to get around the detour when it’s blocked
Bells and whistles, fancy cheap thrills cost a lot
(Bright Eyes – Bells And Whistles)
Conor Oberst ist, was das Image seines wichtigsten Projekts betrifft, durchaus Realist. “The word ‘fun’ is very rarely used to describe my band”, sagt der mittlerweile 44 Jahre alte Singer-Songwriter aus Omaha/Nebraska, eines der Supertalente der Rockmusik, im New Musical Express-Interview über die eher melancholische, grüblerische Ausrichtung von Bright Eyes. Aber jetzt, mit dem neuen Album Five Dice, All Threes, solle das etwas anders werden: “Maybe it is a bit more fun. When we last went on tour we were cruising around with a 14-piece band and strings and horns. This record is going to be just guitars; rock and roll stuff.”
Dementsprechend geht es, was die maximale Aufgekratztheit der Musik betrifft, nach einem nicht unbedingt notwendigen, weil zu langen Studiogeplauder-plus-Radiogeräusche-Intro gleich in die Vollen: Auf Bells And Whistles wird gepfiffen und geklimpert und gefolkrockt, dass es eine pure Freude ist. Auch danach, mit El Capitan und Bas Jan Ader, ist die gute Stimmung bei den Bright Eyes nicht getrübt. Wie Bob Dylan auf Steroiden schießt der Sänger seine Wortsalven ab, und tatsächlich spielen die angekündigten Gitarren von Conor Oberst und Mike Mogis neben dem Piano und der Trompete von Nathaniel Walcott (damit ist der Trio-Kern der aktuellen Band auch schon genannt) die Hauptrolle.
Erst in Tiny Suicides lässt Oberst seine Stimme so traurig beben und barmen, wie man es von diesem gefühlsintensiven Frontmann gewohnt ist – geht schließlich irgendwie um Selbsttötung, da klingen auch die Mariachi-Bläser und das Klavier gleich gedämpfter. Am Ende wird sogar geweint, und das düstere Orchester-Sample zieht den Hörer noch tiefer runter. Ein seltsamer, aber großartiger Song, quasi Bright Eyes im Kernkompetenz-Modus. Für All Threes, die Brücke in den zweiten Teil der Platte, holt sich Oberst die wunderbare Chan Marshall aka Cat Power zu Hilfe. Der zwischen Pop-Ballade und Piano-Jazz oszillierende Song dürfte eines der schönsten Duette des Jahres sein, für mich nur vergleichbar mit All In Good Time von Sam Beam und Fiona Apple auf dem fabelhaften neuen Album Light Verse von Iron & Wine.
Five Dice, All Threes ist – soviel zur Vorwarnung – kein leichtgängiges Album aus einem Guss. Rainbow Overpass etwa klingt plötzlich so folkpunkig, wie es bei Bright Eyes gerade noch geht, direkt danach erzählt uns Conor Oberst zu einer wiederum getragenen, angejazzten Klavier-Melodie in Hate, wen er so alles hasst, darunter Maria Magdalena und Liebeslieder und Schlafen und Smalltalk. Immerhin: Taylor Swift ist nicht unter den Hassobjekten, da unterscheidet sich der Musiker angenehm vom giftsprühenden orangenen Irren, der jetzt wieder ins Weiße Haus will. Ohnehin sollte man Oberst als (selbst-)ironischen Songwriter nicht unterschätzen.
Ganz großes Americana-Pop-Kino bietet gegen Ende nochmal Trains Still Run On Time mit galoppierenden Rhythmen, atemlosen weiblichen Backing-Vocals und prächtigen Streichern. The Time I Have Left (mit Matt The Bariton Berninger von The National als Gastsänger) ist abermals ein perfekter Tränenzieher, auch wenn elektronische Störgeräusche die Piano-Schwermut schräg konterkarieren. Und mit Tin Soldier Boy zeigen die Bright Eyes, dass es mit “more fun” (siehe oben) bei ihnen immer noch nicht so weit her ist – doch als Rausschmeißer funktioniert das Lied bestens, ehe zum letzten Mal im Studio die Würfel fallen und am Radioregler gedreht wird.
Insgesamt 13 teils sehr unterschiedliche Tracks umfasst das neue Bright-Eyes-Album, ein möglicher Oberbegriff für das stilistische Sammelsurium ist wohl “Folkrock”. Nach diversen anderen Solo-, Band- und Projekt-Unternehmungen wie Monsters Of Folk (mit M. Ward, Mike Mogis und Jim James), Better Oblivion Community Center (mit Phoebe Bridgers), Desaparecidos und Mystic Valley Band kehrt Conor Oberst immer mal wieder zu seinen Ursprüngen zurück (das bisher letzte Bright-Eyes-Werk Down In The Weeds, Where The World Once Was stammt von 2020, davor war sogar neun Jahre Sendepause). Und das ist gut so.
Mit rund 30 Jahren Indierock-Business im Gepäck mal eben ein textlich wie musikalisch so ambitioniertes Album wie Five Dice, All Threes rauszuhauen – keine geringe Leistung. In Anspielung auf das 2005er Meisterwerk I’m Wide Awake, It’s Morning sagt Mike Mogis: “Wir haben 20 Jahre gebraucht, um wieder eine Platte zu machen, die wie eine Band klingt, die live spielt.” Und in der Label-PR heißt es über Conor Oberst: “In diesen zeitlos konstruierten, aber unverblümt modernen Songs verdient er sich seinen Platz unter den wenigen Songwriter*innen, die mit zunehmendem Alter furchtloser und grenzenloser geworden sind.” Kann man beides jetzt einfach mal so stehen lassen.
Bright Eyes – Five Dice, All Threes
VÖ: 20. September 2024, Dead Oceans
www.thisisbrighteyes.com
www.facebook.com/BrightEyes
Bright Eyes live:
14.11.2024 Köln, Carlswerk Victoria
15.11.2024 Berlin, Tempodrom
16.11.2024 Weissenhauser Strand, Rolling Stone Beach