ÄTNA – Lucky Dancer


Foto-© Cansu Kuscu

All that I am
Is far more than you understand,
You understand,
All that I am
Is far morе than you understand
You understand, you should
Talk to my hand and good
I’m in the mood for mutе

(ÄTNA – All That I Am)

Ambitionierte Musik aus Deutschland hat es nicht immer leicht beim eigenen Publikum. Es ist so erstaunlich wie großartig, dass neue, bahnbrechende Acts trotzdem immer wieder auftauchen und treue Fangemeinden entwickeln. So war es auch bei Ätna, die mit ihrer gleichnamigen EP 2017 auf den Plan traten und mit ihrer Mischung aus feinem Indie-Balladen-Sound und noisy Elektro zwar einen absolut modernen Sound, aber nicht unbedingt den Massengeschmack trafen. Aber das war egal, denn genügend Begeisterung war angefacht und sie hält sich seit mittlerweile sieben Jahren.

Es folgten zwei Studioalben und ein paar kleinere Hits, und seit Freitag lässt sich verkünden: Einer aufregendsten deutschen Indie-Acts der letzten Jahre ist zurück – mitten in der gewohnten Elektropop-Schmelze, aber mit interessanten Twists und Turns. Lucky Dancer, das neue Album von Inéz Schaefer und Demian Kappenstein ist eine bunte Sammlung dessen, was Ätna ausmacht: Das Spielen mit verschiedenen Electronica-Variationen und dem sanften Gesang von Inéz.

Die hat mittlerweile durch Zukunft Pink mit Peter Fox auch solo an Bekanntheit gewonnen. Dass die neue Platte 100 % Ätna ist, ist vielleicht auch deshalb besonders zu würdigen. Das Tempo wurde gegenüber Push Life teilweise deutlich zurückgeschraubt, das fällt aber zu Beginn noch kaum auf, während man mit dem wilden Opener My First High beschäftigt ist, beziehungsweise mit der massiven Ladung Autotune, die die starken Verse im Mittelteil des Songs leider etwas kaputt macht.

Turn Back Time No More ist da schon cleaner, um einige sehr groovige Loops gebaut, mit den richtigen Effekten zur richtigen Zeit. Es braucht nur wenige, oft gehörte Zeilen Text („I lay my hands in yours, you lay your hands in mine, they didn’t say that we could turn back time no more”) um einen der besten Tracks des Albums zu vervollständigen. Es gibt einige weitere besonders starke Deep Cuts (wenn man sie bei nur neun Songs so nennen kann), die alle verschiedene Stärken haben. Nothing That Will Last ist mit einem schnellen Techno-Beat und besser eingesetztem Autotune sowohl tanzbar als auch hypnotisch. Hiatus hingegen ist funky, voluminös und poppig, erinnert nicht zum ersten Mal an CHVRCHES und ist definitiv radiotauglich. Die Leadsingle Lucky Dancer ist dank einer Eurodance-inspirierten Melodie im Refrain ebenfalls eingängig, aber eigentlich nicht spannend genug, um herauszustechen.

Das Herausstechen wäre aber noch etwas öfter nötig, denn eine Einheit bilden die neun Tracks mit ihren vielen kleinen Stil-Variationen im Gegenzug auch nicht. Nach drei Minuten geht es stets weiter von Funk über Ambience bis zu Techno-Elementen. Wie die Vorgängeralben ist auch hier alles hervorragend von Moses Schneider produziert, aber wo Ätna selbst eigentlich hinwollen mit dieser bunten Sammlung, ist nicht ganz klar.

Klar ist, Ätna wollen weiter alle drei Dinge: Feingefühl, dick aufgetragene elektronische Sounds für Boxentürme und den einen oder anderen politischen Text. Und wenn das funktioniert, wie auf dem opulenten letzten Song All That I Am, dann macht das wirklich Spaß. All That I Am startet als Rap-Track über Sexismus, entwickelt sich über seine viereinhalb Minuten weiter und schließt mit einem unversöhnlichen Outro („I’m doing my thing, and you’re doing yours“). Dass die schon über ein Jahr alte Single so gut als Schlusspunkt funktioniert, hätte man nicht gedacht. Beim Nachdenken über die Ideen und die künstlerische Richtung, die Ätna einschlagen, hilft das aber auch nicht weiter. Muss es das? Bei so vielen Coolness und Eklektik ist man geneigt zu sagen: Just enjoy the ride.

Ätna – Lucky Dancer
VÖ: 18. Oktober 2024, ÄTNA
www.atnaofficial.com
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Phillip Kaeding

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