THE SMILE – Cutouts


Foto-© Frank Lebon

Through the glass
Look at you
Just eyes and mouth
Only saying words
And then turning them ’round
No matter what the situation
Telling yourself this is nowhere

You appear now and then you disappear
Letting it slide, letting it slide

Soon to complete the transformation
And beginning all this all over again

(The Smile – Eyes & Mouth)

Und wieder die bange, na zumindest gespannte Frage: War’s das dann wohl mit Radiohead? Genug Anderes zu tun haben Thom Yorke und Jonny Greenwood ganz offensichtlich allemal. Und dass jedes neue Album von The Smile ein Sargnagel für die wichtigste britische Art-Rock-Band der vergangenen 30 Jahre ist, scheint mittlerweile unter Fans Allgemeingut zu sein. Daher wird auch Cutouts – das bereits dritte Werk der wichtigsten Radioköpfe Yorke/Greenwood zusammen mit dem renommierten Jazz-Drummer Tom Skinner seit 2022 und das zweite The-Smile-Album allein in diesem Jahr – als Split-Indiz beäugt werden.

Ein New Musical Express-Interview mit Bassist Colin Greenwood über spannende aktuelle Radiohead-Rehearsals (freilich nicht mit neuen Songs) verschaffte kürzlich auch keine Klarheit. Wobei das Bedauern über ein Ende dieser bahnbrechenden Band natürlich groß wäre – andererseits ihr bisher letztes Album A Moon Shaped Pool (2016) ein würdiger Schlusspunkt sein könnte und der Output von The Smile quantitativ/qualitativ wirklich nichts zu wünschen übrig lässt.

Cutouts ist nämlich keineswegs eine Sammlung von Outtakes ihres im Januar erschienenen Meisterstücks Wall Of Eyes, sondern ein vollwertiger Nachweis der enormen Klasse des “Nebenprojekts” von Yorke/Greenwood/Skinner. Das Trio hatte (verstärkt nur um einen Multiinstrumentalisten für die Auspolsterung der komplexen elektronisch-akustischen Klanggemälde) bei den angesichts ihrer Virtuosität atemberaubenden The-Smile-Konzerten im Frühjahr einige Songs von Cutouts bereits angeteasert. Die Platte mit zehn ausgewachsenen Tracks zwischen knapp drei und fast sechs Minuten Länge war zur gleichen Zeit wie Wall Of Eyes in Oxford und den Londoner Abbey Road Studios aufgenommen worden.

Wie der unmittelbare Vorgänger enthält sie fabelhafte Streicher-Arrangements des London Contemporary Orchestra, besonders gänsehautig in Instant Psalm und Tiptoe. Jonny Greenwood ist ja spätestens seit seinen Soundtrack-Arbeiten für den Regisseur Paul Thomas Anderson ein Meister von Strings zwischen unbehaglicher Gruselstimmung und schierer Überwältigung. Die Cutouts-Songs ergänzen mit ihrer Mischung aus kunstvollem Pop, federleichten Jazz-Texturen und (glücklicherweise noch zugänglichen) Avantgarde-Anklängen die Wall Of Eyes-Sounds, ohne nach Abklatsch oder Resterampe zu klingen. Dass diese Musik stets Gefahr läuft, allzu clever, gar verkopft rüberzukommen, gehört zur Wahrheit auch diesmal dazu.

Im Gegensatz zu dem in den deutschen und UK-Charts sehr erfolgreichen Vorläuferwerk repräsentiert Cutouts eher die ruhige, balladeske, ambientige Seite von The Smile, wobei Yorkes Falsett noch mehr Platz und Wirkung zufällt, etwa im hochintensiven Closer Bodies Laughing. Mit Eyes & Mouth und The Slip sind aber auch zwei Stücke zu hören, die so funky daher kommen wie kein vorheriges in der gesamten Diskografie der beiden Radiohead-Ikonen. Da durfte der Sons-Of-Kemet-Schlagzeuger Skinner wohl eine besonders hohe Dosis Groove verabreichen.

Insgesamt also abermals ein ganz großartiges The-Smile-Album, darunter machen es diese kongenial zusammenwirkenden Musiker halt nicht. Und damit zurück zur Ausgangsfrage: War’s das dann wohl mit Radiohead? Warten wir es einfach ab. Die Pop-Welt hätte freilich auch Platz für zwei herausragende Yorke/Greenwood-Bands.

The Smile – Cutouts
VÖ: 04. Oktober 2024, XL Recordings
www.thesmiletheband.com
www.facebook.com/thesmiletheband

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Werner Herpell

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