THE SUBSTANCE – Filmkritik


Foto-© MUBI

Have you ever dreamt of a better version of yourself?

(The Nurse – The Substance)

Elisabeth Sparkle (Demi Moore) ist am Ende ihrer Karriere als Fitness-Ikone angekommen. Nicht weil sie es will, sondern weil ihr Umfeld, allen voran ihr Produzent Harvey (Dennis Quaid), es von ihr verlangen. Als jemand, der sich sehr über ihren Körper definiert, ist sie damit irgendwie auch generell am Ende. Einen Ausweg scheint eine neue Medizin aufzuzeigen, ein Weg eine jüngere, bessere Version von sich selbst zu erschaffen. Eine Person (in Elisabeths Fall Sue, gespielt von Margaret Qualley), mit der man sich das Leben teilt und dennoch oder vielmehr dadurch eins ist und somit durch diese jüngere Version das vermeintlich perfekte Leben haben könnte.

Schauspielerisch ist der Film ein Fest. Ob Margaret Qualley wirklich die perfekte Version von Demi Moore ist, muss die junge Darstellerin noch beweisen, aber auf dem besten Weg dahin ist sie schon. Verkörpert sie hier nahezu perfekt junge Schönheit, aber eben auch Verletzlichkeit und Unsicherheit, überspielt durch eine große Portion Arroganz und Überheblichkeit. Den Großteil des Lobes bekommt, und das völlig zurecht, hier jedoch Demi Moore. Mittlerweile 62 Jahre alt steckt viel eigene Lebenswahrheit in ihrer Rolle und in ihrer Performance und das scheint durch. Dadurch funktioniert der Film einerseits auf der Meta-Ebene, viel wichtiger aber funktioniert er und bekommt Gewicht und Glaubwürdigkeit durch ihre Performance. Denn machen wir uns nichts vor, Plot und Grundidee des Films sind zwar hochpoliert, aber unter der Haube eben doch sehr B-Movie lastig. Komplettiert wird das zentrale Trio durch Dennis Quaids Harvey, ein Name, der sicher ganz bewusst gewählt wurde. Quaid spielt ihn widerlich, überheblich und hassenswert, genau die Art von absolut überheblichem Antagonisten, die der Film braucht, um bei allem Konflikt zwischen Sue und Elizabeth daran zu erinnern, dass der Ursprung der Probleme nicht bei ihnen liegt.

Wenig überraschend ist der Film eine nicht subtile Parabel auf Diskriminierung von alternden Frauen, aber eben auch darauf, dass Frauen leider auch dazu neigen, sich selbst oder vielmehr gegenseitig zu sabotieren, anstatt zu unterstützen. Gerade diese Perspektive hebt den Film dabei noch einmal ein gutes Stück über das B-Movie Niveau. Wer jetzt das Gefühl hat, wir würden schon alles verraten, dem sei gesagt, dass es gerade bei einem Body Horror-Film wie The Substance etwas ganz anderes ist, die Prämisse des Films zu kennen und den Film zu erleben. Dabei sei gewarnt, dass der Film definitiv nichts für Menschen mit schwachen Nerven oder gar schwachen Mägen ist. Wenn auch nicht ganz auf dem Härtegrad eines Julia Ducournau (z.B. Titane oder Raw) oder den David und Brandon Cronenberg Filmen wird hier schon weit über den Mainstream Härtegrad hinaus geschnitten, gespuckt, verrottet und mutiert. Schnell vorbei ist das Ganze auch nicht. Weder in den einzelnen Szenen, in denen die Kamera gnadenlos draufhält und ranzoomt, noch in Gänze, denn der Film geht weit über zwei Stunden. In den Fokus der Kamera wird dabei übriegens alles genommen, sowohl das vermeintlich schöne und hässliche, wie auch das offenkundig grausame. Denn der Ekel wird dabei noch stärker hervorgehoben durch immer wieder mit hart sexualisierter Inszenierung von Sue und ihren Workouts, bei denen ebenfalls überall konstant rein- und rangezoomt wird. Egal was genau bei euch Ekel triggert, für jeden sind passende Szenen dabei, von realistisch bis überzeichnet, von Fingernägeln bis hin zu Zähnen, von der Nahrungsaufnahme bis hin zum Mord.

Dabei zeigt der Film keine Lösungen auf, sondern hebt alle die Probleme unserer Gesellschaft mit dem Umgang des Alterns und dem Verlust der Jugend, gerade bei Frauen hervor. Vielleicht braucht er das auch nicht und es reicht einfach nur zu sagen, so nicht, nichts davon, nicht wie hier und auch nicht wie da draußen auf den Straßen und in euren Köpfen. Was es jedoch definitiv braucht, sind mehr Filme wie The Substance die sich trauen zwischen dem Mainstream und dem abseitigen Film zu vermitteln. Die frische Ideen, wichtige Themen und Substanz ins Kino bringen. Der Horror und der Ekel mögen nicht für jeden sein, die Message ist es aber auf jeden Fall.

The Substance (US 2024)
Regie: Carolie Fargaet
Darsteller: Margaret Qualley, Dennis Quaid, Demi Moore, Robin Greer
Kinostart: 19. September 2024, MUBI

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Malte Triesch

Malte wuchs im idyllischen Lilienthal, direkt an der Grenze zu Bremen, der schönsten Stadt im Norden Deutschlands, auf. Seine frühesten Film-Erinnerungen ist, auf dem Schulhof in der neusten TV Movie alles anzustreichen was gesehen und aufgenommen werden muss. Da die Auswahl an Horrorfilmen hier doch recht be- oder zumindest stark geschnitten war entdeckte er Videotheken für sich bzw. seine Mutter, da man diese ja erst ab 18 betreten durfte. Wenn er nicht gerade Filmreviews schreibt ist er wahrscheinlich im (Heim-)Kino oder vor dem Mikrophon für den OV Sneak Podcasts, SneakyMonday.

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